Wie sieht das dann aus?
Im Prinzip wird dabei geschreddert und zerlegt und dann mit Magnetprozessen oder Luftstrom das gewünschte Material selektiert. Bei der Hydrometallurgie schließlich kann ich in Abhängigkeit von der jeweiligen Prozessführung einzelne Metalle abscheiden und recyclen. Insbesondere in der Hydrometallurgie gibt es daher nicht den einen Prozess, sondern das Design ist stark abhängig von den äußeren Umständen wie der Art des recycelnden Materials und dem zu gewinnenden Produkt.
Aktuell liegt die Anzahl der verschiedenen in Europa zu errichtenden Fertigungsstätten für Lithiumbatterien, die primär im EV-Bereich zum Einsatz kommen sollen, bei über 30. Gibt es aktuelle Zahlen zu geplanten Batterie-Recycling-Anlagen in Europa?
Ich würde sagen, aktuell gibt es in Europa bereits um die 40 Unternehmen, die sich mit dem Recycling von Batterien beschäftigen. Die entscheidende Frage ist aber: Welche Qualität haben die recycelten Materialien? SungEel HiTec etwa verarbeitet den Ausschuss koreanischer Zellenhersteller, mit entsprechend hoher Qualität, und kann die Metalle als Sulfatsalze in die Wertschöpfungskette zurückführen. Northvolt seinerseits errichtet eine integrierte Recyclinganlage in seinem Werk in Schweden, um seinen Produktionsausschuss wieder in die Fertigung des Kathodenmaterials zu geben. Das sind die Aktivitäten, die für eine Kreislaufwirtschaft im Elektromobilitätssektor nötig sind.
Da der Aufbau einer Batteriefertigung in Europa im Interesse der EU liegt, werden dafür Fördergelder zur Verfügung gestellt. Gilt das Ihres Wissens nach auch für Recycling-Anlagen?
Es gibt in Deutschland einen holistischen Ansatz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, BMWK, der die Förderung von Material-Recycling für die EV-Batterieproduktion bezuschusst. Ja, es gibt Förderanteile des Staates.
Bis das wirkliche Recycling von EV-Lithium-Ionen-Batterien beginnt, werden wohl noch zehn Jahre ins Land gehen. Bis dahin steht die Rückgewinnung von Rohmaterialien aus dem Produktionsabfall in den Batteriefertigungen im Mittelpunkt. Wird dies bereits profitabel sein? Mit welchem Hebel rechnen Sie, wenn dann wirklich das Recycling von EV-Batterien beginnt?
Ja, definitiv! Nehmen Sie das Beispiel Northvolt. Hier sprechen wir von einem Onsite-Full-Closed-Loop, ähnlich verhält es sich mit der BASF-Aktivität in Schwarzheide. Entscheidend ist hierbei die Kolokation der Prozesse, der Batterie-Produktion an sich, der Kathodenaktivmaterialfertigung, kurz: CAM, und des Material-Recyclings. Mit einer am Standort der Batteriefertigung integrierten Recycling-Anlage kann man viel planbarer und damit auch effizienter agieren. Es lässt sich ein guter Materialzufluss und eine hohe Anlagenauslastung sicherstellen. Produziert man am selben Standort dann auch CAM, kann man den Recyclingprozess deutlich abkürzen, da man vereinfacht gesprochen nur das Metall auflösen und reinigen muss und dann direkt in die CAM-Fertigung geben kann. Das kann die benötigten Investitionen und Kosten unter anderem für Energie und Arbeit deutlich reduzieren.
Welche Summe ist nach Ihrer Einschätzung für den Bau einer Recycling-Anlage für EV-Batterien notwendig? Wie viele Recycling-Anlagen wären nach Ihrer Einschätzung in Europa notwendig, um die angestrebten, notwendigen Recycling-Ziele zu erreichen?
Je größer solche Anlagen wären, desto effizienter und kostengünstiger könnten sie agieren. Eine Anlage dieser Größe würde wohl einige hundert Millionen Euro kosten. Was zählt, ist hier also wirklich die Konzentration auf einige wenige, große Recycling-Anlagen und nicht ein dezentraler Ansatz mit einer großen Zahl kleiner und mittlerer Recycling-Anlagen. Angesichts eines Bedarfs von 1600 GWh an Batteriekapazität im Jahr 2030 würde ich davon ausgehen, dass sich etwa 300 kT Kathodenaktiv-Material aus Produktionsabfall, Unfallbatterien oder End-of-Life-Batterien recyclen lassen.
Ich denke, das würde den Bau von etwa sieben bis acht großen hydrometallurgischen Recycling-Fabriken in Europa erfordern. Im ersten Schritt halte ich den Aufbau entsprechender Recycling-Fabs in Ungarn und Polen für am wahrscheinlichsten.
Sie hatten auf der Battery&Power World 2023 angedeutet, dass es auch so kommen könnte, dass Europa sein Recycling nach China verlagert – für wie realistisch halten Sie das angesichts der sich weiter verschärfenden geopolitischen Lage? Es würde ja die Anstrengungen, von China unabhängiger zu werden, konterkarieren. Halten Sie darum ein solches Vorgehen weiterhin für möglich?
Ich halte das auch weiterhin nicht für unwahrscheinlich. Chinesische Hersteller haben inzwischen in der EU einen großen Footprint. CATL fertigt in Deutschland EV-Batterien und baut in Ungarn eine weitere Zellproduktion. Da werden signifikante Mengen an Abfall anfallen, und wegen der bereits angesprochenen Skalierungseffekte könnten die Chinesen zu der Überzeugung kommen, dass sie ihre Recycling-Aktivitäten in China konzentrieren und ausbauen. Die Koreaner verfolgen bislang eine ähnliche Strategie.
Letztlich wird es wohl darauf ankommen, welche Vertragsbedingungen man mit den chinesischen Batterieherstellern aushandelt. Wer das nicht möchte und das Recycling in Europa halten will, der sollte sich vielleicht am amerikanischen »Inflation Reduction Act« orientieren. Der ein gutes, wenn auch äußerst protektionistisches Beispiel dafür ist, wie man als strategisch wichtig erachtete Technologien und Prozesse im Land hält.