Von der versteckten Sitzheizung bis hin zur sich verändernden Farbe zukünftiger Autos – der Einsatz gedruckter und organischer Elektronik im Automobil- und Automotive-Bereich ist vielfältig und bietet für die Zukunft noch viele neue nützliche Anwendungsmöglichkeiten.
Gedruckte Elektronik ist heute schon fester Bestandteil und Innovationstreiber im Fahrzeugbau und für die Mobilität der nächsten Generation unverzichtbar«, stellte Wolfgang Mildner, General Chair der Lopec und CEO des Beratungs- und Technologieunternehmens MSWtech, anlässlich der diesjährigen Lopec Anfang März fest. Gedruckte Elektronik ist so flexibel und dünn, dass sie sich in beliebige Objekte und Oberflächen unauffällig integrieren lässt. Außerdem trägt sie dank ihrer Kompaktheit zur Gewichtsreduktion von Fahrzeugen bei. Zu den mittlerweile etablierten Anwendungsbeispielen zählen inzwischen etwa Sitzbelegungssensoren für die Airbag-Steuerung, Oberflächen mit Touch-Funktion als Alternative zu mechanischen Knöpfen sowie neuartige Leucht- und Heizkonzepte.
Einsatz im Automobil- und Automotive-Bereich fand gedruckte Elektronik schon vor über zehn Jahren, nur war sie damals integriert, etwa in Fahrzeugsitzen, sie war nicht direkt für den Fahrzeugnutzer erfahrbar. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, vor allem mit Touch-Funktionen ist sie inzwischen für Fahrer und Passagiere im Fahrzeug direkt erfahrbar. »Gedruckte Elektronik kommt seit vielen Jahren und inzwischen in Millionenstückzahlen im Auto zum Einsatz«, versichert Dr. Klaus Hecker, Geschäftsführer des Branchenverbands OE-A. »Für den Automobilbereich wird der flexiblen, organischen und gedruckten Elektronik ein starkes Wachstum prognostiziert. Marktstudien gehen inzwischen davon aus, dass der Markt bis zum Ende des Jahrzehnts von heute über 1 Milliarde US-Dollar auf 5 Milliarden US-Dollar anwachsen wird.«
Speziell im Zusammenhang mit der Elektromobilität hat das Thema Heizen über gedruckte Elektronik eine ganz neue Bedeutung bekommen. Die fehlende Abwärme des Verbrennungsmotors erfordert leistungsfähige Alternativen. Gedruckte Heizfolien, so Dr. Hecker, können nicht nur in die Sitze, sondern auch flächig in die Tür- und Innenraumverkleidungen integriert werden und steigern durch ihre hohe Effizienz auch indirekt die Reichweite des Fahrzeugs bei gleicher Batteriekapazität.
Wo Chancen liegen, lauern aber auch Gefahren, die aber auch durch dünne, flexible und gedruckte Elektronik gemindert werden können. Hitze kann immer auch eine Gefahr darstellen. Aus diesem Grund hat beispielsweise Henkel auf der diesjährigen Lopec Tinten mit Überhitzungsschutz für den Druck von Sitzheizungen angeboten. Über die spezielle Zusammensetzung der Tinte lässt sich eine Maximaltemperatur einstellen, sodass die Sitzheizung zum Beispiel bei 60 °C automatisch abschaltet. Eine Technik, die sich auch für die sichere Innenraumbeheizung von E-Fahrzeugen einsetzen lässt.
InnovationLab empfiehlt gedruckte Heizelemente daher nicht nur für Sitze, sondern auch für Lenkräder, Armlehnen und andere körpernahe Flächen. Mit transparenten gedruckten Heizelementen will man bald schon auch Windschutzscheiben und Scheinwerfer vor Vereisen und Beschlagen schützen. Machbar sind auch hinterleuchtete Heizelemente im Innenraum der Fahrzeuge. Mit gedruckten Heizfolien lässt sich auch die Batterie im E-Auto vorwärmen, um deren Leistung und Lebensdauer zu erhöhen. InnovationLab hat dazu ein Batterie-Monitoring-System aus gedruckten Temperatur- und Drucksensoren entwickelt, welches die Zustände in den Zellen erfasst und damit die Batterieoptimierung unterstützt.
Der luxemburgische Hersteller IEE bietet für das Batterie-Balancing Komplettlösungen aus gedruckten Sensoren und anderen Komponenten an, die das Spannungsniveau der vielen Zellen in einer E-Auto-Batterie überwachen und den Ladungsausgleich herstellen. IEEs Portfolio umfasst auch Batterie- und Sicherheitssensoren, die eine drohende Überhitzung oder andere gefährliche Zustände in der Batterie rechtzeitig registrieren. Beim autonomen Fahren wiederum ist die Hands-on/off-Detection (HOD) von IEE ein Muss. Damit erkennt ein gedruckter Multizonen-Sensor, ob der Fahrer das Lenkrad fest im Griff hat oder es nur leicht oder gar nicht berührt – Informationen, die entscheidend sind für den sicheren Wechsel vom automatisierten in den manuellen Fahrmodus.
Dr. Janusz Schinke, CEO der InnovationLab-Ausgründung Flexoo, setzt darauf, dass die Zukunft der gedruckten und organischen Elektronik im Automobilbereich in der Entwicklung von intelligenten Innenraummaterialien liegt, »die auf Umweltveränderungen oder die Bedürfnisse der Insassen reagieren können«. Aus seiner Sicht könnten diese innovativen Technologien dazu beitragen, die Funktionalität des Fahrzeugs selbst weiter zu erhöhen und sowohl die Benutzererfahrung selbst als auch deren Sicherheit weiter zu verbessern.
Gedruckte und organische Elektronik wird dabei in Zukunft nicht nur etwa in Form großer, gewölbter OLED-Displays, die sich über das gesamte Armaturenbrett erstrecken, oder in Form neuer Lichtkonzepte im Fahrzeug zum Einsatz kommen, wie Dr. Hecker versichert, sie könnte auch auf sehr spektakuläre Art und Weise den Look von Fahrzeugen in Zukunft gestalten. E Ink, das erste Milliarden-Dollar-Unternehmen der gedruckten und organischen Elektronik und vor allem bekannt für sein »elektronisches Papier«, hat Anwendungsbeispiele wie selbsttönende Scheiben, digitale Beschilderung und elektrische Nummernschilder entwickelt. Die spektakulärste Möglichkeit dürfte sicher darin liegen, die Farbe und Muster eines Autos auf Knopfdruck zu verändern – wie das aussehen könnte, hat E Ink zusammen mit BMW bereits eindrucksvoll bewiesen.