Trendstudie Sensorik

Smarte Sensoren für die Medizin von morgen

13. Juni 2025, 9:00 Uhr | AMA-Verband
Egal ob Insulin-Patch, medizinische Wearables oder Smartwatches mit medizinnahen Funktionen - ohne präzise und vernetzte Sensoren kommen tragbare Medizingeräte heute nicht mehr aus.
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»Sensor Trends 2030« heißt die im Frühjahr erschienene Studie des AMA Verband für Sensorik und Messtechnik und des VDI. Als Motor der Digitalisierung treibt die Sensorik – dank mehr Präzision und Vernetzung – insbesondere in der Medizintechnik innovative Designs und Technologien voran.

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Mit der aktuellen Trendstudie »Sensor Trends 2030« hat der AMA Verband für Sensorik und Messtechnik gemeinsam mit dem VDI eine neue Analyse vorgelegt. Der Report gewährt Einblick in die zentralen Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven der Sensorik bis ins Jahr 2030. Die 180-seitige Publikation wurde von 69 Fachleuten aus Industrie und Wissenschaft unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Drese (ISAT Coburg) erarbeitet. Die Studie verdeutlicht, welche technologischen Weichen für die Digitalisierung jetzt gestellt gehören und welch wichtige Schlüsselrolle die Sensorik dabei spielt, insbesondere auch in der Medizintechnik.

Sensorik als Motor der Informationsgesellschaft

In einer zunehmend datengetriebenen Welt ist die Sensorik das Fundament jeder Informationsverarbeitung. Sie erfasst die physikalische Realität und übersetzt diese in digitale Signale. Damit ist sie der erste Schritt auf dem Weg zur datenbasierten Entscheidungsfindung. Besonders in der Medizintechnik kommt ihr eine wachsende Bedeutung zu, denn hier sind häufig die Genauigkeit, die absolute Zuverlässigkeit und eine kurze Reaktionszeit entscheidend. 

Die Studie zeigt auf, dass Sensoren nicht länger als Einzelkomponenten betrachtet werden, sondern zunehmend als vernetzte Systeme, die über Schnittstellen kommunizieren, sich selbst kalibrieren und durch künstliche Intelligenz (KI) gesteuert werden können. Die Sensorik übernimmt bereits heute eine strategische Rolle bei der Transformation der Medizin hin zu einem personalisierten Ansatz sowie mehr Effizienz, Präzision und Nachhaltigkeit ein.

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AMA Sensorik Trendstudie Sensortrends 2030 Medizintechnik Smart
Die Trendstudie Sensor Trends 2030 zeigt auch die Bedeutung der Sensorik für die moderne Medizintechnik.
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Zentrale Trends: Intelligenz, Effizienz und Integration

Die Studie identifiziert sechs wesentliche Trends, die die Entwicklung in der Technologie voraussichtlich in dem kommenden Jahre prägen werden:
Steigende Messgenauigkeit und sinkende Unsicherheiten, weitere Fortschritte in Werkstoffen, Signalverarbeitung, MEMS-Technologien und Kalibrierverfahren führen zu immer präziseren und stabileren Messergebnissen. Diese Entwicklung ist insbesondere für die Medizintechnik entscheidend, denn eine genauere Überwachung von Vitalparametern, frühzeitige Erkennung kritischer Zustände und verlässlichere Diagnosen erhöhen die Patientensicherheit deutlich. Implantierbare Systeme, Lab-on-a-Chip-Technologien und bildgebende Verfahren profitieren direkt von sinkenden Messunsicherheiten. Die Weiterentwicklung hochauflösender Messsysteme trägt zudem dazu bei, mikroskopische Veränderungen im menschlichen Körper frühzeitig zu erkennen und Behandlungsmaßnahmen schneller einzuleiten.

Praxisbeispiel Diagnostik: NanoStruct aus Würzburg

Ein überzeugendes Beispiel für den Fortschritt in der Sensorik ist NanoStruct, ein Spin-off der Universität Würzburg. Das Unternehmen, ist nominiert für den AMA Innovationspreis 2025 und hat einen ultraschnellen Bakterientest auf Basis der SERS-Technologie (Surface-enhanced Raman Spectroscopy) entwickelt. Durch nanostrukturierte Sensorelemente lassen sich pathogene Bakterien in Lebensmitteln innerhalb von drei Minuten nachweisen – eine erhebliche Beschleunigung gegenüber bisherigen Methoden, die oft Tage in Anspruch nehmen. Die Technologie zeigt großes Potenzial auch für die medizinische Diagnostik.

Der exponentiell wachsende Informationsbedarf der modernen Medizin basiert auf einer datengetriebener Entscheidungsfindung. Es reicht längst nicht mehr aus, einzelne Parameter zu messen, sondern diese müssen kontextualisiert, interpretiert und priorisiert werden. Moderne Sensorsysteme liefern daher nicht mehr nur Rohdaten, sondern bereiten diese vor, erkennen Muster, leiten Zustände ab und liefern konkrete Handlungsimpulse. Klinische Entscheidungsunterstützungssysteme und KI-gestützte Frühwarnsysteme basieren auf dieser Datenqualität und Datenverfügbarkeit. Diese Systeme spielen eine zentrale Rolle in der personalisierten Medizin, bei der Diagnostik und Therapie – die vermehrt auf individuelle Patientendaten zugeschnitten werden.

Sensorik wandelt sich von der Einzelkomponente zum smarten Subsystem. Häufig mit integrierter Rechenleistung, Selbstüberwachung, Schnittstellenstandards und automatischer Kalibrierung bildet sie die Grundlage für vernetzte Anwendungen. Diese sind relevant für die immer wichtiger werdenden Telemedizin, die häusliche Patientenüberwachung oder im klinischen Workflow-Management. Die Flexibilität dieser Systeme erleichtert den Einsatz in modularen Plattformkonzepten und beschleunigt die Entwicklung neuer Lösungen. Die Integration in übergreifende IoMT-Architekturen erlaubt eine nahtlose Kommunikation zwischen Geräten und verbessert die Prozessautomatisierung überall im Gesundheitswesen.

Miniaturisierung und Kostenreduktion sind weitere Trends, die die Studie aufzeigt, denn miniaturisierte Sensoren eröffnen neue Anwendungsfelder, wie tragbare Diagnosesysteme über Informationen über Implantate bis hin zu Wearables und Point-of-Care-Testsystemen. Die Herausforderung liegt darin, bei minimalem Platzbedarf und Energieverbrauch dennoch eine hohe Präzision und Verlässlichkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig stoßen Entwickler hier zunehmend an physikalische Grenzen, z.B.  durch die Größe von Atomen oder Lichtwellenlängen, was kreative neue Sensorkonzepte notwendig macht. Fortschritte im Bereich von Nanomaterialien und hybriden Integrationsverfahren bieten neue Perspektiven für leistungsfähige, kompakte Sensorlösungen.

AMA Sensorik Trendstudie Sensortrends 2030 Medizintechnik Smart
Die Trendstudie »Sensor Trends 2030« zum Download: https://www.ama-sensorik.de
© AMA / VDI

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind auch in der Sensorik wichtige Trends. Etwa in der mobilen Diagnostik, bei den IoMT-Anwendungen des Gesundheitswesens und in ressourcensensiblen Umfeldern ist Energieeffizienz entscheidend. Energiesparende Sensorlösungen, optimierte Sleep-Modi, neue Speichertechnologien und Energy Harvesting Ansätze (z. B. aus Körperwärme oder Bewegung) ermöglichen lange Einsatzzeiten ohne Wartung. Nachhaltige Materialien und kreislauffähige Designs unterstützen den ökologischen Wandel auch in der Medizintechnik. Gleichzeitig verringern diese Innovationen die Abhängigkeit von seltenen Rohstoffen und tragen zur langfristigen Verfügbarkeit von Sensorik-Technologien bei.

Künstliche Intelligenz und Quantensensorik verändern das Sensorverständnis grundlegend. Adaptive Algorithmen erkennen Anomalien, klassifizieren Muster und unterstützen Entscheidungen, zunehmend in Echtzeit. Gleichzeitig eröffnet die Quantensensorik neue Dimensionen an Genauigkeit. Sensoren auf Basis quantenphysikalischer Effekte ermöglichen hochpräzise Messungen z. B. im Bereich der funktionellen Bildgebung, der Magnetfeldmessung im Gehirn oder bei molekularen Erkennungsverfahren. Die Anzahl einschlägiger Patentanmeldungen wächst rasant, das dürfte ein klares Indiz für die medizinische Relevanz sein. In Verbindung mit cloudbasierten Auswertungssystemen entstehen neue datengetriebene Diagnostikmethoden mit bisher unerreichter Empfindlichkeit.

Sensorik für die Medizintechnik der Zukunft

Die in der Studie beschriebenen Trends bilden damit die Grundlage für eine leistungsfähige, präzise und patientenzentrierte Medizintechnik. Sensoren übernehmen immer komplexere Aufgaben, sind integraler Bestandteil smarter Diagnostiksysteme und ermöglichen neue Behandlungsansätze.

Intelligente Sensorik sammelt kontinuierlich Vitalparameter, wertet sie aus, erkennt Veränderungen, gibt Warnungen aus und passt medizinische Maßnahmen individuell an. Die nahtlose Integration in Kliniksysteme, in cloudbasierte Plattformen oder in tragbare Endgeräte sorgt dafür, dass relevante Informationen dort ankommen, wo sie gebraucht werden – in Echtzeit, sicher und datenschutzkonform. Die Sensorik trägt damit zukünftig nicht nur zur Effizienzsteigerung im Klinikalltag bei, sondern verbessert die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten nachhaltig.

Sensorik gestaltet die digitale Medizin

Die Sensorik wird zur zentralen Basistechnologie auch in der Medizin der Zukunft. Ihre Verbindung mit KI, Systemintegration und neuen physikalischen Prinzipien eröffnet weitreichende Möglichkeiten für präzisere Diagnosen, effizientere Therapien und eine nachhaltigere Gesundheitsversorgung. Die »Sensor Trends 2030« machen deutlich, welche Chancen bestehen – und warum in der Medizintechnikentwicklung genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, diese gezielt zu nutzen. (uh)


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