WBG-Materialien, also SiC und GaN, sind in aller Munde - laut Global Market Insights überschritt der weltweite GaN-/SiC-Leistungshalbleitermarkt im letzten Jahr bereits die 1-Mrd.-Dollar-Marke und soll zwischen 2023 und 2032 durchschnittlich um 25 Prozent pro Jahr zulegen.
Und wie gehen die Power-Management-Experten mit diesen Entwicklungstrends um? Je nachdem, wen man fragt, wobei alle Unternehmen sich in einem Punkt einig sind: WBG ist wichtig und bietet Vorteile.
So erklärt beispielsweise Frederik Dostal, Power-Experte von Analog Devices, dass WBG-Halbleiter für manche Anwendungen extrem wichtig sind, das gilt beispielsweise für hohe Spannungen von über 100 V. Laut Dostal bringt ADI eine neue Schaltregler-Controller-Familie auf den Markt, »dazu gehört z.B. der LTC7891, der GaN-Schalter direkt ansteuern kann. Weiterhin bietet ADI unterschiedliche Treiberbausteine für GaN- und SiC-Schalter an.« Damit sei klar, dass diese Technologien für ADI eine wichtige Rolle spielen.
Er betont aber auch: »Im großen Markt der Spannungswandlung von unterhalb 100 V, ist das Aufwand-/Nutzen-Verhältnis zum jetzigen Zeitpunkt noch günstiger für herkömmliche MOSFETs.«
Infineon bietet selbst ein umfassendes Portfolio an Si-, SiC- und GaN-Bauelementen an. Oliver Bleck, Wide Bandgap Go-To-Market Lead bei Infineon Technologies, bestätigt zunächst den Wachstumstrend von den Global Market Insights und erklärt, dass »eine zunehmende Verbreitung von Power-Management-Lösungen mit WBG-Komponenten zu verzeichnen ist. Das gilt insbesondere in den Bereichen Solar, Rechenzentren, Telekommunikation und Robotik, aber auch die Nachfrage nach Ladelösungen für Elektrofahrzeuge und Onboard-Ladegeräte nimmt zu«. Natürlich begründet er diese Entwicklung mit den Vorteilen von WBG-Halbleitern, sprich höhere Schaltfrequenz, höhere Effizienz und höhere Leistungsdichte.
Dazu kommt noch, dass diese Eigenschaften neue Topologien ermöglichen, bei denen SiC und GaN deutliche Vorteile gegenüber Si haben. Bleck: »In DC/DC-Wandlern erreicht GaN in einer LLC-Topologie bei allen Ladungen, also Qoss, Qg und Qrr, Werte, die um den Faktor 10 niedriger ausfallen als mit Si. Das ermöglicht einen Betrieb mit höherer Frequenz und höherem Wirkungsgrad. Das heißt: Mit GaN kann die gleiche Ausgangsleistung (Pout) erreicht werden, das aber in einem kleineren Design, wodurch die Systemkosten insgesamt gesenkt werden.«
Microchip konzentriert sich bekanntermaßen auf mehrere Megatrends, einschließlich E-Mobilität und Nachhaltigkeit, weshalb Kevin Speer, Technology Director der SiC-Business Unit von Microchip, zunächst darauf hinweist, dass insbesondere in den letzten beiden Bereichen, »SiC, aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften als Halbleiter mit breiter Bandlücke, die erste Wahl darstellt. SiC werde in Hochleistungsanwendungen bevorzugt, da es mehr als das Zehnfache der Spannungsfähigkeit von Silizium aufweist.
Dadurch seien dünnere Chips möglich, die wiederum geringere Leitungs- und Schaltverluste sowie eine höhere Schaltfrequenz ermöglichen und einen Betrieb bei höheren Temperaturen zulassen. Speer: »Diese Vorteile ermöglichen kleinere, effizientere Lösungen für Hochspannungs- und Hochleistungsanwendungen bei geringeren Systemkosten.«
WBG stellt auch für Renesas einen wichtigen Investitionsbereich dar, was laut John Wiggenhorn, Power Senior Product Line Director, Renesas Electronics, insbesondere für Anwendungen mit Spannungen über 600 V gilt, sprich Bereiche wie Server, Telekommunikation, Raumfahrt, Solarwechselrichter und Automotive, also genau jene Anwendungen, bei denen ein sehr hoher Wirkungsgrad, eine geringe Größe und die im Vergleich zu Silizium niedrigere Gesamtbetriebstemperatur von Bedeutung sind.
Auf heute bezogen fügt Wiggenhorn hinzu, dass das Hauptaugenmerk derzeit auf Treiber-Produkte für WBG-Komponenten liegt. Wiggenhorn: »Wir bieten Produkte mit Evaluierungsboards an, die die Vorteile von WBG im Vergleich zu Silizium demonstrieren.«
Bemerkenswert ist auch folgende Aussage von Wiggenhorn: »Obwohl der Hauptvorteil von WBG in höheren Spannungen liegt, investiert Renesas in DC/DC-Produkte, die mit weniger als 200 V arbeiten.« So sollen mehrere der neuen Controller- und Treiberprodukte, die auf DC/DC-Anwendungen ausgerichtet sind, GaN-FETs ansteuern können. Denn auch wenn die höhere Leistungsdichte für die DC/DC-Anwendungen mit mehr als 600 V von Vorteil sind, »eignen sie sich auch sehr gut für Hochleistungsbatterieanwendungen, bei denen ein hoher Wirkungsgrad und eine geringe Größe von großer Bedeutung sind«, so Wiggenhorn.
Auch Sheng-yang Yu, System Manager, Power Design Service bei Texas Instruments, ist von GaN und SiC überzeugt und erklärt, dass beide Materialien im Vergleich zu bestehenden Si-MOSFET- und IGBT-Komponenten grundsätzlich die besseren Hochspannungsschalter sind. Beide Materialien hätten ihre eigenen Stärken als Hochspannungsschalter, so sei GaN heute mit Bauelementen für 80 bis 650 V erhältlich, deren Strom- und Wärmekapazität Anwendungen von 50 W bis 10 kW unterstützen können. Yu: »GaN hat keine inhärente Body-Diode, was Verluste in der Sperrverzögerung, sprich Reverse Recovery Losses, eliminiert. Das Material ist außerdem in der Lage, bei deutlich höheren Frequenzen zu arbeiten, was Referenzdesigns von TI mit bis zu 1 MHz zeigen.«
Auf Basis von SiC gebe es einige mit GaN vergleichbare Bauelemente mit 650-V-Nennleistung für Systeme von 3 bis 10 kW. Yu weiter: »Der SiC-Herstellungsprozess ermöglicht es den SiC-Lieferanten auch, Bauelemente mit 1200, 1700 V und noch höheren Spannungen herzustellen, die für Systeme mit mehr als 10 kW und dreiphasige Wechselstromnetzen äußerst vorteilhaft sind.«
Geht es um das Power-Management, so bietet TI bereits Komponenten an, in denen der Gate-Treiber und die eigenen GaN-FETs in einem Gehäuse integriert sind, denn »damit fällt die Leistungsschleife kleiner aus und auch andere Störgrößen werden reduziert«, erklärt Yu.
Würth Elektronik eiSos bietet derzeit keine Produkte an, die GaN- oder SiC-Bauelemente integrieren. Allerdings erklärt Mahmoud Shousha, Division Manager für MagI³C Power Modules PU bei Würth Elektronik eiSos Group, dass das Unternehmen an verschiedenen öffentlich geförderten Projekten beteiligt ist, um die Vorteile einer solchen Technologie zu erforschen und die Vor- und Nachteile der Integration solcher Technologien in die Leistungsmodule von Würth Elektronik eiSos abwägen zu können.
»Wir haben verschiedene Wandler mit Wide-Band-Gap-Bauelementen realisiert und hatten die Möglichkeit, die Vorteile dieser Bauelemente zu testen. So haben wir zum Beispiel einen 48-V-Bus-DC/DC-Wandler auf der Basis von GaN-Bauelementen mit bis zu 20 A am Ausgang entwickelt. Außerdem haben wir einen weiteren 24-V-Bus-Abwärts-Gleichstromwandler auf GaN-Basis mit bis zu 25 A am Ausgang entwickelt«, erklärt Shousha. Abbildung 1 zeigt den Wirkungsgrad eines 48-V-Bus-Wandlers, bei dem Wirkungsgrade von über 95 % erreicht werden können. Abbildung 2 zeigt den Wirkungsgrad eines 24-V-Bus-Wandlers, bei dem ein Wirkungsgrad von 98 % erreicht wird.
Diese enormen Wirkungsgrade werden dank eines niedrigen Rdson und eines sehr schnellen Ein- und Ausschaltens der GaN-Bauelemente erreicht. Würth Elektronik EiSos untersucht derzeit sorgfältig die langfristige Zuverlässigkeit dieser Bauelemente sowie ihre EMV-Signatur.