ISO-Arbeitsgruppe für die Transformation

Aus der EMVA 1288 wird die ISO 24942

30. Juni 2025, 14:00 Uhr | Andreas Breyer / ak
Das Logo für EMVA-1288-Konformität.
© EMVA

Im Herbst 2024 hat der EMVA-Vorstand beschlossen, den vom Verband gehosteten Standard EMVA 1288 in den ISO-Standard 24942 zu überführen, um ihm weltweit mehr Bedeutung zu verleihen. Bei der Transformation können interessierte Unternehmen in einer ISO-Arbeitsgruppe aktiv mitarbeiten.

Diesen Artikel anhören

Die aktuellste Version des Standards EMVA 1288, Release 4.1, wird inzwischen auf ISO-Ebene in der Arbeitsgruppe ISO-TC42-WG28 weiterentwickelt. Sie schafft als jetzt offizielle Arbeitsgruppe der International Organization for Standardization eine Plattform, damit sich der Standard auch in anderen Branchen über die klassischen Industrieapplikationen hinaus zu einer verbindlichen Norm für die Messung, Berechnung und Darstellung von Spezifikationsparametern für Kameras und Bildsensoren entwickeln kann. Europäische Unternehmen können durch ihre Mitarbeit in der Arbeitsgruppe die zukünftige Entwicklung des Standards entscheidend mitgestalten.

Internationale Experten sind ausdrücklich eingeladen, ihr Fachwissen in die Arbeitsgruppe einzubringen. Diese ist nicht mehr auf die industrielle Bildverarbeitung beschränkt, was schon dadurch deutlich wird, dass die Arbeitsgruppe innerhalb der ISO dem allgemeinen Bereich Fotografie zugeordnet wurde. Die ISO ermöglicht eine größere Sichtbarkeit des Standards für angrenzende Branchen und Fachdisziplinen, und das weit über Europa hinaus. »Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass andere Nationen und Gruppierungen außerhalb der Bildverarbeitung ihre Interessen durch aktive Mitarbeit sehr prominent platzieren und so möglicherweise auch durchsetzen können«, sagt Dietmar Wüller. Er hat als Geschäftsführer des Unternehmens Image Engineering viel Erfahrung mit ISO-Standardisierungsprozessen und wurde von der EMVA gebeten, als so genannter »Convenor« die neue ISO-Arbeitsgruppe zu leiten; eine Position vergleichbar mit der des »Chairs« im EMVA-1288-Standardgremium. Zusammen mit der EMVA wirbt Dietmar Wüller in der Bildverarbeitungsbranche um möglichst viele neue Mitglieder in der ISO-Gruppe. »Interessant ist eine Mitarbeit für alle Unternehmen, die sich mit der Messung, Berechnung und Darstellung von Spezifikationsparametern für Kameras und Bildsensoren beschäftigen. Also Hardwareentwickler von Bildsensoren und Kameras sowie Distributoren von Bildverarbeitungskomponenten. Dazu zählen nicht nur Unternehmen, die schon bei EMVA 1288 aktiv dabei waren.«

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Stimmrechte und Mitgliedschaft in der ISO-Gruppe

Dietmar Wüller, Geschäftsführer von Image Engineering
Dietmar Wüller, ISO / Image Engineering: »Stimmberechtigt sind in der ISO-Arbeitsgruppe alle Normungsorganisationen, die einen Experten entsandt haben.«
© Image Engineering

Die ISO ist ein Netz von 172 nationalen Normungsorganisationen. ISO-Mitglieder sind folglich die führenden Normungsorganisationen in ihrem jeweiligen Land. Pro Land gibt es nur ein ISO-Mitglied; für Deutschland ist dies das Deutsche Institut für Normung (DIN). Die nationalen Normungsgesellschaften sind berechtigt, Experten für die verschiedenen ISO-Arbeitsgruppen zu nominieren. Diese Experten sind im aktuellen Fall Unternehmen etwa aus der Bildverarbeitung, die in der Arbeitsgruppe ISO-TC42-WG28 mitarbeiten wollen. Die Unternehmen können nach einer Registrierung über ihre nationale Normungsgesellschaft dorthin entsandt werden. »Stimmberechtigt sind in der ISO-Arbeitsgruppe alle Normungsorganisationen, die einen Experten entsandt haben«, erläutert Dietmar Wüller. »Bei einer Abstimmung über ein neues Standard-Release etwa zählt jede Länderstimme nur einmal, egal wie viele Experten eines Landes in der Arbeitsgruppe sind.« Die Normungsgesellschaften, also in Deutschland das DIN, erheben dafür eine je nach Land unterschiedlich hohe Gebühr.

Aktive Unterstützung der EMVA

Thomas Lübkemeier, General Manager der EMVA
Thomas Lübkemeier, EMVA: »Die Sichtbarkeit des EMVA-1288-Standards für neue Anwendungsfelder sowie geografisch über Europa hinaus nach Japan, den USA und China ist nun auf ISO-Ebene gewährleistet.«
© EMVA

Für die EMVA als langjähriger Hosting-Verband des Standards EMVA 1288 ist es ein logischer Schritt, den Standard nun auf der ISO-Ebene anzusiedeln. Damit entzieht sich der Standard dem unmittelbaren Einfluss des Verbands, aber viel wichtiger ist seine internationale Weiterentwicklung und Weiterverbreitung. »Die Idee von EMVA 1288 beruht darauf, diverse Parameter der Bildqualität sowie die dazugehörigen Messmethoden und Darstellungsweisen einheitlich zu spezifizieren«, betont Thomas Lübkemeier, General Manager der EMVA. »Damit lässt sich der Standard weit über die Bildverarbeitung hinaus auf alle möglichen Felder der Fotografie anwenden, bis hinein in neue kamerabasierte Anwendungen etwa in stetig wachsenden Anwendungsbereichen wie Automotive und Smartphones. Die Sichtbarkeit des Standards für neue Anwendungsfelder sowie geografisch über Europa hinaus nach Japan, den USA und China ist nun auf ISO-Ebene gewährleistet.« Hinzu kommt, dass mit der ISO als neuem Host eine größere Verbindlichkeit einhergeht, international an einem Strang zu ziehen; nationale Alleingänge werden minimiert.

Zukunft der Arbeitsgruppe EMVA 1288

Dr. Bernd Jähne, Professor an der Universität Heidelberg und Chair von EMVA 1288
Prof. Dr. Bernd Jähne, Universität Heidelberg: »Wir planen, die Arbeitsgruppe EMVA 1288 in Abstimmung mit der EMVA weiterzuführen.«
© Privat

Was aber geschieht mit der Arbeitsgruppe des EMVA-1288-Standards unter dem Dach der EMVA? Hierzu nimmt der Chair von EMVA 1288, Prof. Dr. Bernd Jähne von der Universität Heidelberg, Stellung: »Wir planen, die Arbeitsgruppe EMVA 1288 in Abstimmung mit der EMVA weiterzuführen. So können wir auf Basis des ISO-Standards das standardisierte Datenblatt weiter anbieten und lizenzieren, der ISO-Gruppe technisch zuarbeiten und Testmessungen durchführen.« Die EMVA-1288-Gruppe hat als solche zwar keine direkte Einflussmöglichkeit mehr auf die Weiterentwicklung des ISO-Standards, aber sehr wohl über die Mitgliedschaft der Unternehmen in der ISO-Arbeitsgruppe ISO-TC42-WG28. Bisher sind dort neben den USA, Japan und China aus Europa lediglich Belgien, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Spanien mit Experten vertreten. »Für eine stärkere Vertretung europäischer Interessen bei der zukünftigen technologischen Ausgestaltung des Standards bedarf es dringend der aktiven Mitarbeit weiterer Bildverarbeitungsexperten aus diversen Ländern Europas in der ISO-Arbeitsgruppe, um damit das Stimmrecht ihres jeweiligen Landes wahrzunehmen«, hebt Prof. Bernd Jähne hervor.

Mitgestalten durch Mitarbeiten

Andreas Breyer ist EMVA Manager Media Relations.
Andreas Breyer ist EMVA Manager Media Relations.
© Privat

Genau dafür werben die Akteure nun. Schließlich wäre es im Interesse aller Machine-Vision-Player, die den EMVA-1288-Standard schon nutzen oder dies planen, sich hier zu engagieren. Eine möglichst große Zahl von Bildverarbeitungsunternehmen, die über ihre nationale Normungsstelle in der ISO-Arbeitsgruppe dabei sind, bedeutet ein größeres Gewicht der Branche Bildverarbeitung und geografisch des Kontinents Europa. Normungsinstitute gibt es in allen europäischen Ländern. In Deutschland ist dies das DIN, in Spanien die UNE - Asociación Española de Normalización, das British Standards Institution BSI in Großbritannien oder die Ente Italiano di Normazione (UNI) in Italien. Selbstverständlich unterstützt die EMVA interessierte Unternehmen bei den notwendigen Registrierungsschritten.

 

Der Autor:
Andreas Breyer ist EMVA Manager Media Relations.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu EMVA European Machine Vision Association

Weitere Artikel zu Bildverarbeitungs-Systeme

Weitere Artikel zu Bildverarbeitungssoftware

Weitere Artikel zu Kameras