Beratung für IIoT-Shopfloor-Konzepte

Industrial IoT – in Kooperation erfolgreich

26. Februar 2024, 15:00 Uhr | Andreas Knoll
Timo Dannenmann, Zoi: »Mit Sensoren steht und fällt die gesamte Idee hinter dem IIoT, sei es in der Produktion oder in Smart Cities.«
© Zoi TechCon

Welche Trends zeigen sich im IIoT derzeit, und wie können Unternehmen IIoT-Shopfloor-Konzepte durch spezialisierte Unternehmenskooperationen effizienter und einfacher implementieren? Timo Dannenmann, IIoT-Experte bei der Stuttgarter Cloud- und IT-Beratung Zoi, gibt Auskunft.

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Markt&Technik: Pepperl+Fuchs bietet ein IIoT-Starter-Kit an und hat es zusammen mit der Cloud-Native-Beratung Zoi an eine AWS-Cloud angebunden. Was genau wurde getan? Wie sieht das konkret aus?

Timo Dannenmann: Zoi hat gemeinsam mit dem Automatisierungstechnik-Hersteller Pepperl+Fuchs dessen IIoT-Starter-Kit an die cloudbasierte AWS-Infrastruktur angebunden. Das Starter-Kit umfasst neben einem IO-Link-Master zur Kommunikation und einem Netzteil auch mehrere industrielle Sensoren. Zur Visualisierung der von den Sensoren generierten Daten wurde zusätzlich ein geeignetes Dashboard erstellt.

Unabhängig voneinander hatten wir zuvor festgestellt, dass im Markt eine verstärkte Nachfrage nach im Netz verfügbaren Sensordaten besteht. Da lag der Kooperationsgedanke nahe. Die Sensoren des IIoT-Starter-Kits erheben zuverlässig Daten aus Shopfloor und Produktion. Die Daten werden über den IO-Link-Master sicher und stabil an die Cloud übertragen und lassen sich dort als IIoT-Devices nutzen. Pepperl+Fuchs kann so unter dem Motto »Boost your IIoT business now« das IIoT-Starter-Kit für die herstellende Industrie anbieten.

Welche Bedeutung hat die Edge aus Ihrer Sicht, auch im Verhältnis zur Cloud?

Edge-Lösungen sind neben Cloud-Lösungen von großer Bedeutung, vor allem dann, wenn eine schnelle Verarbeitung der Daten und Entscheidungen in Echtzeit und somit eine geringe Latenz notwendig ist. Edge-Computing kann an vielen Stellen – etwa in der Produktion oder in autonom fahrenden Fahrzeugen – Anwendung finden. Edge-Computing und Cloud-Computing ergänzen sich gegenseitig, und beide bringen Charakteristika mit sich, die je nach Anwendungsfall von Vorteil sind. Während auf der einen Seite Edge-Computing die Verarbeitung der Daten in Echtzeit ermöglicht, bietet Cloud-Computing die nötige Skalierbarkeit und Speicherkapazität für große Datenmengen. Weil nur die Daten an die Cloud gesendet werden, die dort auch von Relevanz sind, wird obendrein die Datenübertragung reduziert und zugleich die Infrastruktur entlastet. Somit stellt Edge-Computing eine leistungsstarke und effiziente Möglichkeit zur Datenverarbeitung und Ergänzung zur Cloud dar, um die Anforderungen an die Echtzeitverarbeitung der Daten sicherzustellen.

Warum spielt die Sensorik eine so tragende Rolle bei IIoT-Anbindungen?

Mit Sensoren steht und fällt die gesamte Idee hinter dem IIoT, sei es in der Produktion oder in Smart Cities. Dies ist gleich auf mehrere Aspekte zurückzuführen. Erstens sind die Sensoren für die Datenerfassung zwingend notwendig, etwa um physikalische Größen der Umwelt in Daten umzuwandeln, welche die Grundlage von IIoT-Anwendungen bilden. Zweitens ist es mithilfe von Sensoren möglich, Geräte und Maschinen in Echtzeit zu überwachen und bei Erreichen bestimmter Werte automatisiert weitere Aktionen auszulösen. Somit sind Sensoren notwendig, um den Automatisierungsgrad zu erhöhen. Darauf aufbauend lassen sich dann im nächsten Schritt Prozesse optimieren und die Effizienz steigern. Beispielhaft hierfür ist die Ermittlung des Bestands eines bestimmten Vorprodukts und das automatische Auslösen einer Bestellung beim Lieferanten, um einen Stillstand in der Produktion zu vermeiden.

Was bedeutet das für die Automatisierung in Unternehmen? Was sind die aktuellen Anforderungen und Herausforderungen?

Zunächst einmal bedeutet es, dass die Erhöhung des Automatisierungsgrades eine große Rolle spielen wird. In einer Ist-Analyse gilt es daher, die Erweiterung der Produktionsanlagen um Sensoren und eine Cloud-Anbindung zu prüfen, bevor neue Maschinen mit den entsprechenden Funktionen angeschafft werden. Herausfordernd ist dabei zum einen das Thema rund um die Interoperabilität, denn IIoT-Produkte müssen dazu in der Lage sein, mit einer Vielzahl von Geräten zu kommunizieren. Aus diesem Grund ist eine einfache Integration von IIoT-Produkten in das vorhandene Ecosystem wichtig.

Darüber hinaus ist eine skalierbare Infrastruktur erforderlich, um mit einem Anstieg der Datenmenge und der steigenden Anzahl angebundener Geräte umgehen zu können. Zudem ist auch die effiziente Verarbeitung der Daten und der Fokus auf relevante Informationen notwendig, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Starter Kit
Gemeinsam mit der Cloud- und IT-Beratung Zoi hat Pepperl+Fuchs sein IIoT-Starter-Kit an die cloudbasierte AWS-Infrastruktur angebunden.
© Pepperl+Fuchs

Welche Vorteile bietet die Cloud beim (I)IoT?

Die Cloud bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. Zunächst ermöglicht erst die Skalierbarkeit der Cloud, IIoT-Anwendungen auf eine einfache Art und Weise sowie schnell zu skalieren. Somit müssen sich die Unternehmen nicht um die Anbindung weiterer IIoT-Geräte kümmern, denn die Cloud-Infrastruktur lässt sich je nach Bedarf flexibel anpassen. Wie schon angesprochen spielt zudem die Verarbeitung der von Sensoren erhobenen Daten eine wichtige Rolle im IIoT. Die Cloud stellt leistungsstarke Rechenressourcen und Dienste zur Verfügung, um die Vielzahl von Daten verarbeiten zu können. Zuletzt sollte aber auch die Sicherheit der erhobenen Daten nicht vernachlässigt werden. Die Cloud bietet eine Vielzahl von Sicherheitsmaßnahmen, um die Datenintegrität und -vertraulichkeit zu gewährleisten.

Erst im Zusammenspiel zwischen Sensoren, Cloud- und Edge-Computing werden also die Vorteile von IIoT optimal angegangen.

Wie gehen Sie mit Herausforderungen um, die die Cybersecurity betreffen?

Je nach Cloud-Reife eines Unternehmens und in Abhängigkeit von der vorgenommenen Implementierung und Konfiguration bestehen gewisse Cybersecurity-Risiken. Zum einen ist hierbei die Datenintegrität zu nennen. Es kann die Gefahr bestehen, dass die erhobenen Daten bei der Übertragung in die Cloud manipuliert werden und somit die Grundlage für Folgeentscheidungen verfälscht wird. Eine Möglichkeit, dem entgegenzutreten, ist es, die Daten während der Übertragung in die Cloud zu verschlüsseln. Zudem sollten Mechanismen implementiert werden, um die Datenintegrität zu prüfen. Zum anderen ist in diesem Kontext aber auch der Datenschutz zu erwähnen. Die von Sensoren erhobenen Daten können neben personenbezogenen Daten auch Aussagen etwa über den Produktionsbetrieb eines Unternehmens liefern. Diese sensiblen Daten dürfen nicht von Dritten eingesehen und unrechtmäßig verwendet werden. Auch hier sollten als Maßnahme die Daten während der Übertragung und Speicherung verschlüsselt werden. Zudem sollten Authentifizierungsmechanismen etabliert und nach dem Least-Privilege-Prinzip vorgegangen werden, sodass nur autorisierte Personen Zugriff auf die Daten haben.

Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen für eine (I)IoT-Strategie mitbringen? Wie können sie starten?

Für eine IIoT-Strategie muss zunächst einmal die generelle Bereitschaft vorhanden sein, die oft traditionellen Prozesse und Produktlandschaften um Softwarebestandteile erweitern zu wollen. Zudem sollten IIoT-Expertinnen und -Experten intern aufgebaut oder extern beauftragt werden. Auf dieser Basis gilt es dann, das eigentliche Ziel und den Mehrwert durch IIoT für das Unternehmen zu definieren. Dies kann vom Generieren zusätzlicher Einnahmen über Kostenersparnisse, die Minderung von Risiken bis hin zur Steigerung des qualitativen Mehrwerts für die eigenen Kunden reichen. Ist das Ziel geklärt, empfiehlt es sich, mit einer ersten kleinen Lösung zu starten, Lerneffekte zu generieren und anschließend die IIoT-Lösungen in anderen Bereichen oder Produkten zu skalieren.

Sie kooperieren mit Pepperl+Fuchs – wird es weitere branchenbestimmende Zusammenschlüsse geben?

IIoT wird einen zunehmenden Einfluss auf die meisten Industrien haben. Die Grenzen zwischen der Hardware- und Softwarebranche werden dabei immer mehr schwinden. Wie konkrete Zusammenschlüsse aussehen werden, ist schwer absehbar. Auf der Kooperationsebene ist aber schon vieles möglich. Speziell bei der Verbindung von Hardware und Software ist es elementar, dass alle Teile perfekt zusammenspielen und die Ergebnisse auch zukünftige Anforderungen abdecken. Ich vergleiche das gerne mit einem Autokauf: Ab einem gewissen technischen Fortschritt interessiert es die Käuferin oder den Käufer nicht mehr, wer die Blinker geliefert hat. Beim Soundsystem können Audio-Profis noch Unterschiede wahrnehmen, aber unterm Strich zählen nur die fehlerfreie Funktion und die Verlässlichkeit.

Alle wollen in die Cloud – nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Kunden aus?

Grundsätzlich haben wir keinen Auswahlprozess wie bei einer Casting-Show. Wir beraten und unterstützen zwar hauptsächlich Kunden aus den Bereichen Manufacturing und Retail, jedoch ist die Übernahme eines Projekts verstärkt abhängig vom jeweiligen Use-Case und den damit verbundenen Anforderungen des Kunden. Vor dem Hintergrund unseres wertorientierten Ansatzes evaluieren wir, inwieweit unsere cloudbasierten Lösungen den Kunden bestmöglich unterstützen können.

Wo sehen Sie Sensorik und Automatisierung in fünf Jahren?

Der berühmte Blick in die Glaskugel – aber es lassen sich doch eindeutig Trends erkennen, auch wenn wir von der Sensorik-Breite her schon gut versorgt sind: Der wirtschaftliche Druck wird die Automatisierung innerhalb der Unternehmen und die Verwendung intelligenter Sensoren vorantreiben, um die Effizienz in den Prozessen zu erhöhen und Kosten zu senken. Mehr und mehr Sensoren werden an die Cloud angebunden, und die erhobenen Daten werden mithilfe künstlicher Intelligenz analysiert. Als Resultat dessen werden wir autonome Produktionsmaschinen sehen, die auf Basis der analysierten Daten Muster erkennen und durch autonomes Anpassen der Maschinen eine gesteigerte Produktqualität und Effizienz sicherstellen. Unterm Strich spart das weitere Kosten und kann Marktpositionen sichern oder weiter ausbauen.


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