Dual-Use Update 2025: Die EU zieht bei Exportkontrollen von Hightech nach. Neue Vorgaben für Halbleiter, Quantentechnologie und Elektronikbaugruppen treffen Hersteller und Distribution. Was sich ändert und worauf Unternehmen sich jetzt einstellen müssen hat der FBDi zusammengefasst.
Die EU-Kommission hat kürzlich eine delegierte Verordnung zur Änderung der Dual-Use-Verordnung (EU) 2021/821 veröffentlicht. Kern der Anpassung ist eine umfassende Aktualisierung der Kontrollliste für Güter mit doppeltem Verwendungszweck in Anhang 1. Ziel ist eine effektivere Kontrolle sicherheitskritischer Technologien und die Verhinderung von Missbrauch. Die neuen Vorgaben orientieren sich an den internationalen Exportkontrollregimen wie MTCR, AG, NSG sowie dem Chemiewaffenübereinkommen.
Mit der Überarbeitung setzt die EU auch Empfehlungen aus dem Weißbuch zu Exportkontrollen 2024 um und zieht regulatorisch mit den jüngsten US-Vorgaben, insbesondere § 744 der EAR, gleich. Die neue Rechtsverordnung soll im November im Amtsblatt der EU erscheinen und bereits am Folgetag in Kraft treten.
Besonders betroffen ist der Hightech-Sektor. Die Änderungen spiegeln die Dynamik der technologischen Entwicklung wider und greifen in Lieferketten elektronischer Komponenten ein. Der FBDi Verband weist auf marktrelevante Erweiterungen der Kontrollpflichten hin. Dazu gehören:
• neue Exportkontrollen in der Quantentechnologie, etwa für Quantencomputer, kryogene Elektronik, parametrische Signalverstärker sowie spezielle Kühlsysteme und Wafer-Prober
• strengere Vorgaben für Halbleiterfertigungs- und Prüfgeräte sowie zugehörige Materialien, darunter Anlagen zur Atomlagen- oder Epitaxieabscheidung, hochkomplexe Lithografiesysteme (inkl. EUV-Pellikel, Masken/Retikel), Rasterelektronenmikroskope und Ätztechnik
• Regulierung fortschrittlicher Chips und Elektronikbaugruppen, etwa modernste FPGAs
Die EU-Kontrollliste wird üblicherweise jährlich per delegiertem Rechtsakt aktualisiert. Grundlage sind abgestimmte Verpflichtungen in internationalen Nichtverbreitungsregimen. Die Harmonisierung der Standards soll sowohl Sicherheit als auch Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt sichern. Einheitliche Vorgaben schaffen Transparenz und Planungssicherheit für Unternehmen, die sensible Technologien exportieren.
Die Erweiterung der EU-Kontrollen trifft die Elektronik-Branche zu einem kritischen Zeitpunkt. Innovationstempo und geopolitische Spannungen steigen parallel. Für Distributoren bedeutet das: noch mehr Compliance-Aufwand, engere Abstimmung mit Herstellern und eine schnellere Anpassung interner Prozesse. Besonders in der Halbleiterfertigung und Quantentechnologie verschärfen sich die Anforderungen. Unternehmen müssen nun genauer prüfen, welche Bauteile, Materialien oder Testsysteme unter die neuen Exportregularien fallen.
Es ist eine Gratwanderung. Die EU will den Missbrauch von Spitzentechnologie unterbinden und zugleich die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sichern. Für die Distribution eröffnet sich die Chance, als sicherheitsrelevanter Partner in globalen Lieferketten verstärkt wahrgenommen zu werden. Allerdings nur, wenn Know-how im Exportrecht professionell ausgebaut wird. Wer hier frühzeitig reagiert, reduziert Risiken und schützt den Geschäftserfolg.