Interview mit Weisbauer Elektronik

"Groß genug, um zuverlässig zu liefern, klein genug für Agilität"

16. Oktober 2025, 8:00 Uhr | Karin Zühlke
Weisbauer hat die Patenschaft für ein Breitmaulnashorn übernommen: Der sanfte Riese ist in Dortmund etwas ganz Besonderes, denn das Nashorn ist ein Wahrzeichen der Stadt.
© Weisbauer

Weisbauer Elektronik steht seit fast 50 Jahren für Beständigkeit, Nähe und Partnerschaft. Diesen Werten fühlt sich auch Dominik Kersting verpflichtet, seit Januar Geschäftsführer des Distributors.

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Im Markt&Technik-Interview schildert er u. a., warum »Distribution mit Herz« mehr ist als ein Claim, Kundennähe auch im Zeitalter der Digitalisierung unverzichtbar ist – und was es mit der Nashorn-Patenschaft auf sich hat.

Markt&Technik: Herr Kersting, Sie sind seit Januar 2025 Geschäftsführer von Weisbauer Elektronik. Erzählen Sie doch kurz, wie Ihr Weg dorthin verlaufen ist.

Dominik Kersting: Ich bin 2023 ins Unternehmen eingestiegen, damals noch als Assistenz der Geschäftsführung. Ein Jahr später wurde ich Prokurist und zum Jahresbeginn 2025 habe ich dann die Rolle des Geschäftsführers im Bereich Vertrieb übernommen. Für mich ist das eine große Verantwortung – aber auch eine konsequente Weiterentwicklung, weil ich von Anfang an sehr nah an den Themen dran war. Besonders schätze ich, dass ich das traditionsreiche Familienunternehmen gemeinsam mit den Geschwistern Konny und Karsten Weisbauer weiterführen darf – sie prägen das Unternehmen seit vielen Jahren, und ich freue mich, im Vertrieb meinen Teil dazu beizutragen.

Weisbauer wirbt mit dem Claim »Distribution mit Herz«. Das ist ungewöhnlich in einer Branche, die eher technisch geprägt ist. Was steckt für Sie dahinter?

Der Leitsatz begleitet uns tatsächlich seit der Gründung 1977. Es ist mehr als nur ein Werbespruch – er beschreibt unsere Haltung. Für uns zählen Werte wie Verlässlichkeit, Offenheit, Vertrauen und Respekt. Und zwar nicht nur im Kundenkontakt, sondern auch intern mit den Mitarbeitenden und im Umgang mit Lieferanten. Wir sind ein Familienunternehmen, und für uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Das hat sich über die Jahre nicht verändert – und das wird auch so bleiben.

Die Elektronik-Distribution steht unter Druck: Lieferkettenprobleme, Digitalisierung, neue Vertriebsmodelle. Wie reagieren Sie auf diese Veränderungen?

Klar, die Transformation spüren wir auch. Digitalisierung bringt viele Chancen, kann aber auch dazu führen, dass es unpersönlicher wird. Genau da setzen wir einen anderen Schwerpunkt: Wir wollen moderne Prozesse nutzen, aber gleichzeitig echte Nähe bewahren. Persönliche Ansprechpartner, partnerschaftliche Lösungen, Verlässlichkeit – das ist das, was uns stark macht. Viele unserer Kunden begleiten uns seit Jahrzehnten. Gerade in unsicheren Zeiten ist so eine stabile Bindung ein großer Vorteil.

Dominik Kerting von Weisbauer
Dominik Kersting, Weisbauer: „Wir wollen moderne Prozesse nutzen, aber gleichzeitig echte Nähe bewahren. Persönliche Ansprechpartner, partnerschaftliche Lösungen, Verlässlichkeit – das ist das, was uns stark macht.“
© Weisbauer

Ihr Vorgänger Michael Brandt ist weiter beratend im Unternehmen tätig. Hat sich mit Ihrem Einstieg der Führungsstil oder die strategische Ausrichtung verändert?

Der Kurs bleibt insgesamt ähnlich. Herr Brandt bringt nach wie vor seine Erfahrung und Expertise ein, das ist für mich persönlich sehr wertvoll. Natürlich habe ich eigene Vorstellungen, die ich einbringe, aber die Grundausrichtung ist klar: Weisbauer steht seit fast 50 Jahren für Beständigkeit, Nähe und Partnerschaft. Genau das wollen wir fortsetzen. Und wir wollten einen sanften Übergang schaffen, deswegen auch meine Übergangszeit vom Prokuristen zum Geschäftsführer.

Welche Prozesse haben Sie optimiert, seit Sie als Geschäftsführer Verantwortung tragen, und welche Maßnahmen haben Sie konkret umgesetzt?

Uns war wichtig, das Unternehmen noch zukunftsfähiger aufzustellen. Wir möchten weiterhin mit innovativen Herstellern zusammenarbeiten, um moderne Technologien zu unseren Kunden zu bringen. Dafür haben wir verschiedene Schritte unternommen: Wir haben unsere internen Abläufe gestrafft, im Marketing ein neues Setup installiert – Sie hatten ja schon Kontakt mit Frau El-Idrissi – und wir haben unsere Linecard komplett überarbeitet. Das betrifft nicht nur die Optik, sondern auch die Inhalte. Gleichzeitig wollen wir unsere Messepräsenz ausbauen und sind inzwischen auch stärker über Kanäle wie LinkedIn aktiv. Das Werteversprechen von Weisbauer – Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Termintreue – bleibt dabei natürlich bestehen.

Sie sprachen Messen an. Gibt es schon konkrete Pläne, wo man Weisbauer künftig sehen wird?

Ja, unser Fokus liegt auf regionalen Formaten, die in mehreren Städten stattfinden. Da prüfen wir genau, wo wir unsere lokalen Stärken am besten einsetzen können. Die großen Leitmessen werden wir zunächst nicht mit eigenem Stand bespielen – aber natürlich sind wir dort mit unserem Team vor Ort.

Weisbauer ist ein mittelständisches Familienunternehmen mit rund 25 Mitarbeitenden. Wo liegen Ihre größten Vorteile gegenüber den großen Distributoren – seien es internationale Konzerne oder auch große deutsche Marktteilnehmer?

Ich sehe unsere größte Stärke in unserer Eigenfinanzierung. Wir sind unabhängig, es gibt keine externen Aktionäre, die auf Quartalszahlen schielen. Das gibt uns Freiheit und Flexibilität. Wir können Waren auf Lager legen, die nicht direkt kundengebunden sind – und so Engpässe abfedern. Gleichzeitig sind wir groß genug, um zuverlässig zu liefern, und klein genug, um pragmatisch auf Kundenbedürfnisse zu reagieren. Diese Kombination macht uns aus.

Das ist ja fast schon ein Claim: groß genug, um zuverlässig zu liefern – klein genug, um flexibel zu sein.

Ja, genau. Das trifft es sehr gut.

Kommen wir zum Portfolio. Sie bieten aktive und passive Bauelemente, Batterielösungen, Elektromechanik und Steckverbinder an. Was war die strategische Idee hinter dieser Erweiterung?

Unser Portfolio war schon vorher relativ breit aufgestellt, aber gerade im Bereich Steckverbinder konnten wir es jetzt deutlich stärken. Früher hatten wir hier zwar Produkte im Angebot, aber keine Franchise-Partnerschaften. Mittlerweile konnten wir führende Hersteller wie Greencon und Sauro gewinnen. Das zeigt, dass wir als Distributor gute Arbeit leisten und Projekte generieren können.

Mein Ansatz war schon immer, den Kunden den »Best Fit« zu bieten. Wenn das Portfolio zu klein ist, wird es schwierig, wirklich passgenaue Lösungen zu liefern. Deshalb haben wir es abgerundet. Gleichzeitig haben wir ein sehr starkes Netzwerk, über das wir auch schwer beschaffbare Artikel besorgen können. Und mit unseren Herstellern entwickeln wir zunehmend kundenspezifische Lösungen – von Sonderbauteilen bis hin zu Kabelkonfektionen.

[»Lieber wenige, dafür starke Partnerschaften«

Herr Kersting, lassen Sie uns noch einmal auf Ihr Portfolio blicken: Ist das im Prinzip eine Mischung aus festen Franchise-Partnerschaften mit Herstellern und situationsabhängigen Partnerschaften?

Genau so ist es. Der Fokus liegt ganz klar auf unseren eigenen Herstellern, mit denen wir Franchise-Verträge haben. Diese wollen wir gezielt vorantreiben – dort realisieren wir Projekte, dort bekommen wir auch die beste Unterstützung. Aber in der Praxis kommt es eben auch vor, dass man beim Kunden sitzt und es um die Beschaffung von C-Teilen geht. Dann greifen wir auf unser Netzwerk zurück. Wir sind also nicht ausschließlich auf die Linecard beschränkt, sondern können flexibel reagieren.

In Ihrer Partnerschaft, zum Beispiel mit Diotec, zeigen Sie, wie technische Distribution nah am Produkt und nah am Kunden funktioniert. Welche Rolle spielen solche selektiven Herstellerpartnerschaften heute für Ihre Vertriebsstrategie?

Sie sind enorm wichtig für uns. Diotec, aber auch Hersteller wie Rohm oder Varta sind Beispiele für starke Partner in ihren Bereichen. Diese Unternehmen stehen für Innovation und Qualität. Wenn man früh genug mit den Herstellern zusammenarbeitet, bekommt man Einblick in Roadmaps, wird geschult und kann dieses Wissen direkt an den Kunden weitergeben.

Wir arbeiten da bewusst selektiv. Unsere Linecard ist nicht die größte am Markt, wenn man uns mit börsennotierten Distributoren vergleicht. Aber wir setzen lieber auf wenige Hersteller, mit denen wir dafür enge und starke Partnerschaften pflegen. Am Ende spiegelt sich genau das im Service wider, den wir bieten können.

Können Sie ungefähr sagen, wie viele feste Franchise-Partnerschaften Sie aktuell haben?

Wir haben aktuell 16 Fokuslinien, aber nicht alle davon sind Franchise-Verträge. Wichtig ist für uns vor allem die Transparenz: Wir unterscheiden klar zwischen echten Franchise-Partnerschaften und anderen Kooperationen, damit der Kunde weiß, woran er ist. Aber generell haben wir 14 Franchise-Verträge – selektiv, aber eben stark.

Das ist im Vergleich zu manch anderem Distributor mit riesiger Linecard durchaus überschaubar.

Richtig, und das ist auch bewusst so gewählt. Lieber klein, klar und verlässlich – statt eine »Bauchladen-Mentalität«.

Das entspricht ja auch ganz Ihrer Philosophie – »persönlich und nah am Kunden«. Wie übersetzt sich das ganz konkret in den Alltag?

Jeder Kunde bei uns hat einen festen Ansprechpartner, den er jederzeit erreichen kann – per Telefon, Mail, was auch immer. Und wir sind persönlich vor Ort, haben technische Expertise im Haus und können die auch direkt zum Kunden bringen. Von unseren Standorten Dortmund, München und Fürth aus. Dazu kommen verschiedene Logistikkonzepte, auch Konsignationslager, die wir schon realisiert haben. Und ein großes eigenes Lager – gerade im Batteriebereich ein Riesenvorteil.

Sie sind nach ISO 9001:2015 zertifiziert – das setzt hohe Qualitätsstandards voraus. Wie schaffen Sie die Balance zwischen diesen Vorgaben und der nötigen Flexibilität, gerade als KMU?

ISO ist die Basis, aber wir schauen auch über die Standards hinaus und prüfen Prozesse intern und extern. Flexibilität heißt für uns: schnell auf Veränderungen reagieren, in der Logistik, in der Lagerhaltung, bei Kundenwünschen.

Wie gehen Sie mit den wachsenden Berichtspflichten durch Lieferkettengesetz oder Batteriegesetz um?

Wir nehmen das ernst und haben dafür extra eine Stelle geschaffen. Aber ganz ehrlich: Viele Regelungen sind für Distributoren eine Herausforderung. Bei dieser Art von Regelungen standen eher die Hersteller im Blick. Eine Knopfzelle ist eben kein Fahrzeugakku – da passt manches aus Sicht der Distribution einfach nicht. Wir verstehen die Ziele der Gesetze, auch aus Sicht von Fairness und Nachhaltigkeit. Aber wir brauchen auch praktikable Rahmenbedingungen, um unser Geschäft machen zu können.

Angesichts von Inflation, Fachkräftemangel und volatilen Lieferketten: Wie behaupten Sie sich gegenüber großen, oft sehr digitalen Distributoren?

Wir haben ein sehr erfahrenes Team, viele sind seit 20 Jahren oder länger dabei, manche sogar 40 Jahre. Das macht uns flexibel und handlungsfähig. Fachkräftemangel spüren wir derzeit nicht, wir haben alle Stellen besetzt. Wir setzen auf gutes Arbeitsklima, investieren in Mitarbeiter. Und: Wir bleiben bewusst persönlich – im Gegensatz zu den sehr digitalen, unpersönlichen Ansätzen mancher großer US-Distributoren.

Und welche technologischen Trends treiben Weisbauer an?

Wir sind stark in industriellen Anwendungen. Spannend sind neue Halbleitertechnologien wie SiC oder GaN – da arbeiten wir eng mit Partnern wie Rohm. Außerdem setzen wir auf digitale Tools im Bereich Design oder Stücklistenmanagement. Unser Lagerbestand ist in Echtzeit sichtbar – z. B. über NetComponents oder bald auch über Luminovo.

Zum Schluss noch das Thema gesellschaftliches Engagement: Sie haben eine Partnerschaft für ein Nashorn im Zoo Dortmund – wie kam das?

Ja, das ist tatsächlich eine schöne Geschichte. Die Idee kam von einem Mitarbeiter. Wir unterstützen dort ein Breitmaulnashorn, und das ist in Dortmund etwas ganz Besonderes. Denn das Nashorn ist ein Wahrzeichen der Stadt – es gibt sogar das »geflügelte Nashorn« vor dem Konzerthaus. Das Tier kann seine Ohren um 360 Grad drehen, und diese Offenheit fürs Hören wurde symbolisch auf die Musik übertragen. Das hat uns gefallen, und so haben wir unser eigenes »Weisbauer-Nashorn«. Wir haben ein Bild vom echten Tier, aber auch eine Statue im Firmendesign.

Das ist wirklich charmant.

Ja, und es ist Teil unserer Haltung: Wir wollen Verantwortung über das Geschäft hinaus übernehmen. Deshalb unterstützen wir auch lokale Vereine, die Tafel und soziale Projekte. Und anstatt Weihnachtsgeschenken für Kunden spenden wir lieber – sei es für Schulausstattungen für Kinder oder Brunnenprojekte.

Das spricht sicher viele an – auch Kunden, die Wert auf gesellschaftliches Engagement legen. Zum Abschluss: Wie weit reicht Ihr Vertriebsradius?

Unser Fokus ist ganz klar Deutschland, von Dortmund, München und Fürth aus. Benachbarte Länder bedienen wir punktuell – Holland etwa. Aber im Kern: Deutschland.


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