»Wir sind auf die Distributoren angewiesen, vor allem bei Low-Volume/High-Mix, weil die Hersteller ihre Volumina immer weiter vergrößern. Wir müssen also die Lieferkette zwischen uns und Distributoren noch weiter automatisieren«, fordert Weber. Die meisten EMS-Firmen in Zentraleuropa kaufen im Gegensatz zu den großen asiatischen EMS-Massenfertigern beim Distributor, weil sie meist nicht genügend Volumen haben, um direkt vom Hersteller beliefert zu werden. Die Distributoren können aber nur die Ware verteilen, die sie von den Herstellern bekommen. Albrecht Faber, Geschäftsführer von bebro electronic, sieht daher die Hersteller in der Pflicht: »Es gibt den Trend, dass Hersteller werthaltige Bauteile über Exklusivdistribution abwickeln und somit monopolistische Strukturen schaffen und die Verknappung zusätzlich befeuern. Die Distribution ist in dieser Situation nur ausführendes Organ. Getrieben wird das von den Herstellern.«
Die Konsolidierung unter den Halbleiter-Hersteller hat auch im Zuliefer-Netzwerk zu maßgeblichen Änderungen geführt. Große Halbleiter-Player haben ihre Franchises entweder exklusiv vergeben oder die Distributionspartner reduziert. Nicht jeder Kunde findet das schlecht: »Exklusive Franchises haben Vorteile«, sagt zum Beispiel Arthur Rönisch. Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite, die Oliver Seifert, Geschäftsführer von Neways Riesa, so zusammenfasst: »Es geht um Angebot und Nachfrage. Es gibt immer weniger Hersteller, die können Preise setzen und Angebote verknappen, indem Kapazitäten aus Rentabilitätsgründen vom Markt verschwinden.« Wenn, bedingt durch die Verknappung, die Preise anziehen, investieren die Hersteller in neue Kapazitäten. Das zeige sich bereits an der derzeit steigenden Produktion von Halbleiter-Equipment und lässt hoffen, dass sich die Situation in den nächsten sechs Monaten entspannt. Momentan ist sogar der Gebraucht-Equipment-Markt für Halbleiter-Fabs laut Dr. Peter Schmitt, Business Director der CCS Gruppe, »leergefegt«.
Das alles führe dazu, dass bei der Zuteilung von Bauteilen, »gnadenlos priorisiert wird«, sagt Schmitt und bringt das Problem auf den Punkt: »Die europäische Investitionsgüterindustrie, die vor allem in Zentraleuropa angesiedelt ist, steht nicht im Fokus der global tätigen Komponenten-Hersteller. Wenn man davon ausgeht, dass es laut Prognosen in vier Jahren dreimal so viele Internetanschlüsse weltweit gibt wie heute und entsprechende Daten-Center, die die dann anfallenden Daten sammeln und verarbeiten, wird schnell klar, wo der Fokus der großen Halbleiter-Hersteller heute und in Zukunft liegt«.