Durch den Einsatz von recyceltem Kunststoff, optimierten Goldbeschichtungen und energieeffizienter Fertigung können Steckverbinder heute nachhaltig sein – ohne Qualitätseinbußen. Die neue Generation »grüner Steckverbinder« ist technisch voll belastbar und auch wirtschaftlich!
Die Vermutung, dass der Einsatz ressourcenschonender Materialien mit einem gewissen Maß an Qualitätsverlust einher geht, ist schlichtweg ein Irrglaube. Inzwischen ist es möglich, qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen herzustellen. Doch was sind die entscheidenden Stellschrauben? Um eine hohe Produktqualität auch bei nachhaltigen Artikeln zu gewährleisten, ist eine sorgfältige Materialauswahl unerlässlich.
Der aus Kunststoff bestehende Isolierkörper ist die erste von zwei essenziellen Komponenten eines Leiterplattensteckverbinders. Er verhindert durch ausgezeichnete Isolationseigenschaften Kriechströme zwischen den einzelnen Kontakten und schützt somit vor Durchschlägen und Kurzschlüssen.
Häufig finden für diese Applikation technische Polyamide Verwendung. Hier besteht die Möglichkeit, ein Rezyklat zu verwenden, was aber in anspruchsvollen Anwendungsgebieten zu Herausforderungen führt. Einige Zertifikate mechanischer und elektrischer Natur müssen neu nachgewiesen werden, wie auch die Flammschutzklasse. Eine Zertifizierung in diesem Bereich stellt sicher, dass das Material selbstlöschend auf Flammen reagiert und in der Elektronikbaugruppe flammhemmend und nicht brandbeschleunigend wirkt. Obwohl das Regranulat aus einem sortenreinen Grundmaterial hergestellt wird, ist eine separate UL-Zertifizierung für beide Kunststoffe erforderlich. Dieser Zertifizierungsprozess nimmt Zeit in Anspruch und setzt in der besten Klassifizierung eine hohe Performance des Materials voraus. Demzufolge sind beim Regranulieren viel Know-how und eine gute Qualitätssicherung gefragt.
Für Hersteller empfiehlt sich ein Kreislaufprozess, welcher Produktionsreste und –abfälle der Wiederverwertung hinzuzieht. Prädestiniert hierfür sind Angüsse, welche beim Spritzgießen mit Kaltkanal entstehen. Gerade im Bereich der Polyamide, heißkanalunfreundlicheren Kunststoffen, ist dies der regelmäßige Fall. Um hier das richtige Verhältnis zwischen Regranulat und Neuware zu finden, ist eine Mischung aus beidem eine gute Option. Dadurch wird ein gleichmäßiges Qualitätsniveau gefördert. Des Weiteren muss das Regranulat dieselben mechanischen Werte gegenüber dem Ursprungsmaterial aufweisen.
Um die Geradheit, Biegesteifigkeit und Kerbschlagzähigkeit der spritzgegossenen Bauteile zu gewährleisten, wird die Kunststoffneuware mit einem hohen Anteil an Glasfasern verstärkt. Dieser hohe Glasfaseranteil stellt jedoch beim herkömmlichen Regranulierungsprozess eine Herausforderung dar, da die Glasfasern mit jedem Spritzgießvorgang verkürzt werden. Diesem Problem kann man durch das Beifügung neuer und längerer Glasfasern beim Regranulierungsprozess entgegenwirken. Eine häufige Wiederholung dieses Prozesses führt jedoch zu einem Anstieg des Glasfaseranteils im Material, was die Fließfähigkeit im Spritzgießprozess negativ beeinflußt und die Sprödigkeit des Endprodukts erhöht. Daher ist es entscheidend, verkürzte Glasfasern während des Regranulierens aus dem Material herauszufiltern. Dieser zusätzliche Schritt macht die Regranulierung zwar komplexer, ermöglicht jedoch eine Qualität, die in allen mechanischen Kennwerten mit der Neuware vergleichbar ist.
Die erreichte Kreislaufwirtschaft reduziert den Verbrauch des frischen Granulats und damit auch den Bedarf an Rohöl, was zu einem verringerten CO2-Fußabdruck des Regranulats führt. In einem nachgewiesenen Praxisbeispiel konnte Fischer Elektronik mit seinen grünen Steckverbindern der Serie f.ECOcon den Product Carbon Footprint (PCF) des Kunststoffs um nahezu 95 Prozent der ursprünglichen CO2-Äquivalente senken.
Vergoldete Kontakte sind ein unverzichtbarer Bestandteil in der Elektronik, insbesondere aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften in Bezug auf Korrosionsschutz, elektrische Leitfähigkeit und mechanische Widerstandsfähigkeit. Eine goldene Veredelung ermöglicht zudem eine gute Lötbarkeit, unabhängig vom verwendeten Lötverfahren.
Ehemals stellte eine Goldschichtstärke von 0,2 µm Gold den Industriestandard bei Leiterplattensteckverbindern dar. Angesichts des kontinuierlichen Anstiegs der Goldpreise haben jedoch viele Hersteller die Schichtstärke auf Hauchvergoldungen reduziert. Obwohl diese eine kostengünstige Alternative darstellen, sind sie im hinsichtlich ihrer Peak-Performance kritisch zu überdenken. Die Dicke einer Flash-Goldschicht ist häufig so gering, dass sie unter 0,01 µm liegt, was zu einer rissigen Außenstruktur führt und die darunterliegende Nickelsperrschicht unzureichend schützt. Obwohl Nickel in normalen Umgebungen diversen Außeneinwirkungen gegenüber resistent ist und nicht an der Luft oxidiert, kann sich bei Funkenbildung, wie sie bei Steckvorgängen unter Last auftreten kann, eine Nickeloxidschicht bilden. Diese Oxidschicht erhöht den Widerstand zwischen der Stift-Buchsen-Paarung und führt zu einer unerwünschten Stromhemmung, welche die elektrische Leitfähigkeit der Verbindung immens beeinträchtigt. Darüber hinaus bietet eine Hauchvergoldung nur unzureichenden Schutz bei mehrfachen Steckvorgängen. Daher ist eine dickere Goldschicht in Anwendungen mit hohen Strömen von entscheidender Bedeutung.
Um die Brücke zwischen Materialschonung und gleichzeitig qualitativer Performance zu schlagen, sind Goldschichtstärken im Bereich von 0,1 µm anzustreben. Das im Abbau äußerst energieintensive Gold wird auf diese Art zu 50 Prozent eingespart, und qualitativ sind die einzigen Veränderungen im Bereich der Steckzyklenanzahl zu beachten. Letztendlich muss hier die Endanwendung über die geforderte Qualität bestimmen. Alternativ lässt sich auch eine verzinnte Oberfläche mit einem nachhaltigen Steckverbinder kombinieren.
Der bereits oben erwähnte Product Carbon Footprint eines jeden Artikels wird stetig wichtiger, insbesondere im Kontext des gesamten CO2-Fußabdrucks eines Unternehmens (CCF, Corporate Carbon Footprint). Er gibt Aufschluss über die freigesetzte Menge an CO2 während des gesamten Herstellungsprozess eines Artikels. Bei der Analyse der indirekten Treibhausgasemissionen, dem sogenannten Scope 3, wird auch der Einfluss von vergleichsweise kleinen Komponenten, wie Steckverbindern, im Fußabdruck des Endprodukts berücksichtigt. Ein Zusammenspiel von Hersteller und Endanwender ermöglicht es, den PCF von Leiterkartensteckverbindern im Schnitt um 55 Prozent zu senken. Wesentlich spielen hier die Einsparung des Goldes und die Verwendung des Rezyklates mit ein. Dazu halten sich Hersteller an die oben genannten Möglichkeiten der Ressourcenschonung. Gleichzeitig muss der Endanwender seine genauen Anforderungen definieren, um eine Überdimensionierung in Performance und somit auch in Material zu verhindern. Neben der reinen Einsparung von Materialien sind Hersteller ebenfalls in der Lage, durch Prozessoptimierung Herstellkosten und CO2-Äquivalente einzusparen. Die Implementierung fortschrittlicher Spritzgusstechnologien für die Isolierkörper von Steckverbindern ermöglicht es, durch den Einsatz vollelektrischer Maschinen signifikante Energieeinsparungen im Vergleich zu hydraulisch gesteuerten Maschinen zu erzielen. Durch die gezielte Anwendung optimierter Schließkraft- und Temperierungstechnologien können im Spritzgießprozess bis zu 50 Prozent der CO2- Äquivalente eingespart werden.
Fischer Elektronik hat es durch die Kombination einer vollelektrischen Spritzgießmaschine mit moderner Photovoltaiktechnologie erreicht, in den Sommermonaten die Produktion von Leiterplattensteckverbindern autark zu gestalten.
Seit dem 1. Januar 2024 sind Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitenden verpflichtet, ihre CO2-Emissionen in Form eines Nachhaltigkeitsberichts offenzulegen. Ab dem Jahr 2026 wird zudem eine Vielzahl produzierender Unternehmen gemäß der »Corporate Sustainability Reporting Directive« (CSRD) berichtspflichtig sein. Diese Berichtspflicht fördert eine nachhaltigere Unternehmenspraxis, indem sie die Firmen anregt, ihre Fertigungsstrategien zu überdenken, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und somit zur Minderung des Klimawandels beizutragen.
Auch wenn ein Steckverbinder als eine kleine Komponente in einer großen Endanwendung erscheint, fertigen Hersteller mehrere Millionen jährlich. Dadurch ergibt sich ein großes Potenzial, den Klimawandel zu verlangsamen. Die Schonung von Ressourcen, Wiederverwendung von Materialien und korrekt angewandtes Recycling haben nicht nur einen positiven Einfluss auf die Emissionen, in preissensiblen Projekten machen sie einen entscheidenden ökonomischen Unterschied.