Wie wirkt sich Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen aus? Die Studie "Future of Health" von Roland Berger befragte 100 Führungskräfte aus 12 Ländern und zeichnet ein differenziertes Bild der KI-Transformation als evolutionäre Entwicklung in Krankenhäusern und bei Medizintechnik-Herstellern.
Die gerade veröffentlichten Studienergebnisse des Beratungsunternehmens Roland Berger zeigt, dass KI das Gesundheitswesen eher in Form einer schnellen Evolution als einer abrupten Revolution verändert. Diese Entwicklung ermögliche es den Akteuren, strategische Antworten sorgfältig zu formulieren. Bereits heute nutzen 52 Prozent der Krankenhäuser KI in der medizinischen Diagnostik, ein Drittel befindet sich in der Pilotphase.
Der Gesundheitssektor steht unter mehrfachem Druck: Fachkräftemangel, strenge Regulierung und steigende Komplexität im Informationsmanagement fordern neue Lösungen. Bis 2030 wird ein weltweiter Mangel von 10 Millionen Gesundheitsfachkräften prognostiziert.
Demografischer Wandel
Die steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig nur moderat steigender gesunder Lebenszeit erhöht den Versorgungsbedarf. Menschen leben heute durchschnittlich länger mit gesundheitlichen Einschränkungen als früher.
Ungleiche Versorgung
In den USA sterben Menschen in ländlichen Gebieten mit 20% höherer Wahrscheinlichkeit als in urbanen Regionen - eine Kluft, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten noch vergrößert hat.
Marktentwicklung und Investitionen
Der globale KI-Markt im Gesundheitswesen soll bis 2030 auf 187,7 Milliarden US-Dollar anwachsen. Allein in den letzten drei Jahren flossen über 30 Milliarden US-Dollar in Healthcare-KI-Unternehmen. Die Ausgaben für KI-bezogene Hardware und Software werden von 26 Milliarden US-Dollar in 2024 auf prognostizierte 59 Milliarden US-Dollar in 2028 steigen.
»Da sich das Gesundheitssystem in Richtung eines stärker patientenzentrierten Ansatzes verschiebt, müssen die Akteure ihre traditionellen Strukturen überdenken und ihre Geschäftsmodelle neu bewerten. KI kann als Enabler für die gesamte Organisation fungieren.« |
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Ulrich Kleipaß, Senior Partner Roland Berger, Berlin |
Hohe Adoptionsrate in F&E
Im Medtech-Sektor zeigt sich eine besonders hohe KI-Nutzung: 79 Prozent der befragten Unternehmen setzen KI bereits aktiv in Forschung und Entwicklung ein, 54 Prozent in der Fertigung.
Make or Buy
Eine zentrale strategische Frage für Medtech-Unternehmen ist die Entscheidung zwischen Eigenentwicklung und Zukauf von KI-Fähigkeiten. Während große Unternehmen zunehmend eigene KI-Technologien entwickeln, oft in Partnerschaft mit Tech-Giganten, tendieren kleinere und mittlere Unternehmen zur Zusammenarbeit mit spezialisierten KI-Anbietern.
Regionale Unterschiede
Die Implementierung von KI-Lösungen variiert regional stark, bedingt durch unterschiedliche Regulierungen und Datenschutzgesetze. Die EU mit ihrer strengen MDR und dem AI Act beeinflusst die Handhabung KI-bezogener Daten, während sich in den USA das regulatorische Umfeld schneller entwickelt.
Diagnostik und Behandlung
KI ermöglicht präzisere Diagnosen und personalisierte Behandlungspläne. Multimodale KI-Systeme können Daten aus verschiedenen Quellen wie Bildgebung, Patientenhistorie und genetischen Informationen integrieren.
Administrative Prozesse
In der Verwaltung setzen bereits 52% der Gesundheitsdienstleister KI in Standardprozessen ein. Weitere 20% befinden sich in der Pilotphase.
Präventivmedizin
KI-Systeme können chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes frühzeitig erkennen und ermöglichen proaktive Interventionen.
Für Medtech-Unternehmen wird deutlich: Stillstand bedeutet Rückschritt. Die Studie empfiehlt daher die frühzeitige strategische Positionierung im KI-Bereich, den Aufbau von Partnerschaften mit Tech-Unternehmen, eine entsprechende Entwicklung KI-gestützter Diagnostik- und Behandlungslösungen und die Fokussierung auf personalisierte Medizin durch KI-Integration. Dabei müssen unbedingt Investitionen die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter sowie auch regionaler Regulierungsunterschiede für die unterschiedlichen Zielmärkte berücksichtigt werden.
Die Transformation durch KI ist bereits in vollem Gange. Medtech-Unternehmen müssen jetzt handeln, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Chancen der KI-getriebenen Entwicklung zu nutzen. Dabei gilt es, sowohl die technologischen Möglichkeiten als auch die regulatorischen Rahmenbedingungen im Blick zu behalten. (uh)