Batterie- und Akku-Branche

Marktentwicklung falsch eingeschätzt

25. Juli 2024, 8:05 Uhr | Engelbert Hopf
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Kritischer Blick auf die neue EU-Batterieverordnung

Eines vorneweg: Keiner der Diskussionsteilnehmer zweifelt grundsätzlich an der Notwendigkeit einer aktualisierten EU-Batterieverordnung; nur die Art und Weise, wie diese »modernisiert« und »ins Werk gesetzt wurde«, lässt fast alle Diskussionsteilnehmer kritisch auf das entscheidende Rahmenwerk für die zukünftige Batteriefertigung in Europa und das Geschäft mit Batterien und Akkus in der EU blicken. 

Die neue EU-Batterieverordnung, die am 17. August 2023 in Kraft getreten ist und nach einer Frist von sechs Monaten in allen EU-Mitgliedsstaaten Gültigkeit erlangt hat, ist einer der Eckpfeiler des European Green Deal. Ziel der neuen EU-Batterieverordnung: Sie soll die Kreislaufwirtschaft, Ressourcennutzung und -effizienz sowie den Lebenszyklus von Batterien bezüglich Klimaneutralität und Umweltschutz verbessern. Bis alle Aspekte der neuen EU-Batterieverordnung umgesetzt sind, werden aber noch Jahre vergehen, es gelten zum Teil lange Übergangsfristen.

So weit, so gut, was aber stört die anwesenden, meist mittelständischen Vertreter der deutschsprachigen Batterie- und Akkuwelt? »Die neue Verordnung mag aus Sicht der Automotive-Branche durchaus zielführend sein«, meint Ralf Isermeyer, VRI Batterie Technik. »Für uns als mittelständische Batterie-Konfektionäre ist das, was da gefordert wird, aber kaum darstellbar und umsetzbar.« Der zentrale Vorwurf, das machen auch die anderen Diskussionsteilnehmer klar, »liegt darin, dass diese Verordnung zu sehr den Geist der Automotive-Welt atmet«.

Ein anderes Manko besteht in den Augen der Roundtable-Teilnehmer darin, dass vieles nicht klar definiert ist. »Vieles ist sehr nebulös geschrieben und man weiß nicht, wo man sich da hinlegen soll«, wendet etwa Werner Suter von der Tefag Elektronik ein. »Es gibt darin Kreuzverweise ohne Ende, und das sorgt in der Branche für zusätzliche Unsicherheiten und viele Interpretationsmöglichkeiten.«

Den grundsätzlich gut gemeinten Ansatz der neuen Verordnung hebt Thilo Hack von Ansmann hervor: »Speziell wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht, gab es da sicher noch Nachholbedarf, wir müssen davon wegkommen, einfach turnusgemäß Batterien in Applikationen auszuwechseln.« Die EU-Batterieverordnung ziele aber auf große Speicher und Automotive. »Der damit verbundene Batteriepass wird erst einmal für Lösungen über 2 kW kommen, und da sind wir mittelständischen Konfektionäre mit dem, was wir hauptsächlich tun, erst einmal raus.« Die EU-Batterieverordnung, das betont Hack noch einmal, »ist grundsätzlich etwas Gutes, ich muss so etwas dann aber auch so organisieren, dass das für alle in der Branche umsetzbar ist!«.

Aktuell, das macht die Diskussion zu diesem Punkt schnell klar, scheint das Hauptproblem darin zu bestehen, dass jeder das umfangreiche Werk anders liest und anders versteht. Das hat zu einer großen Verunsicherung in der Branche geführt, die von den Herstellern über die Konfektionäre bis hin zu den Anwendern reicht. Ein aktuelles Beispiel für diese Verwirrung gibt Isermeyer: »Wir hatten bislang laut Batterieverordnung eine Unterteilung in fünf Batteriearten: Gerätebatterien, Batterien für leichte Verkehrsmittel, Batterien für Elektrofahrzeuge, Industriebatterien und Starterbatterien. Seit Anfang Juni haben wir nun eine sechste Kategorie – die Komponente-Kategorie.«

Wie aus der lebhaften Diskussion hervorgeht, scheinen sich auch die Industrieverbände in Deutschland aktuell nicht in jedem Fall darüber einig zu sein, welche Batterie in welche Kategorie fällt. Es mag absurd klingen, aber die Einordnung wird teilweise davon abhängig gemacht, ob jemand die Batterie als Privatperson oder als Unternehmen kauft. Und dann wären da ja noch ins Auge genommene Zukunftsmärkte wie der Second-Life-Einsatz von Batterien aus dem Elektroauto-Einsatz für die Verwendung in Energiespeichern. Wie genau sind diese Batterien dann einzuordnen? Im Detail ist die neue EU-Batterieverordnung umfangreich und sehr kleinteilig. Teilweise reichen ihre Umsetzungszeiträume bis in die Mitte des nächsten Jahrzehnts hinein. 

Kritisch sehen einige Diskussionsteilnehmer die Vorgaben für recycelte Inhaltsstoffe für Batterien. Zwar müssten die in Europa ansässigen Batteriehersteller diese Vorgaben dann auch umsetzen, »aber die meisten Batteriehersteller sitzen außerhalb der EU-Grenzen«, stellt Isermeyer, VRI Batterie Technik, fest. »Wie soll ich als Konfektionär einen chinesischen Zellenlieferanten, den der Kunde haben möchte, dazu zwingen, sich an die EU-Vorgaben zu halten?« Dass sich internationale Batterie- und Akku-Hersteller den Luxus leisten werden, in Europa ein Werk zu unterhalten, das die hiesigen Auflagen einhält, erscheint den versammelten Branchenexperten mehr als unwahrscheinlich.

Der Ansicht, die neue EU-Batterieverordnung sei ein protektionistisches Instrument, mag sich keiner der Diskussionsteilnehmer anschließen. Schließlich, so berichten es einige der Teilnehmer, »seien etwa die chinesischen Hersteller ja in den Normungsausschüssen in Brüssel gesessen, als die EU-Batterieverordnung entstand«. Und zum Teil habe die EU-Kommission Druck mit dem Argument gemacht, wenn die EU-Normungsausschüsse jetzt nicht Tempo machten, könnte man ja der Einfachheit halber auch die bereits fertigen chinesischen Normen übernehmen, um schneller ans Ziel zu kommen.


  1. Marktentwicklung falsch eingeschätzt
  2. Kritischer Blick auf die neue EU-Batterieverordnung
  3. Der Hype um die Natrium-Ionen-Batterie geht weiter
  4. Denkpause beim Thema neue Batteriefabriken in Deutschland

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