Ethernet-APL läuft, SPE startet

Neue Ethernet- und OT-Standards – es geht voran

27. Januar 2023, 13:33 Uhr | Die Interviews führten Andreas Knoll und Corinna Puhlmann-Hespen
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Karl Büttner, Endress+Hauser, zum Thema Ethernet-APL

»Die Lücke in Richtung Feldebene geschlossen«

Ethernet-APL gilt als Kommunikationstechnik für das IIoT in der Prozessautomatisierung. Aber welche Eigenschaften und Vorteile prädestinieren den neuen Standard? Karl Büttner, Produktmanager Plattformen bei html" title="https://www.elektroniknet.de/anbieterkompass/endress-hauser-deutschland-gmbh-co-kg.1044042/index.html">Endress+Hauser Flow , nimmt Stellung.

Markt&Technik: Ethernet-APL wurde vor kurzem offiziell auf dem Markt eingeführt. Welche Vorteile hat es gegenüber den bestehenden Prozessautomatisierungs-Bussen und gegenüber sonstigen analogen und digitalen Verbindungen auf der Sensor-Aktor-Ebene?

Karl Büttner: Ethernet-APL bietet sich als Schlüsseltechnologie an, um einen schnellen und sicheren Zugriff auf Geräte- und Prozessdaten zu bekommen. Die Technologie schließt somit die Lücke in der Automatisierungspyramide in Richtung Feldebene. So erfüllt sich der Wunsch vieler Anwender, nahtlos von der Unternehmensebene in die Anlagenwelt und sogar bis hinunter in das einzelne Feldgerät zu schauen, Daten abzurufen und zu aggregieren sowie Probleme und Aufgaben der Mess- und Regeltechnik aus der Leitwarte zu lösen.

Die digitale Kommunikation und Ethernet-APL sparen Zeit bei der Auslegung, bei der Inbetriebnahme, im Betrieb und bei der Wartung der Anlagen. Eine Ethernet-APL-basierte Anlage trägt über den gesamten Lebenszyklus einen deutlich höheren Anteil zur Rendite bei als ein analoger Betrieb. Beim Engineering lassen sich beispielsweise viel mehr Automatismen nutzen als bei analogen Geräten. Die Anlage wird somit schneller produktiv und verdient früher Geld, weil auch die Inbetriebnahme einer Anlage, die mit Ethernet-APL kommuniziert, deutlich schneller abläuft.

Neben Capex-Einsparungen ergeben sich aber auch Kostenvorteile im Betrieb (Opex). Es entstehen flexiblere Produktionen mit automatisierten Prüfabläufen. Zusammen mit einer einfacheren Instandhaltung sorgen sie für eine höhere Anlagenleistung, kürzere Stillstandszeiten und niedrigere Wartungskosten. Die Anlage verfügt über mehr Daten mit höherer Auflösung. Wartungsintervalle lassen sich besser steuern, und die Verfügbarkeit ist insgesamt höher durch die Nutzung smarter Geräte und Methoden.

 

 

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Karl Büttner, Endress+Hauser: »Ethernet-APL bietet sich als Schlüsseltechnologie an, um einen schnellen und sicheren Zugriff auf Geräte- und Prozessdaten zu bekommen.«
© Endress+Hauser

Für welche Anwendungen bietet sich Ethernet-APL besonders an?

Mit Ethernet-APL haben unsere Kunden erstmals die Möglichkeit, in explosionsgefährdeten Bereichen mit Ethernet vorzudringen und gleichzeitig große Distanzen zu überwinden. Das kann in den Anwendungsgebieten und Industrien von Nutzen sein, etwa in Chemie, Öl und Gas oder im Bergbau.

Selbst in Nicht-Ex-Bereichen ist es ein Novum, dass neben Vierleiter-Geräten wie Coriolis oder magnetisch-induktiven Durchflussmessgeräten nun auch Zweileiter-Geräte wie Füllstand, Druck, Temperatur oder Wirbelzähler Profinet sprechen werden. Das heißt, auch in Bereichen wie Lebensmittel und Getränke, Life-Sciences oder Wasser/Abwasser wird es spannende Applikationen geben.

Welche konkreten Produkte für und mit Ethernet-APL gibt es derzeit?

Viele Anwender, die überlegen, auf eine neue Technologie wie Ethernet-APL zu setzen, thematisieren die Lieferfähigkeit entsprechender Hard- und Software. Um einen Flickenteppich an unterschiedlichen Systemen zu vermeiden, war es für uns wesentlich, schnell einen signifikanten Anteil des Produktportfolios fit für die neue Technologie zu machen.

Die APL-fähigen Geräte werden ab Anfang 2023 zur Verfügung stehen. Die neue Generation unserer 80-GHz-Radarsensoren für Flüssigkeiten und Schüttgüter setzt beispielsweise neben bewährten digitalen Kommunikationsprotokollen wie HART auch auf Ethernet-APL. Konkret sind dies der Micropilot FMR60B, FMR62B, FMR63B, FMR66B und FMR67B. Die Ethernet-APL-Schnittstelle sorgt dabei für einfacheren Gerätezugriff, etwa über den integrierten Webserver, und einfachen Installationsaufwand. So lässt sich etwa die Hüllkurve in Echtzeit im Webserver anzeigen, damit Anwender das Echosignal komfortabel und schnell optimieren können.

Zu den weiteren Produkten zählen die Bereiche Durchfluss (Coriolis, magnetisch-induktiv, Wirbelzähler), Druck sowie Temperatur. Endress+Hauser wird somit Anfang 2023 ein umfangreiches Produktportfolio mit Ethernet-APL zur Verfügung stellen. Und auch die Schnittstellen zum Anwender, der Tablet-PC Field Xpert, die Gerätekonfigurationssoftware FieldCare und das IIoT-Ecosystem Netilion werden mit den entsprechenden Funktionen ausgerüstet, damit der Digitalisierung in den Prozessindustrien nichts mehr im Wege steht.

Inwieweit gibt es schon konkrete Kundenprojekte mit Ethernet-APL? Wie groß ist bisher das Interesse der Kunden an Ethernet-APL?

Das Interesse unserer Kunden ist sehr groß. Erst kürzlich meinte ein Anwender zu mir, dass APL-Prototypen derzeit »wie Goldstaub« sind. Aus verschiedensten Branchen und Kontinenten bekommen wir Anfragen nach Testgeräten, Live-Demonstrationen oder Schulungen. Derzeit sind in Europa, Amerika und Asien Ethernet-APL-Geräte von Endress+Hauser bei vielen Versuchsaufbauten oder bereits zur Qualifikation bei Kunden im Einsatz.

Welche Bedeutung hatte Ethernet-APL auf der Messe SPS? Hat Ihr Unternehmen entsprechende Produkte vorgestellt?

Endress+Hauser hat Anlagenbetreibern auf der Messe gezeigt, wie die Vernetzung von Feldgeräten dabei hilft, die Anlagen-Performance zu steigern, vorausschauende Wartung zu betreiben und Kosten zu senken. Weil Ethernet-APL als Schlüsseltechnologie für die Digitalisierung gilt, war die Technologie selbstverständlich ein zentrales Thema auf unserem Messestand.

Dort zeigt Wir auf Einem großen Ethernet-APL-Demonstrator verschiedene Feldgeräte in einem Automatisierungssystem inklusive Edge-Device sowie die damit verbundenen Anwendungsmöglichkeiten. Zusätzlich waren wir mit Ethernet-APL-Feldgeräten auf den Messeständen von ODVA, Profibus & Profinet International (PI) und OPC Foundation vertreten. Am Stand unserer Partner Phoenix Contact und Weidmüller wirkten wir außerdem am Thema Zweileiter-Ethernet in Nicht-Ex-Bereichen – sprich: Single Pair Ethernet – mit.


  1. Neue Ethernet- und OT-Standards – es geht voran
  2. Peter Wienzek, ifm electronic, zum Thema IO-Link+
  3. Karl Büttner, Endress+Hauser, zum Thema Ethernet-APL
  4. Horst Messerer, Helukabel, zum Thema SPE
  5. Ralf Peteranderl, Rosenberger Hochfrequenztechnik, zum Thema SPE
  6. Andreas Hennecke, Pepperl+Fuchs, zum Thema Ethernet-APL
  7. Matthias Fritsche, Harting, zum Thema SPE
  8. Tim Kindermann, Phoenix Contact, zum Thema SPE

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