Zoom-In, Zoom-Out: Forschende aus Florida haben ein neuartiges KI-gestütztes Tool entwickelt, das hochauflösende 3D-Karten von Mäusegehirnen erstellt. Die Software MetaVision3D verspricht neue Einblicke in neurodegenerative Erkrankungen und soll helfen, gezielte Therapien zu entwickeln.
Auch wenn tausende Wissenschaftler weltweit mit viel Geld forschen - noch sind Alzheimer und Parksinson nicht heilbar. Das neue KI-gestützte Tool MetaVision3D der Universiät Florida soll die Suche nach effektiven Therapien mit neuen Perspektiven ganz tief in den menschlichen Schädel unterstützen.
Das von einem Forscherteam unter der Leitung von Dr. Ramon Sun entwickelte Tool läßt Ärzte und Wissenschaftler durch das Gehirn navigieren wie durch Google Earth - von der Vogelperspektive bis hinunter auf molekulare Ebene. Die durchaus als bahnbrechend zu bezeichnende Technologie generiert hochauflösende 3D-Karten des Mäusegehirns und erlaubt es, bis ins kleinste Detail zu zoomen und die Verteilung von Molekülen zu untersuchen, die für die Energieproduktion und Gehirnfunktionen verantwortlich sind.
Der Sprung von 2D- zu 3D-Darstellungen des Gehirns wird von Dr. Sun mit dem Übergang vom Klapphandy zum Smartphone verglichen. Um diesen Fortschritt zu erreichen, scannte sein Team 79 Hirnschnitte Schicht für Schicht mit einem hochmodernen Bildgebungsgerät. Dieses identifizierte und zählte Moleküle wie Fette und Kohlenhydrate, die für die Gehirnfunktion essentiell sind.
Anschließend nutzte das Team künstliche Intelligenz, um diese Bilder auszurichten und zu einem vollständigen 3D-Modell des Gehirn-Metaboloms zusammenzusetzen. Das Metabolom umfasst Tausende von Molekülen, die Energie für die Gehirnfunktionen bereitstellen. Das KI-Tool erstellt davon einen präzise räumliche Organisation und Verteilung von tausenden Metaboliten im Gehirn, die Genauigkeit der räumlichen Zuordnung liegt zwischen 95 Prozent und 99 Prozent.
Die Entwicklung von MetaVision3D bringt Wissenschaftler einen großen Schritt näher an ein umfassendes Verständnis der Rolle des Stoffwechsels bei Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen. Als Proof-of-Principle erstellte das Team einen interaktiven 3D-Atlas sowohl von normalen Mäusegehirnen als auch von Mausmodellen für Alzheimer und Morbus Pompe, einer seltenen genetischen Erkrankung.
»Mit unserer Methodik können wir Tausende von Molekülen im Gehirn kartieren und genau lokalisieren, wo sie sich in jeder Hirnregion befinden. Das ist beispiellos.« |
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Dr. Ramon Sun, Direktor des »Center for Advanced Spatial Biomolecule Research«, University Florida |
Für die Förderung der medizinischen Forschung hat Dr. Suns Labor seine Datenbank und den Webserver öffentlich zugänglich gemacht. Dies soll Wissenschaftlern weltweit helfen, die Verbindungen zwischen Stoffwechsel und Geist zu erforschen.
Die Präzision und der Detailreichtum der 3D-Karten eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung gezielter Behandlungen. Zukünftig könnten Forschende das Kartierungstool mit etablierten MRT-Bildgebungsverfahren und genetischen Analysen kombinieren, um Therapien zu entwickeln, die präzise auf bestimmte Hirnareale abzielen. Dies soll im Gegensatz zu aktuellen Behandlungen verhindern, auch gesunde Hirnbereiche zu beeinflussen.
Die Entwicklung von MetaVision3D markiert einen Wendepunkt in der Hirnforschung. Mit der Fähigkeit, das Gehirn auf molekularer Ebene zu kartieren und zu visualisieren, öffnet sich wahrscheinlich ein neues Kapitel für das Verständnis und die Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen. (uh)