Das Marktforschungsunternehmen Yole Group prognostiziert, dass der GaN-Leistungshalbleitermarkt zwischen 2023 und 2029 um durchschnittlich 46 Prozent pro Jahr wachsen wird. Entsprechend wächst auch das Angebot an Komponenten zur Ansteuerung von GaN-FETs.
So bieten diverse Halbleiterunternehmen Controller-ICs für GaN-FETs an, vereinzelt sind aber auch SiPs (System-in-Package) mit integriertem Halbbrücken-Gate-Treiber und Hochspannungs-GaN-Transistoren zu bekommen. Hier eine kleine Auswahl:
»Analog Devices hat bereits zwei Step-Down-Controller auf dem Markt, und vor Kurzem haben wir einen Halbbrücken-GaN-Treiber vorgestellt«, erklärt Frederik Dostal, Subject Matter Expert für Power-Management bei Analog Devices. Beide Buck-Controller (zweikanaliger LTC7890 und einkanaliger LTC7891) eignen sich als Treiber für alle n-Kanal-Leistungsstufen synchroner GaN-FETs mit Eingangsspannungen von bis zu 100 V. Die Komponenten decken einen Eingangsspannungsbereich von 4 bis 100 V ab, der Ausgangsspannungsbereich liegt zwischen 0,8 und 60 V. Der interne, intelligente Bootstrap-Schalter verhindert ein Überladen von High-Side-Treiberversorgungen. Die Gate-Ansteuerspannung der Komponenten LTC7890 und LTC7891 lässt sich zur Optimierung der Performance und für den Einsatz verschiedener GaN-FETs oder sogar Logikpegel-MOSFETs präzise von 4 bis 5,5 V einstellen. Beide Bausteine optimieren mithilfe einer intelligenten Totzeitregelung das Gate-Treiber-Timing an beiden Schaltflanken, um Totzeiten nahe Null zu erreichen, was den Wirkungsgrad erheblich verbessert und einen Hochfrequenzbetrieb auch bei hohen Eingangsspannungen ermöglicht.
Alternativ dazu können die Entwickler die Totzeiten mithilfe von externen Widerständen einstellen, um entweder den Spielraum zu vergrößern oder weil die Applikation andere Totzeiten benötigt. Die Schaltfrequenz kann bis zu 3 MHz betragen. Der LT8418 wiederum ist ein 100-V-Halbbrücken-GaN-Treiber, der ebenfalls mit einem intelligenten integrierten Bootstrap-Schalter ausgestattet ist. In dem Baustein sind die oberen und unteren Treiberstufen, die Treiberlogiksteuerung und Schutzfunktionen integriert. Der Baustein kann für synchrone Halbbrücken- und Vollbrücken- sowie Abwärts-, Aufwärts- und Abwärts-Aufwärts-Topologien konfiguriert werden. Der LT8418 verfügt über geteilte Gate-Treiber, um die Ein- und Ausschalt-Flankensteilheit der GaN-FETs einzustellen, damit Überschwingen (Ringing) unterdrückt und das EMI-Verhalten optimiert wird. Alle Eingänge und Ausgänge der Treiber sind standardmäßig auf einen niedrigen Wert eingestellt, um zu verhindern, dass die GaN-FETs fälschlicherweise eingeschaltet werden. Die Ausbreitungszeit ist mit 10 ns (typ.) angegeben, die Laufzeitabweichung mit 1,5 ns (typ.). Dostal betont: »Analog Devices hat bei diesen Produkten konsequent die Robustheit erhöht, insbesondere durch die verkürzte Totzeit mithilfe unserer ‚Smart Dead Time Control‘. Der Brückentreiber LT8418 wiederum zeichnet sich durch eine verkürzte Ausbreitungsverzögerung und eine sehr geringe Lautzeitabweichung aus. Wichtig für die Entwickler ist auch unsere Simulationsumgebung ‘Tspice‘, mit der sie Spannungsversorgungen mit GaN-Schaltern auf einfache Art und Weise simulieren können.«
STMicroelectronics, selbst GaN-Player am Markt, verfügt ebenfalls über diverse Produkte, die für die Kombination mit GaN-FETs optimiert sind. So erklärt Vincenzo Marano, System & Application Director von STMicroelectronics: »Dank der Verfügbarkeit neuer Materialien mit breiter Bandlücke wie GaN zur Herstellung von Leistungstransistoren ist es möglich, Stromversorgungen zu implementieren, die im Vergleich zu Silizium-MOSFETs mit höherer Schaltfrequenz arbeiten und somit kleinere magnetische Komponenten zur Maximierung der Leistungsdichte ermöglichen. Hohe Effizienz und hohe Leistungsdichte sind Megatrends, die wir adressieren. Demensprechend bieten wir Produkte, die für die Arbeit mit Leistungs-GaN-HEMTs konzipiert sind. Dazu gehören beispielsweise unsere digitalen Power-Controller der ST-One-Familie mit galvanischer Isolierung auf dem Chip, aber auch unsere MasterGaN-Smart-Power-GaN-SIPs mit eingebetteten 650-V-Leistungs-GaN-HEMTs sowie Hochvolt-Wandler mit eingebetteten 650-V-Leistungs-GaN-HEMTs wie ViperGaN.«
All diese Produkte sind bereits auf dem Markt, sodass dem Entwickler aus der Sicht von Marano verschiedene Optionen offen stehen, um verschiedene Leistungsbereiche und Topologien zu realisieren. Marano weiter: »ST-One ist ein digitaler Regler, der für Schaltfrequenzen bis zu 1 MHz ausgelegt ist. Dank der digitalen Steuerung ist eine Anpassung der Leistungsalgorithmen möglich, um den Wirkungsgrad zu maximieren, und das auch bei hohen Schaltfrequenzen; sie erlaubt es dem System, ein Soft-Switching zu erzwingen und einen Teil der Energie zurückzugewinnen, die bei konventionellen Schaltungen normalerweise als Wärme abgeführt wird.« Wobei er weiter erklärt, dass alle ST-Controller für GaN, einschließlich ST-One, dem Entwickler die Flexibilität bieten, interne Parameter zu programmieren, um die Effizienz bei verschiedenen Lastbedingungen genau anpassen zu können. Dazu gehört beispielsweise ein genauer Burst-Mode-Schwellenwert, ein Tuning des Valley-Skippings, das Einstellung der Timings, um Soft-Switching unter allen Bedingungen zu ermöglichen, und konfigurierbare Jitter-Injektionen, um das EMV-Verhalten zu optimieren.
Um die Auswirkungen parasitärer Elemente zu minimieren, deren Gesamtbeitrag bei hohen Schaltfrequenzen zunimmt, hat ST in seinen MasterGaN- und ViperGaN-Familien den Leistungs-GaN-Transistor zusammen mit dem Controller in ein SiP integriert. Marano: »Diese Art der Integration wird durch die laterale Struktur des GaN-Transistors und den im Vergleich zu herkömmlichen Si-MOSFETs viel geringeren On-Widerstand pro Fläche erleichtert, sodass kleinere Gehäuse mit einem einzigen Die-Pad möglich werden und die thermische Leistung verbessert wird.«
Alle AC/DC-Flyback-Controller-ICs von Renesas verfügen über integrierte Treiber, die für BJTs (Bipolar Junction Transistor, Bipolartransistor) oder MOSFETs optimiert sind. Laut Yong Li, Drivers PLM (Product Line Manager) im Bereich Power bei Renesas Electronics, hat das Unternehmen in den letzten Jahren auch Controller mit integrierten Treibern für GaN-HEMTs in seine Roadmap aufgenommen und Controller entwickelt. Dazu gehört beispielsweise der iW9802 (Zero-Voltage-Switching-Flyback-Controller) und der iW9870 (Zero-Standby-Power-Flyback-Controller), auf denen Gate-Treiber integriert sind, die für GaN-FETs optimiert sind, plus der Option, auch MOSFETs anzusteuern.
Mit der vor Kurzem abgeschlossenen Übernahme von Transphorm, ein GaN-Spezialist, ergeben sich jetzt natürlich vollkommen neue Möglichkeiten für Renesas. Li: »Wir können unsere existierenden Komponenten zur direkten Ansteuerung von Transphorm-GaN-FETs nutzen, die eine kaskadierte Struktur verwenden und eine höhere Gate-Spannung als andere GaN-FETs, zum Beispiel e-mode GaN, akzeptieren können. Neben den bereits erwähnten iW9802 und iW9870 eignet sich beispielsweise auch unser iW3627, ein einstufiger PFC-Flyback-Controller, für die Ansteuerung der Transphorm-GaN-FETs. Wir haben bereits mehrere neue Referenzdesigns mit unseren AC/DC-Controllern und Transphorm-GaN-FETs entwickelt und gebaut, die heute verfügbar sind.«
Aus Lis Sicht zeichnen sich diese Bausteine durch diverse Alleinstellungsmerkmale aus. In diesem Zusammenhang verweist er beim iW9802, dem digitalen Flyback-Controller mit Nullspannungsschaltung, auf folgende Punkte: »Dank der von Renesas patentierten, an die Ein- und Ausgangsspannung anpassbaren ZVS, dank des vom Anwender konfigurierbaren ZVS-Timing und des quasiresonanten Betriebs des Hilfsschalters ist der iW9802 auf dem Markt überaus konkurrenzfähig. Unser iW9870, ein digitaler ZSP-Regler, wiederum ist seit seiner Markteinführung Marktführer bei ZSP-Lösungen. Der Baustein zeichnet sich nicht nur durch unsere patentierte ZSP-Technologie aus, sondern er verfügt auch über einen proprietären adaptiven Gate-Treiber, der für die Ansteuerung sowohl von GaN-FETs als auch von MOSFETs mit adaptiver dv/dt-Steuerung optimiert ist«, erklärt Li. Und weiter: »Diese Produkte, inkl. dem iW3627, arbeiten mit den Transphorm-GaN-FETs und unseren sekundärseitigen Controllern zusammen, sodass den Kunden Komplettlösungen zur Verfügung stehen. Diese sekundärseitigen Controller sind auf eine extrem niedrige Leistungsaufnahme im Standby-Betrieb ausgelegt, um auf Systemebene ZSP zu ermöglichen.« (ZSP: Zero Standby Power).
Laut Li arbeitet Renesas derzeit an einem neuen ZVS-Flyback-Controller mit integrierter Unterdrückung von Oberschwingungsströmen, um die Anforderungen der Norm IEC 61000-3-2 Klasse D erfüllen zu können, und mit Vcc-Regler. Die neuen Regler erreichen ein spannungsloses Schalten (ZVS) bei über 300 kHz, sodass ein extrem kompaktes Systemdesign möglich wird. Laut seiner Aussage sollen die neuen Regler im kommenden Quartal zur Bemusterung zur Verfügung stehen. Außerdem entwickelt Renesas einen asymmetrischen Halbbrücken-Controller (AHB) mit integrierter verschachtelter (Interleaved) Leistungsfaktorkorrektur, plus die dazugehörigen sekundärseitigen USB-PD-Controller (PD: Power Delivery) und SR-Controller (SR: Synchrongleichrichtung), der einen nativen 48-V-Ausgang unterstützen kann.
Renesas bietet natürlich auch integrierte Schaltregler mit Controllern und BJT oder Controllern und MOSFETs (z. B. CR1510 und iW1825). Dieser Ansatz soll jetzt auch mit GaN umgesetzt werden. So erklärt Li, dass das Unternehmen bereits im letzten Jahr mit der Entwicklung solcher Produkte (mit integrierten Controllern und GaN-FETs) begonnen hat, erste Prototypen mit einem Multi-Die-Ansatz liegen bereits vor. Li weiter: »Mit dem Abschluss der Übernahme von Transphorm ist das Ziel klarer, und die Entwicklung wird durch die enge Zusammenarbeit zwischen unserem Controller-Team und dem GaN-Team von Transphorm beschleunigt werden. Dementsprechend gehen wir davon aus, dass Entwickler mit Mustern der neuen Schaltregler mit integrierten Controllern und GaN in der zweiten Jahreshälfte 2025 rechnen können.«
Toshiba Electronics Europe
GaN-Aktivitäten
Laut Armin Derpmanns, Vice President Marketing & Operations bei Toshiba Electronics Europe, wird Toshiba als erste Variante einen Normally-On-GaN-FET anbieten. Dieser GaN-FET wird in einer Kaskodenschaltung mit einem Low-Voltage-MOSFET betrieben. Letzterer verfügt über einen speziellen integrierten Treiber, um automatisch den Einschaltmoment zu kontrollieren. Derpmann: »Der Vorteil der Toshiba-Lösung besteht darin, dass der Low-Voltage-MOSFET nicht das Schalten des GaN-FET beeinflusst, sondern nur den Einschaltmoment kontrolliert. Zudem ist die Schwellenspannung höher als bei einem Normally-On-Typen. Damit ist die ‚Noise-Immunity’ besser.« Derpmanns stellt in Aussicht: »In Zukunft sind weitere Schritte geplant, so zum Beispiel die Entwicklung eines Normally-On-Typen, aber auch die Entwicklung weiterer Produkte, um sowohl die maximale Schaltfrequenz zu erhöhen als auch die Anzahl der externen Komponenten zu reduzieren. In diesen Weiterentwicklungen werden auch die Problematiken in Bezug auf EMV adressiert.«
Verluste senken, elektromagnetische Interferenzen erhöhen
Rohan Samsi, Product Line Head High Voltage GaN bei Infineon Technologies, bringt es auf den Punkt: »Schnelles Schalten bringt zwar viele Vorteile mit sich, aber EMI ist eines der Probleme, die durch diese schnellen Schaltoptionen entstehen.«
Im Forschungsbericht »GaN im Benchmark zu SiC und Si« vom FVA (Forschungsvereinigung Antriebstechnik e. V.) vom Herbst 2023 hieß es: »Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass durch die hohen Schaltgeschwindigkeiten der Leistungshalbleiter eine deutliche Verringerung der Gewichte und Volumina des Zwischenkreises möglich werden. Das Potenzial ist an dieser Stelle bei Galliumnitrid noch höher als bei Siliziumcarbid einzuordnen. Gleichzeitig werden durch die hohen Schaltgeschwindigkeiten meist Ausgangsfilter notwendig, die Gewicht, Volumen, Verluste und Kosten der Umrichter wieder erhöhen können. Aus diesem Grund muss bei Verwendung von Wide-Bandgap-Halbleitern ein besonderes Augenmerk auf die Auslegung und Optimierung der Filter gelegt werden.«
Frederik Dostal, Analog Devices, wiederum betont, dass beim Einsatz einer GaN-Technologie in Spannungsversorgungen besonders auf ein optimiertes Platinen-Layout geachtet werden muss. Dostal: »Dies ist den sehr schnellen Schaltübergängen geschuldet. Das ist auch ein Grund, warum unser neuer GaN-Treiber, der LT8418, in einem sehr kleinen Wafer-Level-Chip-Scale-Package mit nur 1,71 mm × 1,71 mm Kantenlänge angeboten wird. Parasitäre Induktivitäten müssen so gut wie möglich reduziert werden.« Darüber hinaus empfiehlt er, dass die bereits bekannten Vorgehensweisen aus dem Bereich der Siliziumschalter konsequent umgesetzt werden müssen. Dostal: »Hier kann das Simulationsprogramm LTspice bei der Umsetzung helfen.«
Vincenzo Marano, STMicroelectronics, beurteilt die Situation eher unproblematisch. Er erklärt, dass die Integrationsdichte wie in den MasterGaN- und ViperGaN-Familien das Design des Leistungswandlers erheblich vereinfacht und kein Aufwand für das Design der Gate-Treiberschaltung des GaN-FETs erforderlich ist, denn in den Produkten ist der interne Gate-Treiber auf den eingebetteten GaN-Transistor zugeschnitten; darüber hinaus wurden die Gate-Treiberschleifen optimiert, um parasitäre Induktivitäten zu minimieren, was zu zuverlässigen Schaltvorgängen führt und »es dem Wandler erleichtert, die strengeren EMV-Vorschriften zu erfüllen. Obwohl die steileren Kommutierungen der GaN-Transistoren eine gewisse zusätzliche Sorgfalt bei der Entwicklung der Anwendung erfordern, vereinfachen höhere Schaltfrequenzen in der Regel die Entwicklung der EMI-Filter«, so Marano weiter.
Yong Li, Renesas, wiederum erklärt: »Das EMV-Problem wird bei GaN aufgrund der höheren Schaltgeschwindigkeit und der höheren Schaltfrequenz innerhalb des EMI-Spektrums zu einem Problem. Der Umgang mit hohen dv/dt- und di/dt-Werten ist eine Herausforderung auf Systemebene. Wir arbeiten nicht nur auf der Seite des Controllers, sondern auch auf der Seite des Systems, der Anwendung, für ein besseres EMV-Design.«
Renesas habe für ein einfaches EMI-Design seine patentierte dynamisch-adaptive Gate-Treibersteuerung entwickelt, sodass dv/dt und di/dt in feinen Schritten während der Übergangszeit des Leistungsbauelements gesteuert werden können. Darüber hinaus verweist er darauf, dass Renesas auch ICs entwickelt hat, die eine negative Strommessspannung aufnehmen können, sodass der Strommesswiderstand zwischen der Masse des Controllers und der Masse der Zwischenkreisspannung platziert werden kann, »um das PCB-Layout mit einem kleinen Strompfadschleifenbereich für Treiber und GaN zu erleichtern«, so Li. Außerdem senken QR-Mode-Schaltung, ZVS-Flyback und ZVS durch AHB-Resonanzbetrieb die Drain-zu-Source-Spannung (Vds) vor dem Einschalten effektiv und minimieren somit dv/dt. Li abschließend: »Wir unterstützen Entwickler mit marktreifen Referenzdesigns, umfassenden EVB-Berichten, Winning-Combination-Referenzdesigns, vollständigen Design-Schaltplänen, PCB-Layout-Gerber-Dateien und Design-Tools wie Arbeitsblättern. Die Referenzdesigns stehen für die Evaluierung durch die Kunden bereit. Wir unterstützen auch kundenspezifische Designs für wichtige Kundenprojekte. Mit unserem umfassenden Wissen über GaN und Controller können wir unseren Kunden schlüsselfertige, optimierte GaN-Leistungslösungen anbieten.«