Inwiefern bildet das Konferenzprogramm Trends ab, die im letzten Jahr noch nicht so aktuell waren?
Ganz klar das Thema Solid-State-Umrichter. Hier gibt es zum Beispiel bei ABB erste Pilotanwendungen in Zügen. Dort ist die Frequenz ja 16 2/3 Herz, und daher die Transformatoren extrem groß und im Nennlastbereich im Wirkungsgrad nicht gut. Wenn man da zu Mittelfrequenz-Transformatoren mit einigen Kilohertz kommt kann man den Trafo um den Faktor zehn oder mehr kleiner zu machen. Das ist eine riesige Einsparung, denn Kupfer und das Eisen werden tendenziell immer teurer, Halbleiter dagegen immer billiger. Die Frage ist jedoch, wie es dann mit den Verlusten und der Systemzuverlässigkeit aussieht, denn Netztrafos haben einen guten Wirkungsgrad und sind natürlich extrem zuverlässig.
Inwiefern unterstützen die passiven Bauelemente den Technologiesprung zu Wide-Bandgap-Halbleitern? Konnten die Passiven da etwas aufholen?
Gerade bei Kapazitäten hat sich da viel getan, das sind auch sehr voluminöse Bauteile - besonders im höheren Leistungsbereich. Andere Ansätze sind zum Beispiel im höheren Leistungsbereich zu Multi-Phasen-Umrichter zu gehen, wie etwa bei DC/DC-Wandlern in Elektrofahrzeugen. Bei diesen Wandlern werden beispielsweise bei 450 V/300A in 50 ns mit einer Frequenz von 200 kHz geschalten. Bei einem Spannungsrippel von 60 V maximal würde dies eine Streuinduktivität von 10 nH bedeuten. So etwas ist extrem schwierig zu erreichen. Wenn man hingegen zu einem Multiphasensystem geht zum Beispiel zehn Phasen dann ist die Streuinduktivität nur noch 100 nH was gut erreichbar ist. Zudem lassen sich bei leichter Last gezielt Phasen abschalten, um die Verluste weiter zu senken. Da überall spielen Kondensatoren eine große Rolle.
In der Halbleiterwelt hat es in den letzten Monaten eine große Konsolidierung gegeben. Davon war auch die Leistungselektronik betroffen. Wie wirken sich diese Fusionen auf die Innovationsstärke aus, und was bedeuten diese Fusionen für die Anwender?
Ich sehe das sehr positiv. Wenn ich mich an die Zeit vor zwanzig Jahren erinnere, da haben die Halbleiterfirmen diskrete Bauelemente entwickelt und dann verkauft. Das reichte, und der Anwender konnte damit Systeme aufbauen. Aber heute, bei diesen extrem schnellen Schaltern lassen sich diskrete Halbleiter nicht mehr so verkaufen. Man muss Systemlösungen anbieten bestehend aus Schalter sowie Treiber- und Ansteuer-IC und so weiter. Und auch die diskreten Packages wird es nicht mehr geben. Es wird zu einer "Embedded-Power-Solution" kommen, wo ganze Teilfunktionen integriert werden. Gerade bei GaN-Anwendungen ist das nötig, weil die so schnell schalten, dass dies mit diskreten Bauelementen nicht mehr zu beherrschen ist.
Summa summarum gibt es eine Entwicklung hin zu Systemlösungen, die Halbleiterfirmen müssen viel mehr Service anbieten als früher. Das umfasst einerseits maßgeschneiderte ICs, andererseits müssen sie ihren Kunden helfen, wie sie das Paket in der Praxis umsetzen können. Und das können größere Firmen natürlich oft viel besser stemmen.
Die Fusion von Infineon und International Rectifier ist da ein sehr positives Beispiel: IR war sehr stark im Applikations-Engineering und auch in den USA, wo auch heute immer noch viele wegweisende Entwicklungen - auch bei Stromversorgungen - stattfinden. Auch der Kundenservice kann davon profitieren, weil man einfach das Paket hat, das der Kunde für seine Anwendung benötigt.