Michael Ackers berichtet überdies, dass auch in Singapur die Energiepreise durch die Decke gehen. Für das Leiterplattenwerk von Samina bedeute das zum Beispiel 1 Million Dollar im Quartal mehr. Diese Mehrkosten kommen zustande, weil der Energievertrag turnusmäßig neu verhandelt werden musste mit dem Anbieter. Allerdings ist Singapur nicht unbedingt repräsentativ für den asiatischen Raum. Das Land ist klein und es gibt nur sehr wenige energieintensive Betriebe.
Die Schmutzigsten zuerst in China
Eine andere Herausforderung kommt auf produzierende Firmen in China zu: Dort wird der Stromverbrauch von Staats wegen reglementiert. Doch das sieht Ackers eher positiv: »Wir haben auch dort ein großes Leiterplattenwerk. Aber je mehr man sich für die Umwelt engagiert, umso weniger hat man das Risiko, dass der Fabrik der Strom abgeschaltet wird. Dort kommen die schmutzigsten Firmen zuerst.«
Umweltnormen lösen das Problem nicht
Michael Ackers sieht die EMS-Industrie nichtsdestotrotz gut organisiert: »Wir haben alle Pläne, und es gibt auch Ansätze, neue Pläne zu integrieren. Man sieht in der Krise auch immer eine Chance. Aber es muss einhergehen mit einer politischen Führung, die die Grundvoraussetzungen schafft, dass grüne Energie zur Verfügung gestellt wird, denn wenn die Grundvoraussetzungen nicht da sind, nützen die ganzen Investitionen nichts.«
So betonen einige Teilnehmer am Tisch, dass sie ausdrücklich begrüßen, dass die Standards ISO 14001 zum Umweltmanagement und ISO 500001 fürs Energiemanagement mit System an Bedeutung weiter zunehmen werden, aber: »Damit können wir das Problem nicht lösen, sondern nur lindern«, gibt Rüdiger Stahl zu bedenken. »Es müssen alle Seiten ihren Beitrag leisten, wir können nicht gleichzeitig die Energiewende schaffen und die fossilen Energien abschalten. So gut auch Photovoltaik ist, man hat nur Energie, wenn die Sonne scheint. Wir brauchen auch hier gute Speicherlösungen. Wir müssen in der Lage sein, die Energie deutschlandweit verteilen. Und das ist das Problem, dass dafür die Voraussetzungen nicht vorhanden sind.«
Politik muss »Verantwortung übernehmen«
Philipp Mirliauntas, CSO von duotec, sieht die Lage eher pragmatisch: »Wir bekommen jetzt 30 Jahre Energiepolitik zu spüren, plötzlich kostet Energie, und das war so nicht planbar. Aber es gibt entsprechende Forschungsprojekte, wie man ein Netz der Zukunft managen kann. Wir sind schließlich Technologie-Unternehmen, und aufgrund der Tatsache, dass Energie ein größeres Thema wird und bleiben wird, müssen wir uns als Mittelständler an den F&E-Aktivitäten und der Technologien-Entwicklung beteiligen. Wir sind zum Beispiel in einem Forschungsprojekt »Fit for eChange«involviert. Dabei geht es darum, das Verbundthema zu beherrschen, das momentan konzeptionell auf einer Powerpoint liegt, aber noch nicht in der Realität existiert. Energie wird in jedem Fall ein Kostenfaktor bleiben.« Gerd Ohl sieht das Problem indes nicht beim Energiemanagen, sondern bei den fehlenden Leitungen. »Es wird von staatlicher Seite nicht nach einem Konzept gesucht. Und wenn wir eine Leitung von A nach B legen wollen, dann sind zig Leute dagegen.«
Ähnlich äußert sich auch Carsten Ellermeier, CEO von Prettl Electronics: Seiner Ansicht nach müsste der deutsche Bundeskanzler das Thema zur Chefsache erklären, einen Energie-Expertenrat einberufen und »Verantwortung übernehmen«. Es sei an der Zeit, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen, etwa die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken für die Netzstabilität. »Nur – das spricht niemand aus. Wir brauchen den Energiemix und die Netzstabilität, sonst sind wir nicht in der Lage, die Erneuerbaren-Ziele dauerhaft umzusetzen. Wir haben die Fachleute im Land, aber die finden politisch kein Gehör.«