Automatisierungstechnik

Die intelligenten Maschinen kommen – wieder

3. November 2016, 13:49 Uhr | Dr. Ahmad Bahai
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Meines Erachtens hat das Zusammenfließen dreier Schlüsseltechniken zum Wiederaufleben der intelligenten Maschinen geführt

  1. Sensorik
    Es ist den Fortschritten im Bereich der Halbleiter und der mikro-elektromechanischen Systeme (MEMS) zu verdanken, dass in autonomen Systemen ein breites Spektrum bezahlbarer Sensoren für Umgebungsbewusstsein und Sehen installiert werden kann. Bildsensoren, Radar und Lidar (LIght Detection And Ranging) haben eine essenzielle Bedeutung für viele autonome Systeme, andere Umgebungssensoren, die deutlich weniger Verarbeitungsleistung erfordern, gelten dagegen als eher einfach. Die Fusion hochpräziser Drehmoment-, Temperatur- und Magnetsensoren kann vielfältige Informationen über Berührung, Nähe und Umgebung liefern, was Robotern die Fähigkeit zur Interaktion mit Menschen und zum sicheren und effektiven Umgang mit unvorhersehbaren Situationen verleiht. Vergleichbar mit vielen biologischen Systemen in Menschen und Tieren, die eine Reaktion auf Festigkeit, Wärme und Magnetfelder ermöglichen und abgesehen vom Sehen viele weitere Sinneswahrnehmungen erlaubt.
    Gestützt auf diese Sensorik entwickelt sich die Bildauswertung zu einer weit verbreiteten Anwendung, denn die Algorithmen und Prozessoren werden immer leistungsfähiger und erschwinglicher. In Industrie- und Konsum-Anwendungen, z.B. Spielkonsolen, ist die maschinelle Bildverarbeitung schon lange verbreitet, doch autonome Systeme verlangen für das sicherheitsrelevante Funktionieren nach einer Bildverarbeitung mit mehr Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Dies hat dazu geführt, dass heutzutage in großem Umfang Kameras mit hoher Bildqualität in Autos, Robotern und Drohnen verbaut werden. Die autonomen Systeme profitieren von den Fortschritten bei den Bildverarbeitungs-Algorithmen und den Stereokameras, wobei fortschrittliche Prozessoren für die Tiefenerkennung und die Bildfusion sorgen.
    Vollintegrierte CMOS-Radarsensoren mit einer vergrößerten Reichweite von 250 m und einer Genauigkeit von wenigen Mikrometern – wenn auch wohlgemerkt nicht beides zusammen – ergänzen die Kamera, wenn das optische Sehen entweder nicht möglich oder nicht praktikabel ist wie zum Beispiel bei starkem Regen, Schneefall oder Nebel. Die Lidar-Technik kann mithilfe stark fokussierter Laserstrahlen eine noch detailliertere Darstellung der Umgebung einer Maschine liefern – in Echtzeit.
     
  2. Rechenleistung
    Die Verfügbarkeit enormer Rechenleistung im Verbund mit fortschrittlichen Algorithmen für neuronale Netze hat entscheidend zur Effizienz und Zuverlässigkeit von Bildverarbeitung, Mustererkennung und maschinellem Lernen beigetragen. Umfangreiche Angebote an GPUs (Graphics Processing Units), bio-inspirierten Sensoren und Multicore-VLIW-DSPs (Very Long Instruction Word Digital Signal Processor) haben die Voraussetzungen für eine umfangreiche Palette an Bildverarbeitungs-Subsystemen geschaffen. Super-GPUs mit einer Rechenleistung im TeraFLOPS-Bereich (Floating Point Operations Per Second) und zusätzlichen Beschleunigern für Deep Learning und Bildverarbeitung wurden zu entscheidenden Elementen von Fahrerassistenzsystemen. Allerdings arbeiten viele autonome Systeme batteriebetrieben und müssen folglich mit einem sehr knappen Energiebudget auskommen, was nach äußerst energieeffizienter Verarbeitung verlangt. Hochleistungsfähige Multi-Core-DSPs mit Beschleunigern für maschinelle Lernalgorithmen können jene energieeffiziente Verarbeitungsleistung bereitstellen, die für Systeme wie etwa Roboter und Drohnen benötigt wird. Ein typischer Multi-Core-DSP wie der C667X von TI [1] bietet hohe Rechenleistung mit geringer Stromaufnahme, kombiniert mit weniger Bauteileaufwand und besserer Skalierbarkeit als eine GPU.
     
  3. Motor- und Aktorsteuerung
    Elektromotoren haben in autonomen Maschinen bereits viele hydraulische und mechanische Systeme verdrängt. Der verbesserte Wirkungsgrad der Elektromotoren und prozessorgesteuerte Motortreiber befähigen Roboter und Drohnen zu äußerst präzisen Bewegungen. Elektrofahrzeuge profitieren vom gesteigerter Wirkungsgrad bei Asynchronmotoren und den entsprechenden Treibern, in vielen leichten Robotern und Drohnen werden dagegen kollektorlose Gleichstrommotoren eingesetzt, wegen ihres hohen Wirkungsgrads und weil sie nahezu wartungsfrei sind. Motoren mit integrierten Sensoren, Fehlerdiagnose und „smartem“ Power Management sind von grundlegender Bedeutung für hochpräzise, drehmomentstarke Anwendungen in autonomen Systemen.

 

Trotz der bestehenden Herausforderungen in technischer und anderer Hinsicht halten autonome Maschinen Einzug in unser Alltagsleben. Ihr Wandel von einem Novum zu einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand wird Tag für Tag spürbarer. Rapide Fortschritte in der Elektronik und in kreativen Anwendungen sind Indizien für die Wiederbelebung der autonom agierenden Systeme, die auf Dauer Bestand haben werden. Die neue Generation autonomer Maschinen soll uns helfen. Nutzen wir sie!

 

Literatur

[1] C66x Multicore DSP. Texas Instruments.

 

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Dr. Ahmad Bahai

ist Cheftechnologe im Vorstand von Texas Instruments sowie Direktor von TI Corporate Research, Kilby Labs, beratender Professor an der Stanford University und IEEE Fellow. Er leitete zuvor als CTO bei National Semiconductor die Forschungslabors. Bis 1997 war Dr. Bahai bei den Bell Laboratories als technischer Leiter der Forschungsgruppe für Kommunikationstechnik und Signalverarbeitung zuständig und war Professor auf Zeit an der University of California, Berkeley. Später gründete er die Firma Algorex, ein IC-Entwicklungsunternehmen spezialisiert auf Kommunikationstechnik und Akustik, das von National Semiconductor gekauft wurde. Dr. Bahai ist Miterfinder der Multiträger-Modulation mit Frequenzspreizung, die in vielen modernen Kommunikationssystemen, wie 4G-Mobilfunk und Power-Line verwendet wird. Er verfasste 1999 das erste Lehrbuch zum Orthogonalen Frequenzmultiplexverfahren (OFDM), arbeitete fünf Jahre als Redakteur für IEEE-Zeitschriften und engagierte sich bis 2011 im technischen Lenkungsausschuss der International Solid-State Circuits Conference (ISSCC).

Dr. Bahai hat mehr als 80 IEEE-/IEE-Publikationen veröffentlicht und hält 38 Patente. Seinem Elektrotechnikstudium (Master of Science) am Imperial College, University of London, folgte die Promotion (Ph.D.), ebenfalls in Elektrotechnik, durch die University of California in Berkeley.

 


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