Interview mit Dr. Gerald Deboy, Infineon

CoolMOS – Hintergründe und Ausblicke einer Erfolgsstory

27. Februar 2017, 13:06 Uhr | Ralf Higgelke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wie schneidet CoolMOS gegen SiC und GaN ab?

Im Moment wird um Siliziumkarbid und Galliumnitrid viel Wirbel gemacht. Ist das berechtigt oder eher Marketinghype?

Sowohl Siliziumkarbid als auch Galliumnitrid haben einige klare Vorteile. Das Rückwärtserholverhalten eines CoolMOS ist vergleichsweise mit hohen Verlusten und Überspannungsspitzen behaftet, betrachtet man die große gespeicherte Ladung im Reverse-Recovery-Modus und das hohe di/dt im Diodenabriss. Darin liegt der schlagende Vorteil der Wide-Bandgap-Bauelemente; Galliumnitrid weist tatsächlich null Rückwärtserholladung auf, Siliziumkarbid aufgrund der geringen intrinsischen Lebensdauer der Ladungsträger nahezu null. Der kurze Peak, der bei GaN- und SiC-Bauelementen beobachtbar ist, speist sich aus der Ausgangskapazität des Bauelements, nicht aus der Reverse-Recovery-Ladung.

Rückwärtserholung
Rückwärtserholung (Reverse Recovery) beim CoolMOS (links) und bei einem GaN-Transistor (rechts). Gut zu sehen ist links die große Reverse-Recovery-Ladung und das hohe di/dt beim Diodenabriss des CoolMOS; dies fehlt rechts beim GaN-Transistor völlig.
© Bild: [13]

Das bedeutet, mit Wide-Bandgap-Schaltern können Topologien genutzt werden, die in jedem Zyklus hart auf die leitende Diode kommutieren. Damit lässt sich die Totem-Pole-Topologie mit trapezförmigen Stromverlauf (CCM) im Eingangskreis von Schaltnetzteilen oder Umrichtern realisieren. Erforderlich ist hierfür nur eine Boost-Spule und eine aktive Halbbrücke; das ist leicht zu implementieren und kosteneffizient.

Ein weiterer Vorteil – besonders bei GaN – sind die niedrigen Kapazitäten. Die Kurvenbilder für hohe Spannungen, die ja das harte Schalten bestimmen, sind bei Superjunction und Galliumnitrid recht ähnlich. Beim resonanten Schalten, bei dem es auf die Ladung Qos ankommt, ist GaN fünf bis zehn Mal besser als Superjunction. Das bedeutet, dass GaN überall dort Einsatz finden wird, wo es auf eine möglichst kleine Rückwärtserholladung ankommt. Das betrifft, wie schon gesagt, z. B. Totem-Pole-Schaltungen, oder resonante Topologien bei hohen Schaltfrequenzen.

Und wenn wir visionär noch etwas in die Zukunft schauen: Der GaN-HEMT bietet als laterales Bauelement inhärent die Möglichkeit, noch weitere Schaltungen auf dem gleichen Substrat zu integrieren.

GaN-Transistoren
Mithilfe von GaN-Transistoren werden gerade im Bereich PFC (Power Factor Correction) ganz neue Schaltungskonzepte wie Totem-Pole möglich.
© Bild: [13]

Das versuchen ja schon die ersten Anbieter wie Navitas oder Dialog Semiconductor.

Genau. Eine solche Integration ist bei vertikalen Bauelementen wie dem CoolMOS nicht möglich. Das birgt großes Potenzial für Galliumnitrid, muss sich aber auch noch als kommerziell attraktiv erweisen.

Gerade für den Bereich von 600 V bis 900 V eignen sich sowohl Superjunction-MOSFETs als auch SiC-MOSFETs und GaN-HEMTs. Wie aber sehen Sie die Chancen für Silizium in dieser Spannungsklasse?

Silizium wird sicherlich weiter im Markt bestehen. Und alles, was heute mit Siliziumtechnik machbar ist, hat gute Chancen, auch weiterhin mit Silizium realisiert zu werden. Daneben werden die neuen Wide-Bandgap-Halbleiter – ähnlich wie beim Übergang von Bipolartransistoren zu IGBTs oder von planaren Hochspannungs-
MOSFETs zu Superjunction-MOSFETs – neue Marktsegmente erobern. Und von dort aus werden sie in Bereiche »ausstrahlen«, die heute noch von Silizium besetzt sind.


  1. CoolMOS – Hintergründe und Ausblicke einer Erfolgsstory
  2. Wie sich CoolMOS weiterentwickelt hat
  3. Wie schneidet CoolMOS gegen SiC und GaN ab?
  4. Zukunft der Halbleiterei »made in Germany«

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