Texas Instruments baut seit Jahren seine eigenen Verkaufskanäle aus und hat nun ein Produktdistributionszentrum in Frankfurt eröffnet. Für Stefan Bruder, President für EMEA und Indien, ist dies der nächste logische Schritt, um die Aktivitäten weiter zu stärken.
Markt & Technik: Welche Erwartungen knüpft TI an sein neues Produktdistributionszentrum in Frankfurt?
Stefan Bruder: Die Intention besteht darin, die Geschäftsbeziehungen zwischen uns und unseren Kunden zu vereinfachen, denn dann können sie unsere Produkte auch leichter einsetzen. Und diese Intention gilt auch für das Product Distribution Center, kurz PDC, in Frankfurt. Es bietet drei Hauptvorteile. Erstens: Wir werden damit schneller. Und schneller bedeutet, dass Kunden in Deutschland oder Zentraldeutschland noch am selben Tag ihre Ware erhalten. In den meisten europäischen Ländern dauert es zwei Tage. Zweitens: Wir werden mit dem PDC resilienter, sprich wir können die dort gelagerte Ware immer liefern, egal was außen rum passiert. Und das PDC ist 9000 m² groß, da können wir also einiges vorrätig halten. Drittens: Wir sind flexibler. Wenn Kunden über ti.com oder mithilfe eines TI-APIs bestellen, sehen wir genau, wenn sich die Bedarfe ändern, so dass wir auch die Lagerbestände im PDC automatisch anpassen können.
Gibt es bei Ihrem Direktkanal eine Mindestbestellmenge?
Nein. Im TI-Store kann der Kunde genau die Menge bestellen, die er braucht. Das schließt auch kleinste Mengen ein, denn mit unseren Online-Aktivitäten zielen wir auch darauf, Kunden beim Realisieren von Prototypen zu unterstützen, da wäre eine Mindestmenge der falsche Ansatz und bei diesem Beispiel ist auch die Geschwindigkeit der Lieferung wichtig, mit unserem neuen PDC also kein Problem mehr.
Wie hat sich die Entscheidung, den eigenen Verkaufskanal zu forcieren, auf den Umsatz ausgewirkt, wird heute mehr Direktumsatz als früher gemacht?
Ja, auch wenn die eigentliche Intention darin bestand, einfach mehrere verschiedene Verkaufskanäle anzubieten, so dass unsere Kunden selbst entscheiden können, welchen Kanal sie nutzen wollen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Unser Direktgeschäft hat früher ungefähr ein Drittel vom Gesamtumsatz betragen, im letzten Jahr waren es fast drei Viertel.
Nutzen Bestandskunden mehr den Online-Kanal von TI, oder sind es Neukunden?
Beides, Neukunden und Bestandskunden, in beiden Fällen gilt: Sie wollen direkt mit uns eine Geschäftsbeziehung aufbauen und sie sehen Vorteile durch eine direkte Belieferung, denn auch sie sind natürlich an einer Resilienz ihrer Lieferkette interessiert.
Es wird nicht jedes Produkt, das TI fertigt, im PDC in Frankfurt vorrätig sein, oder?
Wie gesagt, die Frage, welche Produkte im PDC lagern, hängt vom Kundenbedarf ab. In Europa und Deutschland kommen die meisten Kunden aus dem Industrie- und Automotive-Bereich. Wir haben uns über einen längeren Zeitraum angeschaut, welche Produkte in Deutschland und Europa besonders stark nachgefragt werden, wir wissen also ziemlich genau, was wir liefern müssen. Und jetzt können wir mit dem PDC diese Lieferungen einfach viel schneller durchführen.
Auch wenn kleinere Kunden jetzt direkt bei TI einkaufen können, wie sieht es mit dem Support beispielsweise beim Design-In aus?
Wir haben auf TI.com sämtliche Produktinformationen, wie Datenblätter, aber auch weitere Produktinformationen wie beispielsweise den Fertigungs-Flow von einem Produkt, dort können sich die Kunden also selbst informieren, und komplementär dazu gibt es natürlich noch unsere Vertriebsteams.
In Europa haben wir 30 Vertriebsbüros in 18 Ländern. Damit sind wir nah am Kunden, so dass wir sie direkt mit technischem Support unterstützen können.
Dass TI diese Dienstleistung bei Kunden anbietet, die größere Mengen abnehmen, ist klar, aber das geht wahrscheinlich nicht für alle Kunden, sprich insbesondere nicht, wenn es sich um tausende Kleinkunden handelt…
Wir skalieren den Support. Klar für größere Kunden gibt es größere Teams. Kleinere Kunden, die uns aber auch wichtig sind, erhalten dann eben von einer Person den entsprechenden Support.
Schauen Sie, wenn wir über Deutschland sprechen, reden wir über den Mittelstand, 99,9 Prozent unserer Kunden sind im Mittelstand. Und da wollen wir natürlich sicherstellen, dass wir einen sehr guten technischen und kommerziellen Support eben auch durch TI-Leute, liefern.
Noch eine Frage zum Kapazitätsausbau bei TI. Das Unternehmen hat enorme Investitionen angekündigt, hat sich angesichts der derzeitigen Flaute im Halbleitermarkt irgendetwas daran geändert?
Nein, denn eine der Intentionen für unsere Investitionen in neue 300mm-Fertigung besteht darin, dass wir mit unseren Produkten den Kostendruck beim Kunden reduzieren wollen. Viele unserer Kunden stehen in globalem Wettbewerb, auch weil immer mehr Hersteller verstärkt in ihre Märkte drängen. Und an unserer Intention hat sich ja nichts geändert.
Unsere Investitionen sind über eine Dekade geplant. Im Rahmen dieser Investitionen fahren wir derzeit zwei 300mm Waferfabs hoch, fünf weitere Fabs sind geplant oder in Bau, dazu kommen noch zwei »Assembly und Test«-Standorte und eben das PDC in Frankfurt. Unsere Investitionsstrategie, die darauf ausgelegt ist, sowohl starke Märkte als auch Zeiten der Marktschwäche gut zu bewältigen, ist gut. Wir wollen mit diesen Investitionen sicherstellen, dass wir eine steigende Kundennachfrage in den kommenden Jahrzehnten auch entsprechend supporten können.
Also keine zeitlichen Änderungen im Ablauf wie bei anderen Halbleiterherstellern?
Nein, wir investieren weiter. Wir kennen die Zyklen der Halbleiterindustrie. Und die Entscheidung, Investitionen im Downturn runterzufahren, zahlt sich normalerweise nicht aus. Denn nach dem Downturn geht es wieder nach oben und deshalb halten wir an unseren Plänen fest.
Und dementsprechend investieren wir in den USA in unsere Frontend-Kapazitäten, in Malaysia in Assembly und Test und in Frankfurt in unser PDC. Diese regionale Vielfalt ermöglicht es uns, eine geopolitisch zuverlässige Lieferkette bereitzustellen.
TI legt viel Wert auf Direktvertrieb, das scheint ja auch für die Fertigung zu gelten…
Ja, denn je mehr wir selbst fertigen, desto größer ist unsere Kontrolle über die Fertigung. Mit den derzeit geplanten bzw. getätigten Investitionen sind wir in der Lage, planen wir bis 2030 über 95 Prozent der Fertigung im eigenen Haus durchzuführen.