Bereits vor der Pandemie wurde in Europa teils heftig über Downsizing-Strategien asiatischer Hersteller passiver Bauelemente diskutiert. Wie positioniert sich Taiyo Yuden in dieser Frage?
Auch wir unterstützen den Downsizing-Ansatz dort, wo er notwendig und praktikabel ist. Aus heutiger Sicht lässt sich ganz klar sagen, dass Anwender einen MLCC mit 100 nF in der Bauform 1206 in Zukunft nicht mehr von den großen Playern bekommen werden. Das dürfte schon bei Größen wie 0603 schwierig werden. Aktuell liefern wir MLCCs in Baugrößen bis hinab zu 008004. Entsprechen fallen auch die Investitionsentscheidungen aus. Neue Linien und neue Werke werden bevorzugt für kleinere Bauformen installiert und errichtet.
Wenn die Miniaturisierung und Integration weiter fortschreitet, mit wie vielen Schichtdicken arbeiten Sie heute in High-Performance-MLCCs? Mit welchen Korngrößen arbeiten Sie dazu bei Ihren Keramikpulvern?
1 mF in der Baugröße 1812 ist das Größte, was wir herstellen können, und dort arbeiten wir mit weit über tausend Schichten. Die Keramikschichtdicken bewegen sich bei 0,4 bis 0,5 µm. Wir sind einer von nur zwei MLCC-Herstellern, die ihr Keramikpulver selbst herstellen. Aktuell bewegt sich die Korngröße des Materials bei 100 nm. Unser Ziel ist es, diese Schichtdicken in den nächsten Entwicklungsschritten noch deutlich weiter zu reduzieren.
In der Vergangenheit wurden immer wieder Zweifel daran geäußert, dass sich solch miniaturisierte Bauelemente noch mittels Pick-and-Place-Automaten verarbeiten lassen. Stellt das heute kein Problem mehr dar?
Nicht jeder Bestückungsautomaten-Hersteller beherrscht die Verarbeitung kleinster Bauteile, aber es gibt ausreichend Hersteller, die dazu in der Lage sind. Wir werden die Entwicklung von High-Performance-Bauteilen sowie sehr robusten Bauteilen ebenso weiter vorantreiben wie die Miniaturisierung. Wir gehen aber auch davon aus, dass in Zukunft integrierte Bauteilversionen wichtiger werden.
In den letzten Jahren ist vor allem durch den Bedarf der Automotive-Industrie der Bedarf an kleinen, performancestarken Induktivitäten stark gestiegen. Wird sich Taiyo Yuden in Zukunft in diesem Bereich stärker engagieren?
Im Bereich Induktivitäten konzentrieren wir uns vor allem auf Metall-Cores und kleine Bauformen in Vielschicht oder in gewickelter Ausführung. Unsere Schwerpunkte liegen bisher im Consumer- und Telekombereich. Aber wir arbeiten an Induktivitäten, die bis +150 °C einsetzbar sind.
Einige Hersteller passiver Bauelemente haben in den letzten Jahren beispielsweise MLCC- oder Piezotechnologie genutzt, um daraus neue Produkte für völlig neue Anwendungsbereiche zu entwickeln. Verfolgen Sie einen ähnlichen Ansatz?
Wir haben in den letzten Jahren vor allem in Japan eine Reihe von Sensor-Anwendungen vorgestellt, die auf Piezo-Technologie basieren. Vom Medizin- über den Display- bis zum Automotive-Bereich gibt es hier interessante Produktentwicklungen, die aber in erster Linie mit japanischen Kunden vorangetrieben werden. So entwickeln wir dort beispielsweise auch, basierend auf unserer Lithium-Kondensatoren-Technologie, eine All-Solid-State-Batterie für 5G-Anwendungen.
In den letzten Jahren ist durch Übernahmen Bewegung in den Markt für passive Bauelemente gekommen. Wird sich Taiyo Yuden als eigenständiger Hersteller behaupten können? Verfolgt Taiyo Yuden selbst eine Akquisitionsstrategie?
Aus heutiger Sicht erscheint eine Übernahme von Taiyo Yuden wenig wahrscheinlich. Dazu ist der Aktienbesitz zu breit gestreut, niemand besitzt mehr als fünf Prozent der Aktien. Taiyo Yuden selbst hat sich in den letzten 15 Jahren durch strategische Zukäufe gestärkt. Im Jahr 2007 übernahm Taiyo Yuden die Firma Shoei und stieg damit in den Markt der Lithium-Kondensatoren ein. Im Jahr 2010 wurde das SAW-Filter-Geschäft von Fujitsu übernommen. Vor vier Jahren erfolgte die Übernahme des Elektrolytkondensatorherstellers Elna. Strategische Übernahmen wie diese zählen auch in Zukunft zur Entwicklungsstrategie von Taiyo Yuden.