Frau Maile, Sie traten 2016 zusammen mit Bernhard Staller und Jörg Traum als Trio die Nachfolge des Firmengründers Dieter Fischer an. Sie drei personifizierten den Generationswechsel. Herr Traum verließ den Vorstand, Herr Staller scheidet in Kürze aus, Ulrich Ermel ersetzt ihn. Sie bilden dann ein Vorstandsduo – haben sich die Anforderungen und Aufgaben des Vorstands in den letzten Jahren verändert?
Maile: Mein Vorstandskollege Staller hat diese Entscheidung bereits 2020 getroffen und klar kommuniziert, das war langfristig und in die Zukunft gedacht.
Staller: Ich bin 63, und auch wenn ich mich aktuell noch absolut fit fühle, wir brauchen für die Fortec neues Denken und neues Wissen, das gewinnen wir am besten durch das Engagement eines jungen und trotzdem bereits sehr erfahrenen Vorstands, der bereits Erfahrungen in verschiedenen Führungspositionen sammeln konnte.
Maile: Zu Beginn unserer Vorstandstätigkeit ging es vor allem um die Transformation und die Modernisierung der Fortec. Wir haben die Verwaltung verschlankt, historisch bedingte Niederlassungen geschlossen, um Synergien zu heben, und uns auf die vier Standorte in Deutschland, die Werke in Tschechien und den USA sowie die Niederlassung in Großbritannien konzentriert. Dabei haben die letzten Jahre wieder einmal gezeigt: Erfolg können viele, Krise können nur wenige.
Staller: Ich kann den Wind nicht beeinflussen, aber ich kann die Segel richtig setzen. Im Vergleich zu 2016 sind die Dinge deutlich dynamischer geworden, und mit der neuen Vorstandskonstellation ist die Fortec-Gruppe dafür gut gerüstet.
Herr Ermel, Sie können sowohl im Embedded- als auch im Stromversorgungsbereich Erfahrungen vorweisen. Worauf werden Sie sich als COO in Zukunft vor allem konzentrieren?
Ermel: Im ersten Schritt geht es darum, den Kunden die Sicherheit zu vermitteln, dass sich durch das Ausscheiden von Herrn Staller für sie nichts verändert. Der Vorstand ist eingeschwungen, das Unternehmen wird gut und stabil weiterlaufen. Gleichzeitig arbeiten wir an Konzepten, um unseren Kunden in Zukunft mehr Arbeit abnehmen zu können und ihnen auch in puncto Technikkompetenz in Zukunft noch mehr bieten zu können.
Fortec hat vor Kurzem in Großbritannien ein Vertriebsabkommen mit Pulsiv unterzeichnet. Sie übernehmen dort den nationalen und internationalen Vertrieb für ein Startup. Ist das eine neue Strategie?
Ermel: Pulsiv ist eine sehr gute Möglichkeit, um zu zeigen, wie wir Kunden in Zukunft früh an die Hand nehmen können. Die Idee ist: Da gibt es etwas Neues, das kann ein Game-Changer sein, und wir können dir, lieber Kunde, nicht nur das Produkt an sich, sondern auch den exklusiven Zugang zu den Know-how-Trägern bieten. In gewisser Weise wollen wir in Zukunft verstärkt als Guide im Dschungel der vielen Möglichkeiten tätig werden.
Maile: Pulsiv ist ein erstes Beispiel dafür, wie wir in Zukunft neue Partnerschaften aufstellen wollen, damit wir als Fortec-Gruppe von solchen Partnerschaften intensiver profitieren. Das ist auch das Ziel hinter unserer Grow-Together-Strategie 2025.
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wurde ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die bessere Ausstattung der Bundeswehr geschaffen. Im Power-Bereich macht sich die steigende Nachfrage aus dem Bereich »gehärteter« Anwendungen bereits bemerkbar. Gilt das auch für den Display- und Embedded-Bereich?
Maile: Das Image des Ruggedized-Bereichs hat sich verändert. Ganz besonders gilt das für das Thema EMI-Shielding. Für uns bietet das eine zusätzliche Möglichkeit, uns gegenüber asiatischen Wettbewerbern abzugrenzen, zudem wird der Wert dieser Produkte in Deutschland oder Europa geschaffen. Im Stromversorgungsbereich, wo wir seit über 20 Jahren als Distributor von Interpoint/Crane tätig sind, haben die speziellen Orders in den letzten Monaten deutlich zugenommen.
Fortec hat im letzten Jahr Stakeholder-Interviews durchführen lassen, um den Marktstatus zu analysieren. Was sind die Ergebnisse dieser Analyse?
Maile: Wir haben die Interviews ausgewertet, und das Ergebnis ist Fortec One! Das heißt, wir werden eine Rebranding-Kampagne starten und entwickeln uns von einem House of Brands zu einem Branded House – ein konsequenter nächster Schritt in unserer Grow-Together-Strategie. Ziele und Chancen der neuen Markenarchitektur sind unter anderem die bessere und verstärkte Positionierung von Fortec durch Bündelung und Kommunikation auf eine Marke. Der Kunde soll uns als einen Partner für unbegrenzte Technologie-Lösungen wahrnehmen. Unser Motto dabei lautet: »Big enough to compete, small enough to care.« In der Konsequenz könnte das auch bedeuten, den Vertrieb weiter zusammenzuführen; im Fall der Distec hat das schon hervorragend geklappt, als man den Components- und Monitorbereich vor zwei Jahren zusammengeführt hat. Am deutlichsten wird die Veränderung wohl für viele bei der Internetsuche deutlich werden – wir werden mittelfristig nur noch mit einer Website präsent sein.
Ein einheitliches Erscheinungsbild mag auch bei der zukünftigen Mitarbeitergewinnung hilfreich sein. Wie besteht man als Mittelständler im Wettbewerb zu Google, Apple und anderen High-Tech-Größen in der Isarmetropole?
Staller: Diesen Wettbewerb muss man ertragen, wir haben einfach eine andere DNA als viele dieser vor allem auch softwaregetriebenen Unternehmen. Wir sind ein solider Arbeitgeber, der auf den langfristigen Erfolg setzt. Wir sind familiär und verlässlich, und wir leben das auch! Wir ermöglichen zusammenhängendes Arbeiten, man ist bei uns nicht nur für ein Teilsegment zuständig und begleitet Projekte vom Anfang bis zum Ende.