Mikrotechnologie für Cochlea-Implantate: Fraunhofer- und Max-Planck-Forschende entwickeln optogenetische OLED-auf-CMOS-Chips, die den Hörnerv durch winzige Lichtemitter präzise stimulieren und eine höhere Frequenzauflösung versprechen - und damit Hörverlust deutlich besser ausgleichen.
Im Inneren des menschlichen Ohrs könnte bald eine neue Technologie zum Einsatz kommen und damit Millionen Schwerhörigen wieder besser hören lassen: Forschende des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) und des Max-Planck-Instituts für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT) haben im Rahmen des Projekts »NeurOpto« optische Stimulatoren auf OLED-auf-CMOS-Basis für Cochlea-Implantate entwickelt.
Die OLED-auf-Silizium-Technologie ermöglicht es, winzige, präzise steuerbare Leuchtpixel auf einem Chip zu platzieren. Dr. Uwe Vogel vom Fraunhofer IPMS erklärt: »Mit der OLED-auf-Silizium-Technologie können wir winzige, örtlich gezielt steuerbare Leucht-Pixel auf einen Chip bringen. Dieser Chip kann flexibel gestaltet werden, um auch in gekrümmten Strukturen, wie der Hörschnecke (Cochlea), die gewünschten Stellen zu erreichen«.
Die Technologie basiert auf der Optogenetik, bei der lichtempfindliche Proteine in Zellen eingebracht werden, um deren Aktivität mit Lichtimpulsen zu steuern. Im Falle der Cochlea-Implantate ermöglicht dies eine präzisere Stimulation der Hörnervenzellen.
Aktuelle Cochlea-Implantate haben Einschränkungen bei der Frequenzauflösung. Nutzende berichten häufig über Probleme bei der Spracherkennung in lauten Umgebungen oder beim Musikgenuss. Die neue optisch-basierte Technologie verspricht eine deutliche Verbesserung:
Technische Herausforderungen
Obwohl die Forscher bereits bedeutende Fortschritte erzielt haben, gab es bis dato einige Hürden zu überwinden: Die nötige Helligkeit und der Integrationsgrad konnten im Verlauf des Projekts erfolgreich demonstriert werden. Allerdings sind Biegsamkeit und biologische Verträglichkeit derzeit noch nicht verifiziert. Die verwendete Silizium-Mikrotechnologie hat jedoch gezeigt, dass diese Eigenschaften prinzipiell erreichbar sind. Mit weiterem Forschungs- und Entwicklungsaufwand erscheinen sie daher auch hier machbar.
Prof. Tobias Moser vom MPI-NAT sieht weitreichende Anwendungsmöglichkeiten: »Auf optischer Stimulation beruhende intelligente implantierbare Stimulatoren könnten auch für andere medizinische Therapien wie Kehlkopfschrittmacher, Herzschrittmacher, Schmerzkontrolle, Netzhautimplantate oder Tiefenhirnstimulation eingesetzt werden«.
Die Technologie befindet sich noch in der Entwicklungsphase, zeigt jedoch vielversprechendes Potenzial für die Zukunft der neurosensorischen Therapien. Mit weiterer Forschung und Entwicklung könnte sie einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung von Hörverlust und anderen neurosensorischen Erkrankungen darstellen. (uh)