Zuviel Röntgen kann gefährlich sein

Weniger Strahlung: Neues Radar-Röntgen erkennt Krebs schonender

1. August 2025, 10:11 Uhr | Elektronik Medical (uh)
Einrichtung einer CT-Messung des Brustoberflächenphantoms für die neue Radar-Röntgen-Methode am Freiburger Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik
© Fraunhofer EMI

Häufige Röntgendosen, etwa bei CTs von Brust- oder Lunge, können selbst krank machen. Für eine geringerer Strahlenbelastung und gute Bilder kombiniert das Fraunhofer EMI Radar mit Röntgen. Die Diagnose und Therapie bei Brust- und Lungenkrebs wird damit nicht nur schonender, sondern auch präziser.

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Bildgebende Verfahren sind in der Medizin unverzichtbar – egal ob bei der Diagnose, Therapie oder Nachuntersuchung. In der Brustkrebsfrüherkennung beispielsweise dominiert die Mammographie mit Röntgenstrahlen. Sie liefert schnelle und präzise zweidimensionale Bilder. Bei der Krebsdiagnose kommt die dreidimensionale Computertomographie (CT) zum Einsatz. Diese kann aufgrund der hohen Röntgenstrahlenbelastung selbst zu einem Gesundheitsrisiko werden.

Die Dosis macht das Gift: Zuviel Röntgen schadet

Während die natürliche jährliche Strahlenexposition bei etwa 2,1 Millisievert liegt, beträgt die Strahlenbelastung eines Brust-CTs etwa das Dreifache. Im Projekt »Multi-Med«, abgeleitet von Multimodale medizinische Bildgebung in 3D, entwickeln Fraunhofer-Forschende ein Verfahren, das Röntgen und Radar kombiniert. Es kann die Diagnose, Überwachung und Therapie von Brust- und Lungenkrebs nicht nur verbessern, sondern auch schonender gestalten.

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Radar in der Medizin: 3D und Elektrische Durchlässigkeit

Radar ist in vielen Bereichen etabliert: Flughäfen überwachen mit Radar den Flugverkehr, Autos nutzen Radarsensoren für ihre Assistenzsysteme. In der Medizin ist das Verfahren bislang ein Außenseiter. Dabei kann es ebenfalls dreidimensionale Bilder liefern – ohne gesundheitliche Risiken. Zwar hat Radar eine geringere Auflösung und Durchdringungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Verfahren. Dafür liefert es jedoch Materialinformationen, die andere Verfahren nicht direkt bieten können. Radar erkennt Unterschiede in der elektrischen Durchlässigkeit und Leitfähigkeit und kann so Gewebeveränderungen identifizieren.

Die Herausforderung besteht darin, die Messwelten beider Verfahren zusammenzuführen. Die Kollegen des Fraunhofer MEVIS haben dafür die sogenannte Co-Registrierung entwickelt, um die Bilddaten beider Systeme miteinander zu verknüpfen. Die Methode setzt die gewonnen Radar- und Röntgendaten zueinander in eine räumliche Beziehung. 

Dr. Victoria Heusinger-Heß vom Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik in Freiburg
Dr. Victoria Heusinger-Heß vom Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik in Freiburg leitet das Radar-Röntgen-Projekt.
© Fraunhofer EMI
»Der neue Ansatz hat das Potenzial, Gewebeveränderungen frühzeitig und präzise zu erkennen – und das deutlich schonender als bisher.«
Projektleiterin Dr. Victoria Heusinger-Heß vom Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI.

Multimodaler CT-Algorithmus erhöht Bildqualität 

Um die Bildqualität weiter zu verbessern und innen liegende Bereiche des Körpers mittels Radar dreidimensional darstellen zu können, arbeiten die Forschenden an neuen Radar-Rekonstruktionsalgorithmen. Sie erhöhen die Bildqualität und erfassen die Gewebeeigenschaften besser. Gleichzeitig wird die Röntgen-CT-Rekonstruktion optimiert: Radardaten fließen in die Röntgenrekonstruktion ein, so dass ein multimodaler CT-Algorithmus entsteht. Das verbessert die Qualität und Detailgenauigkeit der CT-Bilder, reduziert störende Artefakte und senkt die Strahlenbelastung.

Das Forscherteam hat bereits erste Messphantome entwickelt, um das Verfahren zu testen. Messphantome sind künstliche Modelle, die realistische Gewebestrukturen simulieren und so geeignete Signale für Radar- und Röntgenmessungen liefern.

Das Bild zeigt ein mit Radar- und Röntgendaten erstelltes digitales Abbild einer weiblichen Brust und möglicher Gewebeveränderungen, wie sie bei Brustkrebs vorkommen können.
Registrierter Datensatz aus Radar- und Röntgendaten des Brustoberflächenphantoms Erstellt mit MeVisLab
© Fraunhofer Mevis

Gewebeveränderungen früh, präzise und strahlenarm erkennen

Am Ende des dreijährigen Projekts soll ein multimodales Laborsystem stehen. Diese Test- und Entwicklungsumgebung kombiniert die Röntgen-CT-Bildgebung mit der Radar-Bildgebung für umfassendere und genauere Analysen. Die Fraunhofer-Gesellschaft fördert das dreijährige Forschungsprojekt. Unter der Leitung des Fraunhofer EMI sind die Fraunhofer-Institute für Digitale Medizin MEVIS und für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR beteiligt. (uh)


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