Stimmungsbild aus der Supply-Chain

Ist Europa abgehängt?

6. Juni 2019, 13:30 Uhr | Karin Zühlke
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Regionale Unterschiede

In China gibt es sehr viele Hersteller, die in Europa gar nicht bekannt sind und ihren Marktanteil dort eher über Preisdumping bei weniger guter Qualität vergrößern. Davon grenzt sich Yageo klar ab. Das Unternehmen stehe für Qualität und für langfristige Verfügbarkeit. »Wir committen uns auch in den nächsten fünf Jahren zu den großen Bauformen 0603 und größer und haben uns entschieden, die Kapazitäten hierfür nicht zu reduzieren, sondern gleich zu belassen. Denn die großen Bauformen werden nach wie vor gebraucht. Der Umschwung auf kleinere Bauformen ist im Gange, aber eine Umstellung rentiert sich nicht in jedem Fall.« Auch die Distributoren bestätigen, dass Yageo sich als verlässlicher Partner erwiesen hat: »Yageo hat einen guten Teil dazu beigetragen, die Lieferkette für MLCCs im letzten Jahr aufrechtzuerhalten«, erklärt Andreas Mangler, Director Strategic Marketing von Rutronik.

Regionale Unterschiede

Und wie beurteilt die Kundenseite die Situation? Felix Timmermann wohnt der Gesprächsrunde als Executive Vice President von Asteelflash bei. Das Unternehmen ist ein international aufgestellter Elektronik-Dienstleister mit Hauptsitz in Paris, 17 Produktionsstätten auf vier Kontinenten und hat mehr als 5000 Mitarbeiter. Zur Klientel zählen namhafte Automotive-Konzerne genauso wie klassische Industriekunden. Ein vielschichtiges globales Supply-Chain-Management gehört daher zum Alltag von Asteelflash. Mit diesem Erfahrungshintergrund nimmt Timmermann sehr wohl wahr, dass es Unterschiede gibt: »Wenn wir Allokation haben, sind bei verschiedenen Herstellern die Mengen nach Regionen aufgeteilt und da hat Europa nicht den größten Teil.«

Timmermann stellt zudem einen Trend zur Miniaturisierung der Bauteile fest, der nach seiner Ansicht nicht durch den europäischen Industriekunden getrieben ist. »Europäische Unternehmen müssen sich dem stellen und die Produkte anpassen. Von daher sehen wir zwar eine Demand-Creation, die in Europa gegeben ist, aber der Einfluss der Europäer auf die großen Trends ist aus unserer Sicht nicht ganz so groß. Das muss man so zur Kenntnis nehmen und in seine Supply-Chain-Planung einbauen. Daran arbeiten wir intensiv mit unseren Kunden.«

Timmermann unterstreicht aber ausdrücklich auch die zunehmende Verlässlichkeit der Bauelemente-Hersteller. Es sei heute nicht mehr so, dass bei den Herstellern große OEMs zu Lasten von KMUs bevorzugt würden, wenn sie kurzfristige Bedarfe anmelden. »Wenn der Bedarf nicht rechtzeitig platziert wurde, dann hat auch die Firma mit dem großen Namen Pech gehabt. Wer einen Bedarf rechtzeitig angemeldet hat, bekommt ihn in der Regel auch. Aber das kurzfristige Umplanen ist demzufolge für alle schwieriger geworden.«

Heterogenes Meinungsbild

Ist Europa also abgehängt? Diese Frage lässt sich kaum pauschal beantworten, sondern kommt auf Hersteller, Kunde und die Branche an. Europa hat vor allem über die Automobilindustrie maßgeblichen Einfluss auf die Bauelementehersteller. Ob sie diese Rolle allerdings mittelfristig vor dem Hintergrund einer erstarkenden chinesischen Autoindustrie und der Elektromobilität beibehalten wird, bleibt abzuwarten. Der klassische Industrie-KMU aus Europa hingegen hat kaum Möglichkeiten, am „großen Rad“ der Hersteller mitzudrehen, und muss dies durch eine minutiös durchgeplante Lieferkette bis hin zum adäquaten Design for Manufacturing und einer schon in der Entwicklung bedachten Verfügbarkeits- und Obsoleszenzplanung wettmachen.

Und diese Flexibilität scheinen Europas Industrie-Granden nach Meinung von Hermann Reiter, Global Strategic Business Development & Supplier Management von Digi-Key, gut unter Beweis zu stellen: Denn unabhängig von der Frage, ob ein Unternehmen Einfluss auf die Roadmap eines Herstellers hat, »ist Europa weiterhin Entwicklungs-Hotspot für Industrie-Applikationen, die in kleinen bis mittleren Stückzahlen produziert werden.«


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