Nexperia als neuer GaN-Player

Mit Fokus auf Automotive

11. Februar 2020, 10:00 Uhr | Engelbert Hopf
Mit diesen AEC-Q101-getesteten und zertifizierten 650-V-GaN-FET im TO-247-Gehäuse zielt Nexperia unter anderem auf Leistungshalbleiteranwendungen in Elektrofahrzeugen.
© Nexperia

Nexperia verfolgt im GaN-Bereich einen Geschäftsansatz, der sich auf den Bereich Hochspannung konzentriert. Zum Einstieg in den GaN-Markt startet das Unternehmen mit 650-V-Bausteinen, kündigt aber bereits Pläne für GaN-FETs mit bis zu 1200 V Sperrspannung an.

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Kurz vor dem Jahresende war es schließlich so weit: Nexperia verlässt den Stealth-Modus und bringt unter der Bezeichnung GAN063-650WSA einen robusten 650-V-GaN-FET auf den Markt. Toni Versluijs, General Manager der MOS Business Group bei Nexperia, machte bei der Vorstellung des neuen Bauteils gleich deutlich, an welche Art von Anwendung Nexperia für den GaN-Leistungshalbleiter vor allem denkt: E-Mobility. »Für Nexperia ist das ein strategischer Schritt in den Bereich Hochspannung. Ab sofort können wir die Technik für Leistungshalbleiter in Elektrofahrzeugen bereitstellen.«

Begonnen hatten die Arbeiten an GaN noch zu NXP-Zeiten, wie Dr. Richard Eden, Principal Research Analyst für Power Semiconductors bei IHS Markit, feststellt. Der Übergang von NXP zu Nexperia habe die Entwicklung dann möglicherweise etwas verzögert. Da die meisten auf dem Markt erhältlichen 650-V-GaN-FETs bislang Bare Dies sind, wie er erläutert, »sehe ich Nexperias Ansatz, die Bauteile im TO-247-Gehäuse anzubieten, als gute Lösung, um den Entwicklungsingenieuren den Einsatz der neuen Bauteile so einfach wie möglich zu machen«.

Wie Dr. Dirk Wittorf, Senior Director Strategic Marketing & Chief of Staff bei Nexperia, bestätigt, begannen die Entwicklungsarbeiten an GaN noch in den Niederlanden, bevor sie dann nach Manchester transfriert wurden. In einem GaN-on-Silicon-Prozess auf existierenden Anlagen hergestellt, sind die GaN-FETs von Nexperia kaskodiert und beginnen mit einem Einschaltwiderstand von 50 mΩ. Wie er erläutert, sieht die weitere Roadmap bereits Bauteile mit 35 mΩ, unter 20 mΩ und unter 10 mΩ vor. »Zudem werden wir in Zukunft Produkte bis zu 1200 V anbieten«.

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Dr. Dirk Wittorf, Nexperia: »Unser Entwicklungsprogramm hinsichtlich weiterer GaN-Produkte umfasst nicht nur Bauelemente mit niedrigerem Einschaltwiderstand als 50 mΩ, sondern auch solche mit Sperrspannungen bis 1200 V.«
© Nexperia

Wie der Nexperia-Manager weiter ausführt, wecken die GaN-Leistungshalbleiter aufgrund ihres hohen Wirkungsgrades von nahezu 99 Prozent bislang vor allem Interesse in den Bereichen Telekommunikationsinfrastruktur, Datenzentren und Energiespeichersysteme einschließlich PV. EVs sind nach seinen Worten ebenfalls ein wichtiger Bereich. »Wir entwickeln bereits Lösungen für globale Automotive Tier-Ones und OEMs, mit denen wir in engen geschäftlichen Beziehungen stehen.« Wie er versichert, bietet die hauseigene GaN-Technologie die Leistung, Qualifikation und Skalierbarkeit, die für den EV-Markt erforderlich ist, »einschließlich On-Board-Charging, DC/DC-Converter und Traktionswechselrichter«.

Er weist darauf hin, dass die GaN-Produkte AEC-Q101-getestet und zertifiziert sind. Das gelte auch für kommende Bauteile, einschließlich der CCPAK-Bauteile (Copper-Clip Surface-Mount). Bei den CCPAK-Bauteilen wird es sich nach seinen Ausführungen um eine Kombination von hochperformanten Niederspannungs-MOSFETs aus eigener Produktion mit HEMT-Bauelementen im Verarmungsmodus (Depletion Mode) handeln. Diese Kaskode-GaN-HEMT-Bauelemente zeichnen sich durch höchste Wirkungsgrade aus.

Dr. Wittorf versichert zudem, dass sich Nexperia aus strategischen Gründen nicht um GaN-FETs mit Spannungen unter 200 V bemühen wird: »In diesem Spannungsbereich konzentrieren wir uns auch in Zukunft auf unsere siliziumbasierte Power-MOSFET-Technologie.« Wie der Nexperia-Manager weiter erläutert, nutzt das Unternehmen eigene oder Partner-Produktionsstätten für EPI, Prozess, Assembly und Test sowie das Gehäuse. »Wir nutzen keine Foundry.« Aktuell werden die GaN-FETs auf 6-Zoll-Wafern produziert. Um die Skalierung für den wachsenden EV-Markt zu unterstützen, ist jedoch bereits die Migration auf 8 Zoll geplant.

Kurz vor Jahresende 2019 gab es noch eine weitere wichtige Mitteilung im Zusammenhang mit Nexperia: Wingtech Technology, ein chinesischer Computer- und Telekommunikations-Equipment-Hersteller, hat die Mehrheitsbeteiligung von Beijing Jianguang Asset Management an Nexperia übernommen. Unabhängig von diesem Wechsel wird der Unternehmens-Hauptsitz weiterhin im niederländischen Nijmegen verbleiben und Nexperia weiterhin als unabhängiges Unternehmen unter niederländischem Recht agieren. Unverändert bleibt auch das Management-Team um CEO Frans Scheper.

»Unser Geschäft in China weiter auszubauen war seit unserer Gründung im Jahr 2017 eines unserer Hauptziele«, versichert Scheper. »Die Veränderung in unserer Eigentümerstruktur ist eine weitere Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.« Nach seiner Einschätzung wird der neue Mehrheitseigentümer Nexperia neue Möglichkeiten im Bereich 5G und den dazu gehörenden Sektoren eröffnen.


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