Thomas Caulfield, CEO von GlobalFoundries, ist überzeugt, dass die großen Trends von KI über die E-Autos bis zu IIoT der Strategie von GlobalFoundries entgegenkommen und dem Unternehmen Wachstumsjahre bescheren werden.
Nicht die Elektrifizierung und nicht das zumindest teilautonome Fahren sind das wirklich Neue; die Revolution besteht darin, dass die Autos zu vernetzten Einheiten werden, mit jeweils Hunderten von Sensoren ausgestattet«, erklärte GF-CEO Thomas Caulfield auf dem Technology Summit Europe von GlobalFoundries in München. Das freut ihn, nicht nur, weil die Sensoren die vielen Daten liefern, die dann in die Cloud wandern, um dort zu Trainingszwecken im Machine-Learning verwendet zu werden.
Was ihn viel mehr in Hochstimmung versetzt, ist die Tatsache, dass die Inferenz gerade nicht in der Cloud stattfindet. Denn für die Inferenz die Daten von der Cloud hin und her zu schicken, das wäre vollkommen unwirtschaftlich. Deshalb geht seit einiger Zeit der Trend dahin, die Edge-Devices – und eben auch das Auto – in die Lage zu versetzen, die Inferenz selber vor Ort durchzuführen. »KI in der Edge« lautet das Schlagwort dafür.
Weshalb sich Thomas Caulfield darüber freut: GlobalFoundries entwickelt die Prozessplattformen, um genau die Chips herzustellen, die dazu unter anderem im Auto gebraucht werden. Nicht die jeweils neusten Prozessknoten sind dafür erforderlich, sondern die etwas entspannteren Geometrien der Mainstream-Prozesse genügen dafür. Allerdings hat GlobalFoundries sie mit vielen spezifischen Besonderheiten ausgestattet, die es den Kunden ermöglichen, die unterschiedlichen Chips auf den verschiedenen Prozessplattformen genau mit den Eigenschaften auszustatten, die sie für ihre jeweiligen Aufgaben benötigen – und sie von denen des Wettbewerbs zu differenzieren.
Zwar ist er überzeugt, dass die KI nicht nur die Autos, sondern die gesamte Industrie revolutionieren werde. Damit will er aber nicht der heute üblichen KI-Euphorie das Wort reden: »Die Chancen der KI werden kurzfristig übertrieben, langfristig aber unterschätzt.« Es herrsche die irrtümliche Meinung vor, die KI-Revolution werde von der Cloud getrieben. »Vielmehr sind die Anwendungen in der Edge der Treiber. ChatGPT hat der Öffentlichkeit nur gezeigt, welche Leistungsfähigkeit in KI steckt. Es wäre aber falsch zu meinen, dass KI nur auf Basis von Supercomputern und Super-CPUs in der Cloud abläuft!«
Um zu erklären, was er damit meint, hat er ein Drei-Ebenen-Modell entwickelt: die Digitalisierung, die Connectivity und die Cloud.
Auf der digitalen Ebene werden die analogen Daten über Sensoren aufgenommen und so umgesetzt, dass sie sich digital weiterverarbeiten lassen. Außerdem müssen die Geräte untereinander vernetzt sein – ohne die Connectivity kann das System nicht funktionieren. Die Cloud bildet die dritte Ebene, die im KI-Umfeld – wie schon gesagt – vor allem für Trainingszwecke erforderlich ist.
Alle drei Ebenen zusammen treiben einen positiven Kreislauf an, den die Connectivity beschleunigt: Das Netz ist jetzt der Computer, angetrieben durch die Intelligenz in der Edge. Das Ganze wird von Hyperscalern monetarisiert.
Die schöne Nachricht für GlobalFoundries: Auf jeder der drei Ebenen wird die Nachfrage nach Chips kräftig steigen. »Es werden sicherlich auch mehr Super-CPUs für die großen Rechenzentren benötigt, aber bei Weitem nicht nur.« Denn die mithilfe der neusten Prozesstechnologien gefertigten High-End-ICs benötigen in ihrem Umfeld eine Vielzahl von Chips, auf deren Fertigung sich GlobalFoundries spezialisiert hat: ab Strukturgrößen von 12 nm an aufwärts, also eher ausgereifte Prozesse, die aber über vielfältige zusätzliche Funktionalitäten verfügen. »Ich bin überzeugt, die KI ist für unsere Industrie das, was die Smartphones in den 2000er-Jahren waren; nach der Smartphone-Welle kommt jetzt die »IoT und KI in der Edge«-Welle. KI werde deshalb die vorhergegangenen Wellen nicht ablösen, sondern setzt auf den bereits geschaffenen Infrastrukturen auf.
Dabei komme es für alle Edge-Geräte vor allem auf eine möglichst geringe Leistungsaufnahme an: »Sie ist überhaupt alles, der gesamte sich selbst verstärkende positive Kreislauf steht und fällt mit der Fähigkeit, die Leistungsaufnahme weiter reduzieren zu können.«
Genau daraufhin hat GlobalFoundries die Prozesse ausgelegt. So weisen die mithilfe des ständig weiterentwickelten 22FDX-Prozesses (22 nm FD-SOI) hergestellten Transistoren eine sehr geringe Leakage auf, sodass sich eine sehr hohe Schalteffizienz ergibt. Die ebenfalls neue Automotive-Plattform 22FDX+ steigert die Performance der Chips um 10 Prozent bei einer um 20 Prozent reduzierten Leistungsaufnahme. Die SRAM-Zellen bringen eine um 60 Prozent reduzierte Leakage bei einer Junction-Temperatur von 150 °C.
Darüber hinaus stattet GlobalFoudries die Prozesse mit verschiedenen Zusatzfunktionalitäten aus: »So können wir beispielsweise sehr gute Power-Management-Chips herstellen, die erheblich dazu beitragen, die Effizienz in Rechenzentren zu steigern. Wir haben Prozesse, die speziell auf effektive HF-Komponenten zugeschnitten sind, denn wie gesagt, auf die Vernetzung kommt es an, von Bluetooth und NFC im Nahbereich über WiFi bis zu den Telekommunikationsstandards.«
Relativ neu ist das Beispiel der photonischen ICs. Hier kombiniert GlobalFoundries den CMOS-RF-Prozess mit optischen Komponenten, was auch unter dem Namen Silicon Photonics bekannt ist. »Wir nutzen nicht mehr die Elektronen, sondern die Photonen zur Datenübertragung. Das reduziert gegenüber Kupfer die Leistungsaufnahme um den Faktor 5, während die Bandbreite um den Faktor 2 steigt«, so Caulfield. Das sei für die Datenübertragung in den großen Datenzentren besonders interessant, hier entstehe ein neuer Markt.
Zurück zu den Autos, die laut Caulfield die Nachfrage nach Chips in den kommenden Jahren kräftig nach oben treiben werden. Zwar wächst der Absatz von Autos derzeit, aber mit einem Plus von weltweit 87 Mio. Einheiten 2023 auf 100 Mio. Einheiten bis 2028, mit dem Marktforscher rechnen. Doch diese Zunahme ist sekundär. Denn der Halbleiter-Content pro Auto steigt rapide: von 66 Mrd. Dollar in diesem Jahr auf 114 Mrd. Dollar 2028. Werden in diesem Jahr Chips im Wert von 750 Euro pro Auto verbaut, so werden es 2028 wohl 1250 Dollar sein.