Mit Emtron haben Sie sich als klarer Spezialist für Power-Distribution positioniert. In letzter Zeit haben vor allem die großen Global Player der Distributionsszene in Sachen Stromversorgungs-Distribution aufgerüstet. Wie wollen Sie sich da als Fortec Power Group deutlicher differenzieren?
Distribution hat in erster Linie die Aufgabe, eine logistische Verbindung zwischen dem Komponentenhersteller und seinen Kunden zu bilden. Mit all den Serviceleistungen, die sich hier in der Vergangenheit ausgebildet haben. Um sich hier verstärkt zu differenzieren, geht es darum, nicht mehr nur Produkte zu verkaufen, sondern Lösungen. Das klingt erst einmal simpel. Doch den Kunden interessieren im Fall der Stromversorgung oftmals gar nicht all die feinen Details und Leistungsunterschiede, er benötigt in erster Linie Hilfe bei der Realisierung seines Projekts. Und an dieser Stelle kann man sich als erfahrener Power-Distributor klar differenzieren. Hier geht es um die Erhöhung der Wertschöpfung. Dem Kunden Dinge abzunehmen, die ihn nur Zeit und Nerven kosten. Dass ist im Übrigen auch ganz im Sinne unserer großen Lieferanten. Sie können oftmals nicht selbst auf diese Anfragen eingehen. Wenn wir das übernehmen, ist das eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Mit der Autronic gehört ja seit über zehn Jahren ein Stromversorgungs-Hersteller zur Fortec-Gruppe. Wird dieses Know-how in Zukunft nicht mehr nur für Bahntechnik-Stromversorgungen, sondern auch für andere Anwendungen genutzt?
Das ist eine der Möglichkeiten. Die Autronic wird ja in erster Linie als Hersteller für hochwertige Bahn-Wandler angesehen. Das stimmt auch, aber die Autronic hat immer noch hochwertige Bestückungsdienstleistungen für die Kunden erzielt. Da geht es um hochkomplexe Lösungen mit kleinen und mittleren Stückzahlen. Dieses Know-how, in Kombination mit dem dort angesammelten Stromversorgungsfachwissen, wollen wir in Zukunft zum einen nutzen, um etwa Lösungen im Medizintechnikbereich zu realisieren, aber auch, um für den Kunden auf Wunsch komplette Subsysteme zu fertigen. Oder denken Sie etwa an das Thema DALI bei LED-Stromversorgungen. In Kürze kommt DALI II auf den Markt, und wenn ich dann im Bereich der Hausautomatisierung mit einem KNX-Gateway auf DALI gehe, eine Möglichkeit, die etwa von Mean Well angeboten wird, dann kann ich das nicht als reiner Kistenschieber realisieren, da brauche ich technisches Know-how und Applikationserfahrung. Ein anderes Thema, das technisches Know-how und Applikationswissen voraussetzt, wäre flackerfreies LED-Licht. Auch hier können wir dem Kunden bei seiner Applikation behilflich sein.
Sie sprachen gerade die Gebäudeautomatisierung an. Zählt sie zu den am schnellsten wachsenden Marktsegmenten der Fortec Power Group?
Aktuell entfallen immer noch rund 60 Prozent unserer Umsätze auf den Bereich Industrieapplikationen. Rund 10 Prozent erwirtschaften wir im Bereich Medizintechnik und etwa genauso viel mit Applikationen im Bereich Bahntechnik. Die restlichen 20 Prozent entfallen auf die Lichttechnik in Form von LED-Stromversorgungen. Licht zählt weiterhin zu unseren am dynamischsten wachsenden Anwendungsbereichen; das gilt im zunehmenden Maße aber auch für das Thema Gebäudeautomatisierung.
Bleiben wir beim Thema Bahntechnik. Einen Namen gemacht hat sich die Autronic bislang immer als Lieferant für das absolute Top-Segment. Nun wollen Sie auch Basic-Varianten anbieten, warum?
Bisher hat die Autronic Plug-and-Play-fähige Komplettlösungen angeboten, mit dem Label Made in Germany. Diese Lösungen waren voll zertifiziert. Das werden wir auch weiterhin tun, aber nicht jeder Kunde braucht das Komplettpaket. Aus diesem Grund haben wir uns eine leistungsfähige Fertigung in Asien gesucht und produzieren dort mit der AER-Serie eine Economy-Line. Entwickelt nach deutschen Qualitätsansprüchen, gefertigt in Asien. Dieses Produkt kann dann um gewisse Serviceleistungen wie Filter und ähnliches ergänzt werden, wenn der Kunde es wünscht. Wir erhöhen damit die Flexibilität unseres Angebots für den Bahnbereich deutlich und entsprechen den unterschiedlichen Bedürfnissen der weltweit aktiven Player auf diesem Gebiet.
Wie sieht es eigentlich vor dem Hintergrund der seit Monaten angespannten Lieferkette mit den Lieferzeiten für Stromversorgungen aus? Steigen sie oder ist die Situation in diesem Bereich noch im normalen Bereich?
Es war lange Zeit noch relativ normal. Generell ziehen die Bauteillieferzeiten und Preise an. Aber inzwischen wirken sich speziell die Lieferschwierigkeiten für große MOSFETs auf die Lieferzeiten bei Stromversorgungen über 500 W aus. Vor diesem Hintergrund mussten wir zuletzt Ware, die für den November zur Auslieferung eingeplant war, auf den Januar verschieben. Es gibt Halbleiterhersteller, die inzwischen nur noch ausgewählte Kunden mit den entsprechenden MOSFETs beliefern. Mean Well geht langsam auf ein Umsatzvolumen von 1 Milliarde Dollar zu. Damit haben sie natürlich eine kritische Größe; andere Stromversorgungshersteller sind nicht in einer so komfortablen Lage. Nachdem noch das Chinese New Year auf uns zukommt, gehe ich im günstigsten Fall davon aus, dass wir im Laufe des 1. Quartals 2018 eine Entwicklung hin zur Normalität erleben werden.