Je schneller die Signale und je niedriger die Versorgungsspannungen werden, desto empfindlicher reagieren ICs auf ESD-Transienten. Je höher die Vernetzung der Geräte untereinander, desto wichtiger wird es, jedes einzelne davon gegen ESD zu schützen.
Was ist bei der Auswahl der richtigen Komponenten zu beachten?
Da sich das Internet der Dinge (IoT) immer weiter ausdehnt, erwarten Analysten, dass in den nächsten Jahren Dutzende von Milliarden vernetzter elektronischer Geräte online gehen werden. Vermutlich wird die Gesamtzahl der elektronischen Geräte im täglichen Leben sogar noch höher sein. Viele dieser Geräte dürften in unserem Leben wichtige Funktionen übernehmen, beispielsweise Unterhaltungselektronik für die Heimautomatisierung. Andere könnten tief und unsichtbar eingebaut sein, etwa in Autos und smarten Gebäuden. All diese Geräte reagieren empfindlich auf elektrostatische Entladungen (Electrostatic Discharge, ESD). Da das IoT immer mehr Dinge miteinander verbindet, um Netze von Netzen zu bilden, könnte jeder Teil dieser Milliarden von Systemen problematisch werden. Umso wichtiger ist es, den ESD-Schutz für diese Geräte sorgfältig zu planen.
Sogar nachdem eine Leiterplatte montiert und in ein Gerät integriert worden ist, bleibt ESD eine der Hauptursachen für Fehlfunktionen. Moderne integrierte Schaltkreise sind so robust konzipiert, dass Fehlfunktionen während des Betriebs kaum auftreten können. Daher bilden die Betriebsbedingungen die größte Herausforderung. Während Ingenieure extreme Umgebungsbedingungen wie Feuchtigkeit, Temperatur und Vibration berücksichtigen können, bleibt ESD weitgehend unvorhersehbar. Daher ist es am besten, die Geräte angemessen vor elektrostatischer Entladung zu schützen.
Normen wie IEC 61000-4-2 definieren Schutzgrade, die von der Stärke der für die Prüfung verwendeten Entladungsspannung abhängen. So definiert IEC 61000-4-2 für den Schutzgrad 1 eine Entladungsspannung von ±2 kV für eine Kontakt- sowie für eine Luftentladung, während Schutzgrad 4 eine Kontaktentladung von ±8 kV und eine Luftentladung von ±15 kV vorschreibt. Damit die Ergebnisse reproduzierbar sind, sind auch die Entladungsmethode und die Form der Testtransienten genau festgelegt. Das Human-Body-Modell (HBM) wird häufig für Testzwecke verwendet und ist in Normen wie MIL-STD-883 und JEDEC JS-001 festgeschrieben.
In der Branche sind die gelb-schwarzen Warnsymbole, mit denen die Hersteller elektrostatisch empfindliche Bauelemente kennzeichnen, weit verbreitet. Integrierte Schaltkreise, deren Transistoren in einer CMOS-Technologie hergestellt werden, sind bekanntermaßen sehr empfindlich. Ferner ist zu bedenken, dass mit sinkenden Versorgungsspannungen – eine weit verbreitete Praxis, um den Energiebedarf zu senken – der ESD-Schutz der Bauelemente ebenfalls abnimmt.
Fast alle Universal-ICs heute basieren auf CMOS-Prozessen, und bei einigen von ihnen liegt die Versorgungsspannung bei 1 V oder sogar darunter. Dadurch werden sie noch empfindlicher für die Auswirkungen von ESD-Transienten. Sind sie einer Entladung mit hohen Spannungen und Strömen ausgesetzt, können Teile eines IC sofort zerstört oder geringfügig beschädigt werden, sodass sich ihre Betriebsdauer deutlich verkürzt. Aufgrund dieser unterschiedlichen Schweregrade wird es zunehmend schwieriger, den Gesundheitszustand (State of Health) einer integrierten Schaltung zu beurteilen.
Transienten können schnell abklingen, ohne irgendwelche Schäden zu verursachen, sie können Chipstrukturen aber auch irreparabel zerstören. Bedingt durch die Beschaffenheit des Substrats, des Leadframes und des Chipgehäuses ist es schwierig, im IC selbst einen angemessenen ESD-Schutz zu integrieren. Somit muss dieser extern montiert und so platziert werden, dass er die Entladung sofort abfängt. Daher ist der Schutz üblicherweise so nah wie möglich an der empfindlichen Stelle anzubringen.
Da sich die Entwurfsmethoden ständig ändern, ist es wichtig zu verstehen, wie sich diese Änderungen darauf auswirken können, welche Art von Schutz zu wählen ist. Oft stehen mehrere Optionen zur Verfügung, aber einige Designmerkmale wie serielle Hochgeschwindigkeitsbusse schränken die Wirksamkeit oder Anwendbarkeit einiger ESD-Bauelemente ein. Parameter wie Einfügedämpfung und Durchbruchspannung müssen im Hinblick auf die Charakteristika der zu schützenden Signale bewertet werden, um innerhalb der Funktionsreserve zu bleiben.
ESD-Schutzelemente basieren entweder auf Halbleitern in Form von Transient-Voltage-Suppressors – im Grunde Dioden – oder auf keramischen Materialien in Form von Varistoren. Moderne Varistoren sind in der Regel Vielschicht-Bauelemente (Multi-Layer-Varistors). Diese haben eine gewisse Kapazität, die zwar nützlich sein kann, aber auch das Schaltverhalten bei High-Speed-Bussen verschlechtern kann. Gibt es keine solche Beschränkung bei der Kapazität, eignen sich Keramik-Vielschichtkondensatoren (Multi-Layer-Ceramic-Capacitors, MLCCs) auch für den ESD-Schutz.
Sowohl die TVS- als auch die MLV-Technologie sind technisch ausgereift und haben vergleichbare elektrische Eigenschaften. Für Anwendungen mit niedrigen Spannungen und langsamen Signalen eignen sich TVS- und MLV-Schutz gleich gut, aber für Anwendungen mit schnellen Datensignalen sollten Entwickler einen ESD-Schutz mit geringerer Kapazität bevorzugen. Dies würde für den Einsatz von TVS-Dioden sprechen, insbesondere wenn der Spannungspegel auf den Signalleitungen niedrig ist. Ursache dafür ist, dass diese Bauelemente eine niedrigere Durchbruchsspannung haben und während einer Transiente frühzeitiger schützen können. Für Anwendungen mit höheren Spannungen ist ein MLV-Bauelement vorzuziehen, da es robuster gegen hohe Spannungen ist und eine höhere Durchbruchspannung als TVS-Dioden hat.
Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, ob halbleiterbasierte TVS- oder keramikbasierte MLV-Komponenten verwendet werden sollen, spielt die Einfügedämpfung, bedingt durch die Kapazität. In vielen Fällen dürften beide Alternativen weitgehend untereinander austauschbar sein, aber in der jeweiligen Einfügedämpfung unterscheiden sie sich. Für ein Signal mit 1 Mbit/s sollte das Schutzbauelement beispielsweise eine niedrige Einfügedämpfung bei einer Frequenz von 0,5 MHz aufweisen. Dies wird im Datenblatt ausführlicher erklärt.
Außerdem lässt sich die Kapazität von Varistoren nutzen, um auf Schaltungsebene gegen elektromagnetische Störungen (EMI) vorzugehen. Bislang wird diese Eigenschaft nur selten genutzt. Da die Hersteller jedoch immer ausgefeiltere Fertigungsverfahren entwickeln, können sie die Toleranz der Kapazität bei Varistoren besser steuern. Damit kann die Kapazität als Teil des EMI-Filters verwendet werden. So kann die Kapazität eines MLV von 1 bis über 100 pF reichen, bei Super-High Capacitance-Varistors (SHCVs) sogar noch höher als bei einer TVS-Diode.
Aufgrund der Art und Weise, wie beide Bauelemente transiente Überspannungen absorbieren, können Ingenieure TVS- und MLV-Komponenten in vielen Anwendungen alternativ einsetzen. Oft sind sie ähnlich groß und nehmen eine kompatible Grundfläche auf der Leiterplatte ein. Aufgrund ihrer geringen Baugröße lassen sie sich in der Nähe des Punktes platzieren, an dem ESD von außen eindringen kann, zum Beispiel an einer offenen Schnittstelle oder einem Ladeanschluss.
Wie das Diagramm in Bild 3 zeigt, decken MLVs einen breiteren Anwendungsbereich ab als TVS-Dioden und sind sowohl in Ausführungen für den gewerblichen als auch für den Automobilbereich erhältlich. Die folgenden Überlegungen können Entwicklern helfen, detaillierter zu vergleichen.
Elektrostatisch empfindliche Bauelemente brauchen einen Schutz gegen transiente ESD-Ereignisse. Da die Versorgungsspannungen sinken und die Datenraten steigen, bestimmen die Betriebsbedingungen, wie die Schutzmaßnahmen zu konzipieren sind. Einfügedämpfung und parasitäre Kapazität werden immer wichtiger und müssen zunehmend berücksichtigt werden.
Durch verbesserte Herstellungsprozesse lassen sich die Toleranzen für die Kapazität von MLVs besser steuern. Dadurch können Entwickler sie nicht nur als ESD-Schutz, sondern gleichzeitig auch als EMI-Filter verwenden, was Kosten und Platz auf der Leiterplatte spart.
TDK Electronics bietet sowohl TVS-Dioden als auch MLVs an. Entwickler können also die am besten für ihre Anwendung geeignete Lösung für alle kritischen Punkte auf einer Leiterplatte von nur einem Anbieter auswählen. Je mehr Geräte untereinander vernetzt sind, desto wichtiger wird es, jedes einzelne davon vor ESD zu schützen.