Mit Mikroben zu erneuerbarem Kunststoff

Bakterienenzym produziert Ethylen ohne CO₂-Ausstoß

23. Oktober 2025, 11:20 Uhr | Corinne Schindlbeck
Mit einem bakteriellen Enzym könnte man zukünftig Ethylen nachhaltig erzeugen, zeigt neue Forschung am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg.
© Max-Planck für terrestrische Mikrobiologie/Geisel

Ethylen ist ein wichtiger Ausgangsstoff der chemischen Industrie. Kabelhersteller etwa benutzen Ethylen oft als Copolymere. Derzeit wird der Kunststoffbaustein aus fossilen Quellen gewonnen – unter hohem CO₂-Ausstoß. Ein bakterielles Enzym lässt erzeugt nun Ethylen ganz ohne Treibhausgase.

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Ethylen ist einer der wichtigsten Ausgangsstoffe der chemischen Industrie. Kabelhersteller benutzen Ethylen meist in Form von Derivaten oder Copolymeren. Derzeit wird der Kunststoffbaustein aus fossilen Quellen gewonnen – unter hohem CO₂-Ausstoß.

Nun arbeiten Forscher an einer möglichen Alternative. Das Bakterium Rhodospirillum rubrum produziert unter anaeroben Bedingungen Ethylen, ohne dass CO₂ als Nebenprodukt entsteht. Die zugrunde liegende Reaktion wird durch das Enzym Methylthioalkan-Reduktase katalysiert.

Strukturaufklärung liefert biochemische Grundlagen

Forschende am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben nun die Struktur dieses Enzyms entschlüsselt. In Zusammenarbeit mit der RPTU Kaiserslautern gelang es dem Team um Dr. Johannes Rebelein, das sauerstoffempfindliche Enzym aufzureinigen und erstmals außerhalb der Zelle biochemisch zu charakterisieren.

Dabei zeigte sich, dass die katalytische Aktivität auf komplexe Eisen-Schwefel-Cluster zurückgeht, die bislang nur aus Nitrogenasen bekannt waren. „Das Enzym ist das erste Nicht-Nitrogenase-Enzym, von dem bekannt ist, dass es diese Metallcluster enthält“, so Ana Lago-Maciel, Doktorandin und Erstautorin der Studie.

Großes biochemisches Potenzial

Die Entdeckung gibt Einblicke in die frühe Entwicklung biochemischer Prozesse auf der Erde. Nitrogenasen gelten als evolutionär sehr alt – ihre Fähigkeit, molekularen Stickstoff zu binden, ist für die Entwicklung des Lebens essenziell. Die neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass ähnliche Metallcluster schon vor der Entstehung der Nitrogenasen in reduktiven Katalysen eingesetzt wurden.

Neben Ethylen kann das untersuchte Enzym auch andere Kohlenwasserstoffe wie Ethan und Methan erzeugen. „Unsere Arbeit liefert die Grundlage, um diese Enzyme biotechnologisch zu zähmen und ihr Produktspektrum an unsere Bedürfnisse anzupassen“, so Rebelein.

Ausblick auf biotechnologische Nutzung

Die Aufklärung des Reaktionsmechanismus eröffnet Perspektiven für eine CO₂-freie, biotechnologische Herstellung von Kunststoff-Vorprodukten. Damit könnten mikrobielle Enzyme langfristig einen Beitrag zu einer klimafreundlicheren Chemieindustrie leisten.


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