«Bei uns hat das wie eine Bombe eingeschlagen, als bekannt wurde, dass Mornsun auf der Sanktionsliste des US-Außenministeriums gelandet ist«, erinnert sich Jens Egbers, MEV Elektronik Service, an die Tage nach dem 1. Mai dieses Jahres. Am Anfang dachte man bei MEV, Amerika, das betreffe einen nicht selbst, »wir hatten da keine Erfahrungswerte, wie wir uns da jetzt verhalten sollen und was zu tun ist«. Schließlich entschloss man sich wie andere Distributoren auch zu einer Nacht-und-Nebelaktion und löschte alle Mornsun-Produkte von der Homepage. Egbers Erklärung dafür: »Hätten wir diese Produkte weiter vertrieben, hätte die Gefahr für uns bestanden, selbst auf der Sanktionsliste zu landen, und dann hätten wir den Laden zumachen können.«
Natürlich, so der MEV-Manager, »hätten wir die Produkte in Europa verkaufen können, aber was passiert, wenn einer dieser Kunden seine Geräte dann vielleicht doch in die USA exportieren will?«. Man habe mit vielen Kunden gesprochen, die letztlich auch nicht wussten, was in so einem Fall zu tun sei. »Das Herausfordernde war ja, dass Mornsun ein preislich sehr interessanter Hersteller war, mit dessen Produkten wir nie qualitätstechnische Probleme hatten, Mornsun hatte ganz einfach ein gutes Produktportfolio, das sich quasi über Nacht in Rauch aufgelöst hat.«
Doch damit nicht genug – bei der Suche nach einem Ersatz musste man extrem darauf aufpassen, nicht auf einen »Hersteller« zu stoßen, der Mornsun labelt. »Da kamen ja viele chinesische Hersteller auf uns zu: Ihr sei doch Mornsun-Distributor gewesen, wir hätten da eine ansprechende Produktpalette, wollt ihr nicht unsere Produkte in Europa vertreiben?« Wie kritisch das war, lässt sich für Egbers daran ablesen, »dass die Kunden schon gefragt haben, ist das ein chinesischer, ein taiwanesischer Hersteller, steht der auf der Sanktionsliste, da ist absolut was hängen geblieben«.
Aus Sicht von Frank Stocker, Schukat electronic, war das Mornsun-Desaster ein nicht zu verhinderndes Szenario aus Distributionssicht, das gelte aber auch für die Kunden. »Wir haben ja in früheren Gesprächsrunden dieser Art auch immer wieder über Second und Third Source gesprochen, und dann waren das auf einmal keine wirklichen Alternativen, sondern die Kunden hatten quasi drei Versionen ein und desselben Produkts in ihr Gerät eindesignt, die sind aus allen Wolken gefallen!« Für den Kunden sei das schlimm, eine Art Worst Case«, so Stocker, »auf der anderen Seite ist das, was da passiert ist, schon ein sehr skurriles Szenario gewesen«.
Markus Zemp, Fortec Power Switzerland, ist der Ansicht, »dass das, was Mornsun passiert ist, im Prinzip jedem Hersteller passieren kann, wenn er eben nicht darauf achtet, dass es nicht passiert«. Aus diesem Grund will er auch nicht ausschließen, dass sich Ähnliches in Zukunft wiederholt. »Wir sind den Umgang mit internationalen und regionalen Normen und Verordnungen gewöhnt, aber Sanktionen kann man nicht planen.« Dass Mornsun je unter seinem alten Namen in Europa wieder einen Fuß auf den Boden bekommt, bezweifelt er, »das ist verbrannte Erde, die Kunden erinnern sich an die Probleme, die sie hatten, den Riesenaufwand bei der Suche nach Alternativen, das wollen sie auf jeden Fall vermeiden«. Ob es unter einem neuen Namen klappen könnte, wie es in den letzten Monaten versucht wird, möchte er nicht beurteilen. Für die Distribution bedeutet der Fall Mornsun auf jeden Fall, »unsere Lieferanten in Zukunft noch genauer zu prüfen, aber wirklich vermeiden wird sich so ein Fall wohl auch in Zukunft nicht lassen, da spielen zu viele Faktoren eine Rolle, auf die wir keinen Einfluss haben«.