Auch aus Rothhaupts Sicht bringtd die Konsolidierung auf wenige Rechner Vorteile. Denn seiner Meinung nach basiert heute ein Teil der Komplexität auf der Fragmentierung der Steuereinheiten, die miteinander kommunizieren müssen. Mit wenigen Recheneinheiten ließe sich die Software und die Kommunikation leichter steuern und kontrollieren. Westmeyer weist außerdem darauf hin, dass es für diese komplexen Software-Systeme auch entsprechende Frameworks am Markt gebe. Als Beispiel nennt er MotionWise von TTTech. Mit diesen Tools in Verbindung mit Hardware-Implementationen lassen sich Zugriffsrechte regeln, Memory-Bereich sperren, Busbandbreiten limitieren oder Zeitschlitze vergeben. »Von der Technologie ist es heute sicherlich möglich, dass große Software-Pakete auf einem Prozessor laufen, die voneinander isoliert sind und die dementsprechend sicher ablaufen können«, so Westmeyer weiter.
Leistungsfähige Prozessoren? Kein Problem!
Werden zig Mikrocontroller durch ein paar wenige leistungsfähige Prozessoren ersetzt, dürfen sich dann eher Unternehmen wie Intel, Nvidia und Qualcomm freuen oder können auch die etablierten Mikrocontroller-Hersteller diesen Bereich bedienen?
Auf diese Frage kontert Wiese zunächst, dass die MCUs ja nicht komplett wegfallen. »Jedes System, ob Sensor oder Aktor, hat etwas, das programmierbar ist, allein schon, um eine ASIL-Fähigkeit zu erreichen und um das Ganze „safe and secure“ zu machen.« Das heißt, dass der bisherige Markt »sicherlich nicht zusammenbrechen wird«, so Wiese weiter. Wobei er darüber hinaus die Frage an sich schon falsch findet. In diesem Zusammenhang führt er die Netzwerkprozessoren von NXP an, die in der höchsten Ausbaustufe über 16 A72-Prozessorkerne verfügen und für die Automobilindustrie geeignet sind. Auch einige andere Hersteller erklären, dass sie Anforderungen hinsichtlich hoher Rechenleistung durchaus bedienen können. Westmeyer betont beispielsweise, dass Renesas diesen Bereich adressieren kann. Das Unternehmen fertige seit Jahren SoCs für den Infotainment-Bereich, sei im High-Performance-Computing-Bereich und bei ADAS unterwegs »und wir zielen ganz klar auch auf diesen Bereich ab«, so Westmeyer. ST arbeitet bekanntermaßen mit Mobileye zusammen, was laut Valesani auch noch mindestens zwei weitere Generationen so bleiben soll. »Ich denke, dass wir momentan auf dem Markt eine ganz gute Position haben«, so Valesani weiter. Geht es um Zonen- oder Domänen-Controller, dann entwickelt ST derzeit mit einem deutschen Kunden eine Multi-Core-Plattform. Valesani: »Mit dieser Multi-Core-Plattform wollen wir die High-Performance-Computing-Systeme abdecken.«
Nvidia ist keine Konkurrenz
In Hinblick auf Nvidia kommt eine Besonderheit ins Spiel: Das Unternehmen bedient einen Bereich in der Automobilindustrie, den die anderen Hersteller sowieso nicht adressieren wollen. Wiese weiter: »Wir haben keine GPUs wie Nvidia. Ich spreche jetzt erst einmal nur für NXP, wobei ich glaube, dass auch die anderen Hersteller das ähnlich sehen: Warum sollten wir versuchen, Nvidia, der aus einem ganz anderen Markt kommt, das Wasser abzugraben, wo wir gar keine Chance haben?« Ähnlich argumentiert Adlkofer. Seiner Meinung nach kommt Nvidia sein Erfolg im Gaming-Bereich zugute, wenn es um die Simulation in der Automobilwelt geht. Die geforderten zig Millionen Kilometer, die Fahrzeuge zurücklegen müssen, um zu zeigen, dass sie sicher sind, können nicht auf der Straße abgefahren werden, sondern das geht nur auf dem Computer. »Da hat Nvidia einfach einen Vorsprung, den wir eher als Nische betrachten würden.« Westmeyer bringt noch einen weiteren Punkt ins Spiel. Aus seiner Sicht bietet Nvidia High-End-Lösungen an, die aus Kostengründen nicht für den Volumenmarkt nutzbar sind – aber genau daran sind eben viele der etablierten Hersteller interessiert, also besteht hier gar keine Konkurrenzsituation.