Das Ergebnis ist niederschmetternd: Die Generation Z (nach 1995 Geborene) kann mit Elektronik und Informationstechnik nichts anfangen, noch nicht mal die »High Potentials« – Schülerinnen und Schüler, die Mathe, Physik und Informatik mögen und auch gut bis sehr gut darin sind – ziehen das Studium für sich in Erwägung.
Wer E-Technik wählt – und das sind in der Regel junge Männer – hat meist von Kindesbeinen an schon programmiert oder Computer zusammengeschraubt. Die große Mehrheit hingegen lässt Elektro- und Informationstechnik links liegen und wählt Mathe auf Lehramt oder Biochemie. Götz Schlussfolgerung: »Ein tolles Fach, innovativ und mit tollen Berufschancen und guten Verdienstmöglichkeiten. Aber das wissen leider nur die, die das Fach studieren und in der Regel auch schon immer ein Interesse am Tüfteln und Programmieren hatten.«
Soweit die Zustandsbeschreibung. Doch wie sehen die Handlungsempfehlungen aus? Dazu, so Dr. Maya Götz, sei es wichtig zu verstehen, wie die junge Generation »ticke« und bestätigt Rektorin Schnaubelt: »Die Generation Z ist in vielen Dingen völlig anders an die Gen Y oder wir oder die noch älteren Baby-Boomer. Sie wollen Sinn, sie wollen mitbestimmen – und zwar auch an ihrem Arbeitsplatz. Und sie haben eine komplett andere Kommunikationsform. Sie nutzen soziale Netzwerke nicht nur, sie leben darin!« Das habe mit der Pandemie sogar noch mal zugenommen. Und die nächste Generation, Alpha, stehe schon in den Startlöchern: »Die der jetzt 12-Jährigen und jünger, hier ist das noch mehr der Fall«.
Die ältere Generation urteile das Leben im Netz oft ab, im Sinne von »nicht so wertvoll wie Präsenz«. Das sei schon mal ein Fehler. Stattdessen, so die Wissenschaftlerin, müsse die Branche ihre Botschaften und Kommunikationsform an die junge Generation anpassen. Die zudem eine weitere Besonderheit aufweise: »Die wollen nicht mehr suchen, die wollen push, nicht pull. Nur was sie erreicht, nehmen sie als relevant an«. Und auch nur von Menschen, denen sie trauen.
Das bestätigt Rektorin Schnaubelt und warnt vor der vermeintlichen Allzweckwaffe »Influencer« als idealem Kanal für gut gemeinte Botschaften. Kinder und Jugendliche fühlten sich nämlich »ganz schnell veräppelt, wenn man sich in ihren Bereich begibt!« Ein ehemaliger Wissenschaftsminister mache jetzt TikTok-Videos: »Das finden die schon mal ganz witzig, mehr aber auch nicht«. Schnaubelt findet es zwar gut und richtig, sich als Industrie dorthin zu begeben, wo sich Kinder und Jugendliche aufhielten. Aber nur nach einer vernünftigen Recherche im Vorfeld: »Dann muss man die jungen Leute auch sprechen und sie fragen, was das denn für Typen von Influencern sind, denen sie folgen«. Das schlimmste, was passieren könne, sei peinlich zu wirken.
Das will Holger Schötz auf keinen Fall: »Wichtig ist, dass es nicht Werbung ist, dass man nicht nervt. Sondern dass es um Inhalte geht, die man vermittelt.« Dr. Michael Schanz vom VDE setzt voll auf »gute« Influencer: »Wir brauchen die Inhalte, die Kanäle, die Formate«. Schanz glaubt an eine Reichweite »von Faktor 1000 und mehr, wenn wir statt einer normalen, passiven Plattform für Jugendliche stattdessen offensiv in die Kanäle reingehen, die die jungen Leute nutzen. Wir müssen also die richtigen Knöpfe drücken, um Treffer zu landen.« Formate, Inhalte, Kanäle. Das müsse alles stimmen. »Und dann kriegen wir die jungen Leute.«
Es sei an der Zeit, sich als Elektronik nicht länger in MINT-Aktionen einzureihen, sagt der Arbeitsmarktexperte des VDE. Das helfe nicht weiter. »Ich bin dafür, sehr zielgerichtet hinzugehen, zielgerichtet thematisch in die Elektrotechnik: Was kann die E-Technik für die Gesellschaft, für unser Weiterleben für unseren Komfort und unseren Wohlstand tun. Und dann die richtigen Kanäle mit den richtigen Formaten. Das wäre mein Vorschlag.«
Die Analysen im Vorfeld könne der VDE liefern: Arbeitsmarktzahlen, Abbruchquoten, Image. »Wir können Informationen und Wege liefern, aber eine Kampagne und entsprechende Aktionen auf Youtube, in Kinos o. ä. – da würden sich auch die Unternehmen finanziell nicht lumpen lassen. Ich bin davon überzeugt, die würden mitmachen. Aber die Ideen müssen die richtigen sein! Und nicht ›yet another MINT-Aktion‹. Wir müssen unsere Botschaften gezielt absetzen können.«
Maya Götz geht noch weiter: »Die ganze Kommunikationsstruktur muss viel aktiver kommen, und man muss sehr genau hinschauen, wer was vermittelt.« Und vor allem mit welchen Bildern. Denn diese, daran lässt Götz keinen Zweifel, seien viel zu oft die falschen: Männer, die Frauen Technik erklären. Technik ohne Menschen. Tüftler, allein im stillen Kämmerlein. Und das sei oft noch nicht mal denen bewusst, die es eigentlich gut meinten.
Im zweiten Teil ihrer Studie untersuche ihr Institut daher, welche Bilderwelten aus der Elektronik bei jungen Menschen und vor allem Frauen ankämen und welche nicht, wie man mit neuen Bildern die Stereotypen verändern oder sogar überschreiben kann. »Das wird eines der Themen der nächsten Studie sein, wo wir dann 600 Befragte haben.«, so Götz. Die Ergebnisse werden für den Herbst erwartet.