Der Defence-Markt wächst rasant, und der Bedarf an hochqualifizierten Tech-Expertinnen und -Experten wächst hier so stark wie nie zuvor. Zudem investieren NATO-Staaten Milliardenbeträge in Forschung, Entwicklung und Modernisierung.
Für die Jahre 2021 bis 2027 stellt der European Defence Fund (EDF) ein Budget von 7,3 Milliarden Euro bereit, um Innovationen im europäischen Verteidigungssektor zu fördern. Davon sind für das Jahr 2025 etwa 1,065 Milliarden Euro für neue F&E-Calls vorgesehen.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit arbeiten derzeit rund 17.000 Beschäftigte in Deutschland in der Rüstungsindustrie – ein Plus von 50 Prozent seit dem Jahr 2015, wie unlängst »Der Spiegel« berichtete. Die tatsächliche Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Branche dürfte sogar noch höher sein. Gefragt sind besonders innovative Lösungen in den Bereichen Cybersicherheit, Sensorik, KI, autonome Systeme, Kommunikationstechnologie und Softwareentwicklung für sicherheitskritische Anwendungen. Nach Angaben des International Information System Security Certification Consortium (ISC2) fehlen jedoch rund 120.000 Cybersicherheits-Fachkräfte in Deutschland. Dieser Mangel wird als erhebliches Sicherheitsrisiko eingestuft – schließlich sind für den Verteidigungssektor höchste Sicherheitsstandards und ein spezifisches Fachwissen unerlässlich.
Was das für Tech-Profis bedeutet? Die Karrierechancen im sicherheitsrelevanten Technologiesektor waren selten so gut wie heute. Jedoch ist der Zugang zu diesem sensiblen Arbeitsumfeld anspruchsvoll. Neben technischer Exzellenz zählen Diskretion, Verlässlichkeit und die Fähigkeit, sich in komplexen regulatorischen Rahmenbedingungen sicher zu bewegen. Wer sich jedoch richtig positioniert, kann im Defence-Bereich nicht nur einen sicheren, gut bezahlten Job finden – sondern aktiv an der technologischen Resilienz Europas mitwirken.
Die nachfolgende Liste gibt Tipps und Empfehlungen rund um den Karriereeinstieg im Defence-Bereich:
Die meisten Positionen im Defence-Umfeld erfordern eine gültige oder potenziell beantragbare Sicherheitsüberprüfung gemäß SÜG (Sicherheitsüberprüfungsgesetz). Eine bereits vorhandene Freigabe – beispielsweise Ü2 oder Ü3 – ist ein enormer Vorteil und sollte im Lebenslauf prominent hervorgehoben werden. Wichtig: Auch wenn Sie nicht über eine aktuelle Freigabe verfügen, kann Ihr Profil trotzdem attraktiv sein. Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung werden unter anderem potenzielle Vorstrafen, die finanzielle Stabilität, Auslandskontakte sowie private Social-Media-Aktivitäten bewertet – entsprechend hoch ist die Erwartung an Integrität und Verantwortungsbewusstsein.
Technologische Tiefe ist im Defence-Sektor entscheidend. Viele Unternehmen suchen keine Allrounder, sondern Spezialist:innen, die sich mit spezifischen Technologien, Protokollen oder Anwendungsbereichen auskennen. Kandidat:innen mit nachweislicher Spezialisierung haben hier klare Vorteile. Bauen Sie Ihr persönliches Kompetenzprofil deshalb strategisch auf, beispielsweise durch gezielte Weiterbildungen oder Zertifizierungen. Besonders gefragt: Cybersecurity im Bereich kritischer Infrastrukturen (KRITIS), Embedded-Entwicklung für Avionik oder unbemannte Systeme, Radar- und Sensordatenverarbeitung, hardware-nahe C/C++-Programmierung, KI-Modelle für Bilderkennung oder Zielverfolgung. Auch Systems Engineering gewinnt stark an Bedeutung – insbesondere Kenntnisse in MBSE, SysML oder Safety Engineering sind hochgefragt.
In sicherheitskritischen Bereichen wie dem Defence-Sektor gelten strenge technische und regulatorische Standards, die maßgeblich über Ihre Einsatzfähigkeit entscheiden. Unternehmen erwarten, dass Fachkräfte mit den relevanten Normen nicht nur vertraut sind, sondern diese auch praktisch angewendet haben. Zu den gefragten Skills zählen beispielsweise DO-178C für den Bereich der militärischen Luftfahrt-Software oder ISO/IEC 27001 für Cybersecurity-Experten. Sollten Sie über diese Erfahrungen verfügen, listen Sie diese in Ihrer Bewerbung konkret und projektbezogen auf.
Kaum ein Defence-Projekt ist heute rein monodisziplinär. Ob es sich um ein komplexes Waffensystem, ein vernetztes Lagebild oder eine Cyber-Abwehrplattform handelt – die Fähigkeit, über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu sehen und über Fachgrenzen hinweg zu denken, ist entscheidend. Gesucht werden deshalb Profile, die nicht nur ihre eigene Technologie beherrschen, sondern auch Systemarchitekturen verstehen (z. B. Schnittstellen zwischen Hard- und Software), mit Fachbereichen wie Logistik, Operations oder Simulation kommunizieren und sicher mit interdisziplinären Teams und externen Partnern arbeiten.
Diskretion, Vertraulichkeit und Loyalität sind Grundvoraussetzungen in einem sicherheitsrelevanten Umfeld. Arbeitgeber erwarten ein klares Verständnis für den Umgang mit vertraulichen Informationen, den Verzicht auf externe Cloud-Dienste oder unsichere IT-Tools und ein regelkonformes Verhalten auch außerhalb der Arbeitszeit. Außerdem sollten Bewerber:innen auf den Punkt Haltung achten, heißt: es gilt den gesellschaftlichen Auftrag des Defence-Sektors zu respektieren und sich professionell gegenüber staatlichen Institutionen und Sicherheitsorganen zu positionieren. Zudem sollten Bewerber:innen Fragen zur sicherheitspolitischen Haltung, Loyalität oder Einsatzbereitschaft reflektiert zu beantworten – insbesondere bei einer Bewerbung um sensible Projekte und Stellen.
Verteidigungsprojekte bewegen sich oft in einem Spannungsfeld zwischen agilen Innovationszyklen und regulierten Entwicklungsmodellen. Wer beides versteht und anwenden kann, ist bei Unternehmen besonders gefragt. Während agile Methoden wie Scrum oder Kanban häufig eher in frühen Prototyping- oder Software-Entwicklungsphasen zum Einsatz kommen, sind Modelle wie V-Modell XT typisch für Projekte mit hohem Zertifizierungs- oder Dokumentationsbedarf, z. B. bei Avionik oder sicherheitsrelevanter Sensorik.
Das projektbasierte Arbeiten im Defence-Bereich ist oft international ausgerichtet. Technisches Englisch ist deshalb eine Voraussetzung und wird vor allem für Dokumentationen, Spezifikationen oder die tägliche Kommunikation mit dem Team benötigt. Gleichzeitig erwarten deutsche Auftraggeber präzise Deutschkenntnisse, etwa für Ausschreibungen, Pflichtenhefte oder Entwicklungsberichte. Technisches Deutsch für Ingenieur:innen ist zumeist in deutschen Defence-Projekten unerlässlich.
Ein häufiger Fehler in Defence-Bewerbungen: eine reine Aufzählung von Positionen ohne Kontext. Unternehmen suchen nachvollziehbare Projektverläufe, die zeigen, was Sie tatsächlich bewirkt haben. Beschreiben Sie deshalb in Ihrem Lebenslauf konkret, was Sie getan haben. Mit welchen Tools, Frameworks und Architekturen haben Sie gearbeitet? Haben Sie ein Modul entwickelt oder Sicherheitsanalysen durchgeführt? Was war die Mission Ihrer bisherigen Projekte und gab es messbare Erfolge?
Viele Positionen in sicherheitskritischen Bereichen werden nicht öffentlich ausgeschrieben. So kann es durchaus vorkommen, dass die Rekrutierung eher über vertrauliche Direktansprachen, persönliche Empfehlungen oder spezialisierte Personalberatungen läuft. Wer eine Karriere in diesem Umfeld plant, dem empfiehlt es sich, sein berufliches Netzwerk zu pflegen oder sich an Personaldienstleister zu wenden, die auf Defence oder sicherheitskritische Technologien spezialisiert sind. Diese kennen die passenden Unternehmen sowie Sicherheitsanforderungen.
Was Sie online teilen, wird auch von potenziellen Arbeitgebern im Defence-Sektor kritisch geprüft. Ein LinkedIn-Profil mit sensiblen Projektnamen oder zu freizügige Äußerungen in Foren können ein Risiko darstellen und werden von Unternehmen mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtet und oft als potenziell problematisch eingeschätzt. Vermeiden Sie deshalb sensible Details und achten Sie auf eine diskrete Online-Präsenz. Nutzen Sie beispielsweise neutrale Projektbeschreibungen, verzichten Sie auf konkrete Zahlen, Namen oder Codes und achten Sie auf eine diskrete Tonalität sowie Verantwortungsbewusstsein.