Ein weiteres Generation-Z-Bashing? Nein, aber auch die Altersstrukturen unter den Entwicklern verändern sich, und das hat durchaus Folgen für die Art und Weise, wie der Außendienst in der Stromversorgungs-Distribution die Bedürfnisse einer jüngeren Generation von Elektronikentwicklern wahrnimmt. Der größte Unterschied zu älteren Entwicklern scheint zu sein, dass diese junge Generation erst dann Kontakt zur Distribution aufnimmt, wenn das aus ihrer Sicht unbedingt nötig ist.
»Wenn man versucht, die zuvor zu erreichen, telefonisch, per E-Mail oder LinkedIn, dann hat man damit wenig Erfolg«, blickt Markus Zemp, Fortec Power Switzerland, auf seine bisherigen Erfahrungen in dieser Richtung zurück. »Wenn er dann mal etwas will, kann man durchaus vorbeikommen, aber zuvor wird man ignoriert.« Aus seiner Sicht ist das für das Geschäft absolut negativ, dass sich die Leute zu nichts mehr äußern wollen. »Wenn ich mal frage, wie weit sie denn jetzt sind, ob sie jetzt nicht mal Muster bräuchten, höre ich nichts«, berichtet er; »wenn sie dann welche brauchen, schreiben sie zurück, aber nicht davor«. Noch vor weniger als zehn Jahren wäre so ein Verhalten nach seinen Erfahrungen sehr ungewöhnlich gewesen. »Wenn man sich da gekannt hat, dann hat man sich im Laufe der Entwicklung immer wieder ausgetauscht.«
Oskar Czechowski, TTI, zählt sich selbst noch zu den Jüngeren in der Branche, aber auch er beobachtet zunehmend ein Verhalten jüngerer Entwickler, das er Amazon-Mentalität nennt. Mit durchaus kuriosen Blüten. »Es gibt Fälle, da werden dann irgendwann Muster geordert, aber nicht mal über Mouser, sondern über unseren eigenen Online-TTI-Shop«, berichtet er. Über die Gründe dafür kann auch er nur spekulieren: »Vielleicht möchte man diese Konfrontation Face-to-Face nicht, vielleicht traut man sich auch schlicht einfach nicht.« Natürlich gäbe es Firmen, da werden die Entwickler abgeschirmt, da bekomme man maximal den Projekt- oder den Entwicklungsleiter zu sprechen. Überrascht zeigt sich Czechowski auch davon, dass selbst Beratungen über Teams offenbar immer weniger gefragt sind, »das lief anfangs ganz gut, auch wenn zu Beginn der Pandemie noch nicht alle Kunden die nötige Hardware dafür im Homeoffice hatten, aber inzwischen scheint auch dafür kaum noch Zeit zu sein«.
Aus Sicht von Frank Stocker, Schukat electronic, besteht die aktuelle Herausforderung im Außenvertrieb darin, auf multiplen Kanälen vertreten zu sein. »Es gibt das scheue Reh, das lieber klickt als spricht, das ist ja auch völlig ok, nur müssen die Leute eben erreichbar bleiben!« Für Distributoren, die als Lösungsanbieter auftreten, bleibe der Außendienst auch in Zukunft von elementarer Bedeutung. »Online bringe ich das nur bedingt hin.« Er profitiere immer davon, mit Leuten zusammenzusitzen, »denn ich komme aus solchen Gesprächen immer mit ganz anderen Dingen raus, als vielleicht die ursprüngliche Intention in diesem Fall war.« Er ist auch weiterhin fest davon überzeugt, »dass das einen Mehrgewinn für beide Seiten bietet«. Stocker gibt aber auch zu, »dass es immer Entwickler gegeben hat und geben wird, die das nicht möchten, das muss man dann halt einfach akzeptieren«. Sein Fazit der letzten Zeit: »Die Sessions vor Ort mit den Kunden haben sich ganz stark reduziert.«
Bei Arrow Electronics hat der Außendienst nach den Worten von Uwe Saum schon allein deshalb einen ganz besonderen Stellenwert, »weil wir eben nicht nur Stromversorgungen anbieten, sondern eine Servicepalette mit über 500 Herstellern im Portfolio haben, das kann man in keinen Teams-Meetings rüberbringen, so lange will keiner vor dem Computer sitzen«. Zur Erklärung des Phänomens verweist Saum auf die aktuelle junge Generation, »die sitzen teilweise am gleichen Tisch und schicken sich Nachrichte, das ist auch deren Art, mit Freunden zu kommunizieren«. Zwar müsse man sich als Außendienst auch an die veränderten Entwicklergewohnheiten anpassen, »aber ich bin der festen Überzeugung, wenn auch diese Generation erkannt hat, welche Vorteile es hat, wenn man sich im persönlichen Kontakt vor Ort austauscht, dann wird das letztlich dazu führen, dass auch diese Generation diese Art der Betreuung annimmt«. Ganz sicher scheint er sich aber nicht zu sein – »vielleicht ist das aber auch nur eine Hoffnung meinerseits«.
Jochen Krause, Hy-Line Technology, hat die Erfahrung gemacht, dass Entwickler sehr klar Räumlichkeiten trennen. »Wenn ich zu Hause im Homeoffice bin, will ich Paperwork machen, da will ich keinen Außendienstmitarbeiter bei mir zu Hause haben, und wenn ich in der Firma bin, dann bin ich im Labor, um hardwaretechnisch das durchzumessen, was ich zu Hause nicht machen kann, und dann habe ich da nicht die Zeit, zwei Stunden einen Vertriebler zu empfangen.« Für Krause ein Problem, »denn so bekomme ich in der Kommunikation nur exakt das Scheibchen, das er mir gibt, da kann ich dann nachsehen, ob ich da was habe«. Vor Ort ergäben sich ganz andere Eindrücke – an welchen Geräten arbeitet der, welche Lasten hängen da dran, gibt es Platzprobleme, eventuell thermische Geschichten? »Das kann man vor Ort ganz anders beurteilen, ältere Entwickler wissen das und schätzen genau diese Beratungsleistung, Jüngeren fehlt da zum Teil noch das Problembewusstsein, was bei einer Stromversorgung neben Strom und Spannung noch interessant werden kann.«