Kooperation von Congatec und Kontron

»Es wächst wieder zusammen, was schon mal eins war«

13. Oktober 2025, 20:57 Uhr | Andreas Knoll
Dr. Dominik Ressing, Congatec: »Mit JUMPtec und Congatec führen wir eigentlich nur das wieder zusammen, was vor 25 Jahren schon einmal eins war.«
© Congatec

Der Aufsteck-CoM-Hersteller Congatec hat mittels Kapitalerhöhung 96 Prozent von Kontrons Aufsteck-CoM-Tochter JUMPtec übernommen und schon kurz zuvor mit Kontron eine weitreichende Fertigungskooperation vereinbart. Dr. Dominik Ressing, CEO von Congatec, erläutert die Hintergründe.

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Markt&Technik: Der erste Kooperationsschritt, den Congatec im Mai bekanntgegeben hat, ist die Zusammenarbeit mit Kontron zur Herstellung von Computer-on-Modules (CoMs). Können Sie die Hauptgründe für diesen strategischen Schritt erläutern?

Dr. Dominik Ressing: Die Kooperation ist ein wichtiger Meilenstein in unserer Local-for-Local-Strategie, die Produkte unserer Kunden dort zu produzieren, wo sie gebraucht werden. Durch die Partnerschaft mit Kontron erhalten wir, die wir ja einen Fabless-Ansatz verfolgen, Zugang zu einem umfangreichen internationalen Produktionsnetzwerk, das über 20 Standorte auf der ganzen Welt umfasst. Die Nutzung des Know-hows von Kontron in den Bereichen SMT-Bestückung, Supply-Chain-Management, Produktion und Logistik von CoM-Modulen wird letztendlich eine resilientere und effizientere Bereitstellung unserer Embedded- und Edge-Computing-Lösungen in den Regionen ermöglichen, in denen unsere Kunden tätig sind. Dadurch können wir sowohl unsere globale Reichweite als auch unsere lokale Präsenz weiter stärken und unsere Effizienz und Reaktionsfähigkeit weltweit verbessern.


Bedeutet dies, dass Congatec mit den zusätzlichen Produktionskapazitäten bei Kontron vorhandene Fertigungspartner ersetzen wird?

Überhaupt nicht. Kontron schließt sich unserem etablierten Netzwerk von Fertigungspartnern an. Bei dieser Zusammenarbeit geht es um die Erweiterung unserer Produktionskapazitäten, nicht darum, bestehende bewährte Beziehungen zu ersetzen. Indem wir unsere Produktionsbasis diversifizieren und breiter aufstellen, machen wir unsere Lieferkette noch widerstandsfähiger und flexibler, um die wachsende Nachfrage nach unseren Produkten zu decken. Darüber hinaus können wir eine größere Stabilität und bessere Reaktionsfähigkeit bei der Einhaltung von Lieferverpflichtungen bieten. Denn wir nutzen nicht nur mehr Produktionsstandorte als je zuvor, sondern bieten jetzt auch eine lokale Produktion in allen Regionen der Welt an.


Sie haben die lokale Produktion hervorgehoben. Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?

Aus mehreren Gründen. Kunden staatlicher Auftraggeber setzen die Produktion vor Ort nicht selten zwingend voraus. Oder nehmen Sie die Cyberresilienz-Verordnung: Das Label »Designed AND manufactured in Europe« wird für die Einhaltung von Vorschriften immer wichtiger. Natürlich hilft die lokale Produktion auch dabei, Importzölle zu vermeiden, die eine Bedrohung für globale Lieferketten darstellen. Außerdem lassen sich geopolitische Herausforderungen oder Naturkatastrophen mit lokalisierten Lieferketten viel leichter abfedern – was wir bereits während der Covid-19-Pandemie erlebt haben. Und nicht zuletzt trägt die lokale Produktion dazu bei, den ökologischen Fußabdruck unserer Produkte noch mehr zu verkleinern, weil die Transportwege deutlich verkürzt werden.


Welche konkreten Vorteile können Congatec-Kunden von dieser erweiterten Kooperation in der Fertigung erwarten, besonders in Regionen wie den USA?

Speziell für den US-Markt wird erwartet, dass die Nutzung lokaler Produktionsstätten von Kontron erhebliche Kostenvorteile bringen und dazu beitragen wird, die Auswirkungen von Zöllen abzumildern. Die Produktion vor Ort kann für unsere Kunden auch die Chancen erhöhen, Aufträge zu erhalten, besonders in Fällen, in denen Vorschriften oder Sicherheitserwägungen die heimische Produktion begünstigen.

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Dem neuen Formfaktor COM-HPC Mini entspricht das Aufsteckmodul »conga-HPC/mRLP« von Congatec.
Dem neuen Formfaktor COM-HPC Mini entspricht das Aufsteckmodul »conga-HPC/mRLP« von Congatec.
© Congatec

In einer Stellungnahme wird erwähnt, dass Congatec und Kontron ähnliche Technologie-Roadmaps verfolgen und auch bei den Werten nah beieinander liegen. Können Sie genauer erläutern, wie diese Ausrichtung dem breiteren Markt und Ihren Kunden zugutekommt?

Congatec und Kontron sind fest entschlossen, hohe Qualität zu liefern und Innovationen voranzutreiben. Wir pflegen starke Partnerschaften mit führenden Halbleiterherstellern wie Intel, AMD, Qualcomm, Texas Instruments und NXP. Daher sind unsere Ansätze für die Produktentwicklung, die Qualitätssicherung und das Lebenszyklusmanagement ganz selbstverständlich ähnlich ausgerichtet. Unsere Kunden haben damit die Gewissheit, dass sie ausnahmslos Produkte und Dienstleistungen erhalten, die hohen Standards entsprechen. Kontrons Betriebsethos und Engagement für Exzellenz spiegelt unsere eigenen Werte wider – das ist die Grundlage für die Integration von Kontron in unser Produktionsnetzwerk. So können Kunden – besonders in anspruchsvollen Sektoren wie Medizintechnik, Industrieautomatisierung, Robotik und Transportwesen – volles Vertrauen in unser kontinuierliches Engagement für Qualität und Innovation haben.


Schon die erste Bekanntgabe im Mai deutete auf eine mögliche Ausweitung der Zusammenarbeit von Congatec und Kontron über die Fertigungskooperation hinaus hin. Was gab dazu letztlich den Anstoß?

Wir sahen schon in dieser Phase erhebliches Potenzial, unsere Zusammenarbeit zu erweitern – zu Recht, wie sich dann erweisen sollte. Weil sowohl die Kontron-Tochtergesellschaft JUMPtec als auch Congatec führende Entwickler von Embedded-Modules der Standards COM Express, COM-HPC, SMARC und Qseven sind, sondierten wir schon frühzeitig eine Vertiefung der Zusammenarbeit. Zunächst ging es um mögliche Kooperationen in der Entwicklung, um Wissensaustausch sowie um gemeinsame Vertriebs- und Marketingaktivitäten. Schon bald war aber auch eine Kapitalbeteiligung von Congatec an JUMPtec im Gespräch.


In dieser Phase gab es eine Meldung, dass Congatec beziehungsweise Congatecs Eigentümer DBAG (Deutsche Beteiligungs AG) einen »mittelbaren Anteils- und Kontrollerwerb« an JUMPtec anstrebt – aus dem letztlich eine 96-prozentige Beteiligung geworden ist.

Diese Meldung bedeutete, dass wir bei der Sondierung mit JUMPtec Fortschritte in Richtung einer möglichen Akquisition machten. Inzwischen ist das Signing und Closing erfolgt. Durch den Einstieg hält Congatec 96 Prozent an JUMPtec sowie 100 Prozent an den Tochtergesellschaften Kontron America Modules LLC, USA und Kontron Asia Embedded Design Sdn Bhd, Malaysia. Erlauben Sie mir dazu ein kleines Resümée: Mit JUMPtec und Congatec führen wir eigentlich nur das wieder zusammen, was vor 25 Jahren schon einmal eins war.


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