Industrieroboter und Cobots erfordern immer robustere Drehgeber für die präzise und schnelle Positionserfassung. Die bislang dominierenden Technologien haben Stärken – aber auch Schwächen. Mit dem induktiven Drehpositionssensor NCS32100 verfolgt Onsemi einen neuen Ansatz für die Rotationserfassung.
Von Bryson Barney, Onsemi
Eine treibende Kraft der vierten industriellen Revolution – Industrie 4.0 – ist die Verbreitung von Robotern und Cobots. Sie sorgen für eine effizientere und weitaus sicherere Automatisierung. Um eine präzise Steuerung von Endaufgaben zu gewährleisten, z. B. das Aufnehmen und Ablegen von Objekten auf einem Fließband, oder um die Sicherheit des Bedienpersonals zu gewährleisten, müssen für jeden Rotationspunkt präzise Winkelpositionsmessungen zur Verfügung stehen. Die Genauigkeit der Endfunk-tionen eines Roboters ist dabei durch die kumulierte Genauigkeit der einzelnen beweglichen Gelenke begrenzt.
In industriellen Anwendungen kommen optische Drehgeber (Encoder) zum Einsatz, um die Drehposition zu bestimmten. Sie bieten seit jeher eine hohe Genauigkeit, sind jedoch teuer und bringen eine große Stückliste mit sich. Ihre Leistungsfähigkeit wird aber durch Verunreinigungen und Vibrationen, wie sie in industriellen Umgebungen häufig vorkommen, beeinträchtigt. Induktive Drehgeber sind dagegen unempfindlich gegenüber diesen Faktoren und preiswerter. Allerdings bieten sie bisher nicht das gleiche Leistungsniveau. Daher war ihre Anwendung vor allem auf den Automotive-Bereich beschränkt, wenn keine hohe Genauigkeit erforderlich ist. In diesem Beitrag gibt Onsemi einen Überblick über die wichtigsten Leistungsmerkmale von Drehgebern, bevor ein neuer induktiver Sensor vorgestellt wird, der nun eine Genauigkeit erzielt, die mit der seiner optischen Pendants vergleichbar ist.
Ein Drehgeber misst die Winkelposition einer Welle und wandelt sie in einen digitalen Wert um. Bei der Wahl eines Drehgebers sind die Auflösung (in Bits), die Genauigkeit (in Bogensekunden), die Wiederholbarkeit, die Latenzzeit, die Drehzahl (U/min) und die Größe des Sensors (Durchmesser in mm) von entscheidender Bedeutung. Das Verständnis der verschiedenen Kompromisse zwischen den unterschiedlichen zugrunde liegenden Encoder-Techniken hilft bei der Auswahl des Drehgebers.
Die Auflösung wird durch die Gesamtzahl der Positionscodes um eine volle Umdrehung bestimmt. Bei einer endlichen Anzahl von Codes in einer Umdrehung ist die Änderung von einer Positionsablesung zur nächsten daher die kleinste erkennbare Positionsänderung. Die Auflösung eines Absolutwertgebers wird in Bits angeben. Ein häufiges Missverständnis bei Drehgebern ist, dass eine höhere Auflösung die Genauigkeit eines Systems verbessert. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass eine höhere Auflösung nicht zwangsläufig zu einer höheren Genauigkeit führt. Es ist möglich (und wahrscheinlich), dass die Auflösung eines Drehgebers deutlich über seiner Genauigkeit liegt.
Die Genauigkeit eines Encoders ist ein Maß für die Abweichung zwischen seinem Ausgangswert und der tatsächlichen Position der gemessenen Welle. Die Genauigkeit wird in Grad, Bogenminuten oder Bogensekunden gemessen. Standard-Drehgeber haben eine Genauigkeit von etwa 2,5 Bogenminuten (ein Drittel Grad) oder besser, während hochwertige Präzisionsdrehgeber eine Genauigkeit von bis zu fünf Bogensekunden (0,0014 Grad) haben können. Viele industrielle Roboteranwendungen erfordern eine Genauigkeit von 50 Bogensekunden oder mehr.
Die Wiederholbarkeit drückt aus, wie konsistent ein System eine Messung reproduzieren kann, wenn die Welle nach einer anderen Bewegung in dieselbe Position zurückkehrt. Jeder Unterschied in der gemessenen Ausgabe für dieselbe physikalische Position wird als Wiederholfehler gemessen und in Bogensekunden ausgedrückt.
Ein weiterer Parameter, der bei der Auswahl eines Drehgebers zu berücksichtigen ist, ist die Sprungantwort und Latenz des Systems. Die Latenz, die in Mikrosekunden angegeben wird, ist die Zeitspanne zwischen dem Beginn einer Positionsmessung und der Übermittlung der berechneten Position an die übergeordnete Steuerung. Mit anderen Worten: Wenn der Master den Encoder nach der Position fragt, wie lange dauert es dann, bis er eine Antwort erhält?
Angesichts der begrenzten Bandbreite der Elektronik, die zum Erfassen und Verarbeiten eingehender Signale des Sensorgebers verwendet wird, gibt es Grenzen für die Drehzahl, mit der sich eine Welle drehen kann, während immer noch genaue Positionsmessungen erhalten werden. Ab einer bestimmten Wellendrehzahl kann die Sensorelektronik dann nicht mehr mithalten.
Die Größe eines Positionssensors ist ein wichtiger Faktor bei der Wahl eines Drehgebers, da verschiedene Endanwendungen unterschiedliche Größenbeschränkungen haben. Zu beachten ist, dass die Genauigkeit in der Regel mit dem Durchmesser des Sensors skaliert.
Die gebräuchlichsten Drehgeber verwenden optische, induktive oder magnetische Wandler, um die Winkeldrehung in ein elektrisches Signal umzuwandeln, das dann verarbeitet und in eine digitale Messung umgewandelt wird. Optische Drehgeber sind am genauesten und magnetische Drehgeber am ungenauesten. Die Genauigkeit induktiver Drehgeber liegt historisch gesehen zwischen den beiden anderen, jedoch mit einer beträchtlichen Überschneidung in jeder Richtung. Je höher die Genauigkeit eines optischen Drehgebers ist, desto höher sind die Kosten. Die Kunden müssen die Genauigkeitsanforderungen gegen die Systemkosten und andere Faktoren wie Zuverlässigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Wartung abwägen, um die optimale Lösung für ihre Anforderungen zu finden.