Im Vergleich zu anderen Schnellladesystemen ist CCS relativ spät auf den Markt gekommen. Deutlich früher wurde etwa das japanische CHAdeMO-System entwickelt (Bild 2). Dieses Gleichstromladeverfahren wird vor allem von asiatischen Herstellern genutzt, die auch ihre nach Europa importierten Fahrzeuge damit ausstatten. CHAdeMO-Ladesäulen verfügen in der Regel über eine Ladeleistung von bis zu 50 kW. Typischerweise sind die Stecker fest mit der Ladesäule verbunden. Mit einem CHAdeMO-Anschluss ausgerüstete Fahrzeuge besitzen häufig auch noch zusätzlich einen Ladeanschluss für das Wechselstromladen, z.B. in Form eines Typ-1-Steckers.
Mit den sogenannten „Superchargern“ hat zudem Tesla ein eigenes Schnellladenetz errichtet. Ende 2015 standen den Kunden in Europa bereits mehr als 500 solcher DC-Ladestationen zur Verfügung. Die maximale Ladeleistung ist von anfangs 90 kW auf nun bis zu 135 kW gewachsen. Tesla bietet einen Adapter zur Ladung an CHAdeMO-DC-Stationen an, jedoch bisher noch keinen Adapter zur Ladung an CCS-DC-Stationen, obwohl das Unternehmen inzwischen ebenfalls ein Mitglied der Charging Interface Initiative ist. In Europa sind Tesla-Fahrzeuge mit einem von Tesla modifizierten Typ-2-Stecker ausgestattet, der sich auch zum Laden mit Wechselstrom nutzen lässt.
Der große Wachstumsmarkt China wiederum setzt beim Laden auf den eigenen Standard GB/T 20234.2. Alles in allem also nicht die besten Voraussetzungen, um ein weltweit einheitliches Ladesystem zu etablieren.
Schnelladen mit bis zu 350 kW
Hinzu kommt, dass einzelne CharIN-Mitglieder an individuellen Lösungen für noch schnellere Ladevorgänge arbeiten. Porsche etwa stellte auf der IAA 2015 in Frankfurt mit der Konzeptstudie „Mission E“ erstmals ein Ladesystem mit 800-Volt-Technik (Porsche Turbo Charging) vor. Die Spannungsverdoppelung im Vergleich zu aktuellen Elektrofahrzeugen mit 400 Volt soll für kürzere Ladezeiten und weniger Gewicht sorgen, da hier leichtere Kupferkabel mit reduziertem Querschnitt zum Energietransport ausreichen. Konkret soll es mit der 800-Volt-Technik möglich sein, in rund einer Viertelstunde Energie für etwa 400 Kilometer nachzutanken.
Phoenix Contact wiederum präsentierte auf der Hannover-Messe 2016 das Schnellladesystem CCSplus für Elektrofahrzeuge (Bild 3). Damit sollen künftig Ladezeiten von 3 bis 5 Minuten für 100 km möglich sein, was in etwa den Angaben von Porsche entspricht. Um eine Ladeleistung von bis zu 350 kW zu erreichen, wurde die CCS-Technik um ein neuartiges, in der Ladesäule integriertes Kühlsystem ergänzt. Eine intelligente Steuerung des Kühlsystems soll dafür sorgen, dass die Kühlung nur bei Bedarf zugeschaltet wird. Anders als bei der markenbezogenen Bezeichnung „Porsche Turbo Charging“ hebt Phoenix Contact bereits mit dem Namen „CCSplus“ hervor, dass das Schnellladesystem auf dem CCS-Standard basiert.
Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen betonte André Kaufung, Geschäftsführer der Charging Interface Initiative, im Interview mit der Elektronik automotive (nächste Seite), alle Mitglieder der Initiative seien sich darin einig, dass ein Ladesystem mit identischen und kompatiblen Eckdaten nötig sei. Die technischen Eckpunkte würden innerhalb des Vereins synchronisiert.
Was die konkrete Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen Elektropionier Tesla betrifft, bleibt Kaufung vage. Ziel der gemeinsamen Bemühungen sei „die Erhöhung des Kundennutzens durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Expertise“. Wie das in der Praxis aussehen könnte, ist jedoch offenbar noch alles andere als spruchreif. Bis das Aufladen eines Elektroautos tatsächlich einfacher wird als das Tanken von Benzin, wird es also wohl noch eine ganze Weile dauern.