Rohde & Schwarz und Nvidia

»Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu 6G«

17. März 2023, 15:30 Uhr | Nicole Wörner
© Yingyaipumi/stock.adobe.com

Können künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen die Entwicklung der 6G-Technologie vorantreiben? Rohde & Schwarz und Nvidia sind davon überzeugt und haben auf dem Mobile World Congress nun die erste Hardware-in-the-Loop-Demonstration eines KI/ML-basierten neuronalen Empfängers gezeigt.

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Während die Forschung zu den Technologiekomponenten für den künftigen 6G-Mobilfunkstandard bereits in vollem Gange ist, rückt auch die Möglichkeit einer KI-nativen Luftschnittstelle für 6G in den Fokus. Rohde & Schwarz geht in Zusammenarbeit mit Nvidia einen Schritt über reine Simulationen hinaus und legt die Grundlagen für die Einbindung von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen (KI/ML) in die zukünftige 6G-Technologie.

Auf dem diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona präsentierten die Unternehmen nun die branchenweit erste Hardware-in-the-Loop-Demonstration eines neuronalen Empfängers und verdeutlichten damit, welche Leistungssteigerungen sich durch den Einsatz trainierter ML-Modelle gegenüber herkömmlicher Signalverarbeitung erzielen lassen. Auf dem Messestand zeigten Rohde & Schwarz und Nvidia die Leistungsfähigkeit eines neuronalen Empfängers in einem 5G-NR-Uplink-Multi-User-Multiple-Input-Multiple-Output(MU-MIMO)-Szenario – eine Blaupause für eine mögliche 6G-Bitübertragungsschicht. Der Aufbau kombinierte Testanwendungen zur Signalerzeugung und -analyse von Rohde & Schwarz mit Nvidia Sionna, der GPU-beschleunigten Open-Source-Bibliothek für Simulationen auf Verbindungsebene.

Das Konzept

Das Konzept eines neuronalen Empfängers sieht vor, dass die Signalverarbeitungsblöcke der Bitübertragungsschicht eines Funkkommunikationssystems durch trainierte maschinelle Lernmodelle ersetzt werden. Wissenschaftler, Forschungsinstitute und Branchenexperten auf der ganzen Welt erwarten, dass ein künftiger 6G-Standard KI/ML für Signalverarbeitungsaufgaben wie Kanalschätzung, Kanalentzerrung und Demapping nutzen wird. Heutige Simulationen legen nahe, dass ein solcher neuronaler Empfänger die Verbindungsqualität erhöhen und den Durchsatz im Vergleich zu den bereits leistungsstarken deterministischen Software-Algorithmen, die in 5G NR verwendet werden, weiter steigern kann.

Um solche Machine-Learning-Modelle zu trainieren, werden natürlich entsprechende Datensätze benötigt. Oft sind diese jedoch nur begrenzt oder überhaupt nicht verfügbar. Beim derzeitigen Stand der frühen 6G-Forschung stellt die Verwendung messtechnischer Hilfsmittel zur Erzeugung verschiedener Datensätze mit unterschiedlichen Signalkonfigurationen eine praktikable Alternative dar, um die ML-Modelle für Signalverarbeitungsaufgaben zu trainieren.

Pauly Andreas
Andreas Pauly, Rohde & Schwarz: »Die Signalverarbeitung im Mobilfunk mithilfe von maschinellen Lernalgorithmen ist ein hochaktuelles Thema in der Branche, das unter Kollegen oft kontrovers diskutiert wird.«
© Rohde & Schwarz

Der Demonstrator

In dem am Rohde&Schwarz-Stand gezeigten KI/ML-basierten Aufbau auf Basis eines neuronalen Empfängers emuliert der Vektorsignalgenerator R&S SMW200A zwei Benutzer, die ein 80 MHz breites Signal in Uplink-Richtung mit einer MIMO-2x2-Signalkonfiguration übertragen. Jeder Benutzer wird unabhängig mit Fading belegt, und Rauschen wird angewendet, um realistische Funkkanalbedingungen zu simulieren. Als Empfänger fungiert der Universal-Satellitenempfänger R&S MSR4, der über seine vier phasenkohärenten Empfangskanäle das mit einer Trägerfrequenz von 3 GHz übertragene Signal erfasst. Anschließend stellt er die Daten über seine Echtzeit-Streaming-Schnittstelle einem Server zur Verfügung.

Dort wird das Signal mithilfe des R&S-Server-Based-Testing(SBT)-Frameworks einschließlich der Micro-Services der R&S VSE Vector Signal Explorer (VSE) Software vorverarbeitet. Die VSE-Signalanalyse-Software synchronisiert das Signal und führt eine schnelle Fourier-Transformation (FFT) durch. Dieser FFT-transformierte Datensatz dient als Eingabe für den mit Nvidia Sionna realisierten neuronalen Empfänger. Nvidia Sionna ist eine GPU-beschleunigte Open-Source-Bibliothek für Simulationen auf Verbindungsebene. Sie ermöglicht ein schnelles Prototyping komplexer Kommunikationssystemarchitekturen und bietet native Unterstützung für die Integration von maschinellem Lernen in die 6G-Signalverarbeitung.

Im Rahmen der Demonstration wurde der trainierte neuronale Empfänger mit dem klassischen Konzept einer LMMSE-Empfängerarchitektur (Linear Minimum-Mean-Squared Error) verglichen, bei der traditionelle Signalverarbeitungstechniken auf Grundlage deterministisch entwickelter Software-Algorithmen zum Einsatz kommen. Diese bereits sehr leistungsfähigen Algorithmen sind in den heutigen 4G- und 5G-Mobilfunknetzen weit verbreitet.

»Ein hochaktuelles Thema«

»Die Signalverarbeitung im Mobilfunk mithilfe von maschinellen Lernalgorithmen ist ein hochaktuelles Thema in der Branche, das unter Kollegen oft kontrovers diskutiert wird«, verdeutlichte Andreas Pauly, Executive Vice President Test and Measurement bei Rohde & Schwarz. »Wir freuen uns, mit einem Partner wie Nvidia auf diesem Experimentierfeld zu arbeiten. Unsere Kooperation wird es Forschern und Branchenexperten ermöglichen, ihre Modelle mithilfe unserer Testlösungen für die Signalerzeugung und -analyse datengesteuert zu validieren und in einem Hardware-in-the-Loop-Experiment zu testen.«

Ronnie Vasishta, Senior Vice President of Telecommunications bei Nvidia, kommentiert: »Trainierte ML-Modelle eröffnen ein erhebliches Leistungspotenzial im Vergleich zur herkömmlichen Signalverarbeitung. Diese Hardware-in-the-Loop-Demonstration eines neuronalen Empfängers von Rohde & Schwarz und Nvidia ist ein Meilenstein für die Branche und belegt den Nutzen von KI und maschinellem Lernen für die 6G-Technologie.« 


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