Interview zur Sensor+Test / AMA Service

»Wir wollen auch als Messe innovativer werden«

4. Mai 2023, 13:30 Uhr | Nicole Wörner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

So entwickelt sich die Sensor+Test

Kommen wir zur Messe selbst. Wie stellen sich die Ausstellerzahlen aktuell dar? Und welche Erwartungen haben Sie in Bezug auf die Besucherzahlen?

Schultz: Nach aktuellem Stand erwarten wir rund 350 Aussteller in den Hallen 1 und 2. Auch wenn wir damit noch nicht ganz an die Zahlen der Messe vor Corona herankommen, wird die Sensor+Test nichts an Attraktivität verlieren, sondern mit zahlreichen Highlights sogar noch hinzugewinnen.

Nachdem die meisten Länder ihre Corona-bedingten Reisebeschränkungen aufgehoben haben – verzeichnen Sie in diesem Jahr wieder einen höheren Anteil an internationalen Ausstellern?

Bödeker: Unsere Kunden aus Übersee waren im vergangenen Jahr noch etwas unsicher, doch jetzt ist der internationale Anteil an der Messe fast schon wieder auf dem Niveau der Jahre vor Corona. Vor allem China feiert ein starkes Comeback, das sogar noch besser hätte ausfallen können, wenn die Probleme bei der Visaerteilung nicht so groß gewesen wären. Trotzdem werden etwa 40 Prozent unserer Aussteller aus dem Ausland kommen, ein sehr guter Wert.

Wie stellt sich das Verhältnis von Sensorik- zu Messtechnik-Ausstellern dar? Hat sich hier über die Jahre etwas verschoben?

Schultz: Die Unternehmen aus Sensorik und Messtechnik haben historisch gesehen sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle. Während Sensoren als Standardprodukte in größeren Stückzahlen und oft über einen längeren Zeitraum an die Kunden gehen, arbeiten Messtechniker meist in Projekten und liefern komplexe kundenspezifische Lösungen. Im Laufe der Zeit sind aber beide vor allem eines geworden: Lieferanten für zustandsspezifische Anlagen- und Prozessdaten. Daraus ergeben sich neue Geschäftsmodelle, die sich weniger an den Produkten und Lösungen der Anbieter orientieren, sondern mehr am Bedarf des Kunden an Informationen über seine Systeme. Dafür werden Sensorik und Messtechnik zukünftig wohl noch stärker zusammenwirken.

Das Sonderthema lautet in diesem Jahr „Sensorik und Messtechnik für neue Energien“. Wie adressieren Sie dieses auf der Messe?

Bödeker: Wichtigster Bestandteil ist die Vortragsreihe am ersten Messetag. Auf dem Forum in Halle 1 werden dann besonders relevante Innovationen vorgestellt, die Teilnahme ist für Besucher kostenlos. Weiterhin wird es eine Guided Tour geben, die alle Aussteller umfasst, die speziell zu diesem Thema neue Entwicklungen gemeldet haben. Ehrlicherweise müssen wir aber auch feststellen, dass wir zu diesem hochaktuellen Thema eine höhere Resonanz erwartet haben. Immerhin: Die Spezialisten sind dabei und bringen ihre neuesten Lösungen mit auf die Messe.

Im vergangenen Jahr hat die Sensor+Test erstmals parallel zur PCIM Europe und zur SMTconnect stattgefunden. Hat sich das Konzept aus Ihrer Sicht bewährt? Immerhin erhalten Besucher damit einen kompletten Überblick von der Leistungselektronik über die Sensorik und Messtechnik bis hin zur Fertigungstechnik.

Bödeker: Wir haben dazu fast durch die Bank sehr positive Rückmeldungen erhalten. Die technologische Kombination der drei Messen erhöht den Mehrwert eines Besuchs und die gemeinsame Attraktivität aus unserer Sicht deutlich. Viele Anwender sind an mehreren der drei Ausstellungsbereiche interessiert und profitieren von der Kombination. Erstmals bewährt hat diese sich übrigens bereits 2006, als wir wegen der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland zusammenrücken mussten. Danach kehrte dann zwar wieder jede Messe auf ihren angestammten Termin zurück, es haben uns in der Folgezeit aber immer wieder Besucher und Aussteller nach einer Fortsetzung dieser sinnvollen Kombination gefragt. Wir sind sehr gespannt, wie sich das Ganze nun weiterentwickelt.

Und wie sieht es für Sie als Veranstalter aus? Haben Sie von den Synergieeffekten profitiert?

Bödeker: Ja natürlich, nichts ist uns wichtiger, als dass die Zufriedenheit mit unserer Veranstaltung und dem gesamten Messeumfeld bei Ausstellern und Besuchern steigt. Und die positive Stimmung macht für uns vieles leichter. Da stört es auch kaum, dass die hohe Auslastung des Geländes durch die drei gleichzeitig stattfindenden Messen mitsamt den dazu gehörenden Kongressen einige Einschränkungen für uns mit sich bringt.

Drei Messen, zwei Veranstalter – im vergangenen Jahr hat sich der Übergang zwischen den Messen teils ein wenig schwierig dargestellt. Wie ist die Zugangskontrolle zu den Hallen in diesem Jahr geregelt?

Bödeker: Was das Ticketing angeht, konnten wir im vergangenen Jahr enorm dazulernen. Erstmals war der Zugang zur Sensor+Test rein digital gestaltet, was natürlich auch für alle unsere Messeteilnehmer eine ganz neue Erfahrung war. Und wer unser Angebot des kostenlosen Besuchs der beiden weiteren Veranstaltungen wahrgenommen hat, musste sich aus technischen und datenschutzrechtlichen Gründen auch dort noch einmal registrieren. Zum Einstieg in das Zeitalter des Online-Ticketing hat das uns alle zusammen schon ordentlich gefordert. Aber mit den inzwischen erworbenen Erfahrungen wird dieses Jahr vieles reibungsloser laufen, auch wenn wir an den Rahmenbedingungen – zwei unterschiedliche Ticketing-Systeme und DSGVO – nichts verändern konnten.

Im vergangenen Jahr haben Sie die Sensor+Test als hybride Veranstaltung durchgeführt und das digitale Angebot über das gesamte Jahr weitergeführt. Wie haben die Besucher das Konzept aufgenommen? Und werden Sie es in diesem Jahr in ähnlicher Weise fortführen?

Bödeker: Nach den Erfahrungen der Corona-Zeit stehen seit dem vergangenen Jahr ganz eindeutig wieder die persönliche Begegnung und das direkte Gespräch im Mittelpunkt. Die begleitenden digitalen Angebote werden aber auch weiterhin erhalten bleiben, denn die Live-Übertragung der Forenvorträge und die Digitale Agenda als Online-Präsentationsforum bieten während der Messe Informationskanäle für alle, die in Nürnberg nicht dabei sein können. Weit wichtiger ist aber die über die Messe hinaus gehende Bereitstellung der gesamten Informationsplattform mit allen Firmenkontakten, Innovationen und Präsentationen. Tausende Benutzer recherchieren dort kontinuierlich nach passenden Anbietern und informieren sich über deren Angebote. Auch für unsere Aussteller wird dieser digitale Teil immer wichtiger, und sie produzieren immer mehr optimierte Formate wie Videos für ihren hybriden Messeauftritt.

Schultz: Die Pandemie hat neue digitale Gewohnheiten hervorgebracht. Sobald aber Messen wieder in Präsenz möglich waren, ging der Bedarf an rein digitalen Formaten drastisch zurück. Aber sicher ist: Messen werden künftig sehr viel höhere digitale Anteile haben. Digitalisierung hilft uns als Messeveranstalter enorm, zusätzliche Werte für Aussteller und Besucher zu schaffen. Das ist ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung der Messe und wir planen einen weiteren Ausbau im digitalen Bereich und auch im Rahmen der AMA-Gruppe.

Parallel zur Sensor+Test findet der SMSI-Kongress statt. Was gibt es hierzu zu berichten?

Bödeker: Zunächst einmal, dass wir in diesem Jahr schon am Montag vor der Messe mit Tutorials und der offiziellen Eröffnung starten. In diesem Rahmen wird dann auch der AMA Innovationspreis vergeben. Nach dem erfolgreichen Start der virtuellen Konferenzversion der SMSI 2021 kommen in diesem Jahr zahlreiche renommierte Experten und junge Nachwuchswissenschaftler aus 14 Ländern zusammen, um ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren und sich mit anderen Experten über Ideen und Zukunftstrends auszutauschen.

Schultz: Das Konferenzprogramm der SMSI 2023 kombiniert hochkarätige Sessions, spannende Vorträge, Tutorials, einen Science Slam, die Job Lounge und das Konferenzdinner zu einem wissenschaftlichen Ereignis der Spitzenklasse. Das Besondere an dieser Konferenz ist, dass sie parallel zur Sensor+Test stattfindet, die Schwerpunkte der Branche ergänzt und damit Wissenschaft, Industrie und außeruniversitäre akademischen Forschungseinrichtungen an einem Ort zusammenbringt.

Über ein Thema, das die gesamte Wirtschaft betrifft, müssen wir noch sprechen: den Fachkräftemangel. Wie stellt sich die Situation in der Sensorik und Messtechnik dar? Und was können Sie als Messeveranstalter tun, um hier Hilfestellung zu geben?

Bödeker: Ein großes Problem, alle klagen darüber, aber die veränderte Marktlage hat noch nicht wirklich zu entsprechenden Aktivitäten geführt. Politik und Wirtschaft sollten unmittelbar handeln. Die Schaltung einer klassischen Stellenausschreibung reicht einfach nicht mehr aus. Zukünftig werden sich Arbeitgeber immer mehr in der Bewerber-Rolle finden und sich darin präsentieren müssen.

Schultz: Und genau dazu bieten wir auf der Sensor+Test-Events wie Job-Lounge und Job-Börse an. Hier können sich Aussteller bewerben und aktiv teilnehmen, um für die Experten, Absolventen und Fachbesucher präsent zu sein. Wirtschaft und Unternehmen arbeiten kontinuierlich an Innovationen, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Dazu braucht es verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Politik. Bei der Fachkräftegewinnung und Nachwuchsförderung im technischen Bereich ist die staatliche Unterstützung ebenfalls unerlässlich und das Engagement der Firmen erforderlich.

Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft. Wohin führt der Weg der Sensorik und Messtechnik, und wohin der Weg der Sensor+Test als DIE Leitmesse der Branche?

Bödeker: Die Bedeutung der Schlüsseltechnologie Sensorik und Messtechnik wird weiter wachsen. Sie liefert die Daten aus der physischen Welt, ohne die der digitalen Sphäre der Bezug zur Realität fehlen würde. Und mit jedem Innovationsschub wird unsere Technologie intelligenter, präziser, robuster, miniaturisierter und sparsamer mit der Energie. Damit treibt sie auch die Digitalisierung voran. Risiken bestehen allerdings auch, vor allem bei den Lieferketten und dem Fachkräftemangel.

Schultz: Die Sensor+Test zeigt gemeinsam mit ihren Kongressen die gesamte Wertschöpfungskette von den ersten Entwicklungsschritten bis zum ausgereiften Produkt, und führt dazu Experten aus aller Welt zusammen. Sie wird auch in Zukunft eine Spezialmesse mit präzisem Fokus und auf hohem technologischem Niveau bleiben. Und wir wollen auch als Messe innovativer werden, uns technisch verbessern, Applikationen stärker in den Vordergrund stellen, unser Angebot noch besser strukturieren – kurzum: unsere Organisation auf den Bedarf der Fachbesucher konzentrieren. Der technische Fortschritt wird immer schneller, und auch für unsere Branche ist es momentan sehr wichtig, den Anschluss nicht zu verpassen und mit den raschen Veränderungen in diesen Sektoren Schritt zu halten. Einsparung von Energie, Absichern von Prozessen, Überwachung von Umgebungen, Qualitätskontrolle – das sind die großen Potentiale für neue Wertschöpfung unserer Sensorik-, Mess- und Prüftechnik-Hersteller. Die großen Themen unserer Branche und der Sensor+Test sind Künstliche Intelligenz für die Unterstützung der Messdatenerfassung, automatisierte Kalibrierung und Quanten-Sensorik. Damit geht es in die Zukunft.

Die Fragen stellte Nicole Wörner.


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