Die Teststrategie muss zum Produktportfolio und zum Fertigungskonzept passen. Was eine gute Teststrategie ausmacht und welche Rolle die Flying Prober von Spea dabei spielen, erklärt Andreas Zabel, Team Leader for Testing in Electronics Manufacturing bei Endress+Hauser.
Markt&Technik: Herr Zabel, Ihre Produkte werden immer komplexer, höher integriert – und auch kleiner. Welche Anforderungen entstehen daraus für das Testequipment?
Andreas Zabel, Team Leader for Testing in Electronics Manufacturing bei Endress+Hauser: Kurzgesagt müssen die Tester schnell, präzise und vielseitig sein. Testkosten sind auch immer ein Thema; die sollten natürlich möglichst gering sein. „Vielseitig“ heißt in diesem Kontext, dass die Geräte anspruchsvolle Prüftechniken wie etwa Clustertests und Funktionstests integrieren und darüber hinaus in der Lage sein müssen, viele weitere Technologien abzudecken. Als Beispiele seien nur mal Kommunikationstechniken wie etwa Ethernet mit hohen Geschwindigkeiten genannt, Feldbus-Protokolle, Boundary-Scan und verwandte Methoden mit all ihren Möglichkeiten, optische Polaritätserkennung und Programmierung von Bausteinen. Mit „schnell“ meine ich, dass Vorgänge wie beispielsweise das Board-Handling, das Lesen der Fiducials, die Höhenvermessung von Bauteilen oder die Messung der Durchbiegung der Boards so kurz wie möglich sein müssen.
Auch die automatische Reduzierung der ICT-Testtiefe zugunsten von Cluster- und Funktionstests sollte möglich sein. Und die Anforderung nach Präzision bedeutet, dass in Zukunft die Testpunkte auch noch deutlich kleiner als 0,5 mm werden müssen und Bauteilgrößen wie 0201 oder sogar 01005 eingesetzt werden. Diesen Trend müssen die Testsysteme dann natürlich auch mitgehen – so wie in den letzten Jahren.
Was muss ein Flying-Prober in Ihrem Einsatz heute können?
Wir führen auf unseren Flying-Probe-Systemen heute schon umfangreiche Funktionstests durch. Dabei integrieren wir zum Teil auch externe Instrumente oder nutzen unsere Multi-Probes. Für uns ist sehr wichtig, dass das System in einer Testinsel voll automatisierbar ist und verschiedene Produkte nacheinander ohne Operator-Eingriff prüfen kann. Es muss zuverlässig über längere Zeit laufen, und die Flying Probes sollten eine sehr hohe Standzeit haben – so wie auch die restlichen Verschleißteile. Reparaturen sollten schnell und ohne großen Aufwand durchführbar sein. Selbsttests, Diagnoseprogramme und Kalibriervorgänge sollten schnell sein und nicht zu viel produktive Maschinenzeit einnehmen. Bei uns laufen die Anlagen rund um die Uhr im Dauerbetrieb. Ein sehr wichtiger Punkt für uns ist auch die Qualität bzw. Stabilität der Systemsoftware.
Sie fertigen Ihre Durchflussmesser in hohen Stückzahlen und in großer Varianz. Damit muss Ihr Testequipment für High-Mix-High-Volume-Kapazitäten ausgelegt sein. Wie sieht es dabei mit der Umrüstbarkeit aus? Immerhin darf der Flying-Probe-Test ja nicht zum Flaschenhals in der Linie werden...
Der große Vorteil eines Flying-Probe-Testers ist eben gerade die Tatsache, dass man ihn für einen Produktwechsel nicht unbedingt umrüsten muss. Wir jedenfalls streben das an und halten es bis jetzt auch konsequent ein. Das ermöglicht uns in Zukunft – auch mit Hilfe von fahrerlosen Transportsystemen – eine komplette Automatisierbarkeit des Testens.
Dass ein Bottleneck beim Testen entsteht, vermeiden wir durch eine ausreichende Anzahl an Testern, bei der auch eine operative Reserve mit vorgesehen ist. Konkret arbeitet unsere Fertigung in zwei Abteilungen: Eine ist für High-Mix-Low-Volume und die andere für High-Volume-Low-Mix konzipiert und ausgerüstet. Unsere Flying-Probe-Tester sind aber flexibel, und es sind die meisten Produkte auf fast allen Testanlagen testbar, so dass wir über die gesamte Fertigung maximale Flexibilität erreichen.
Sie haben durchgehend auf Tester von Spea gesetzt – angefangen von 2011 bis heute. Wie haben sich die Anforderungen seither verändert?
Die Anforderungen an die Testsysteme haben sich in den letzten Jahren enorm erhöht – in fast jeder Hinsicht. Funktions- und Clustertests auf Flying Probern beispielsweise sind eine relativ neue Disziplin. Aber auch Kriterien wie Betriebssicherheit, Ausfallhäufigkeit, Testgeschwindigkeit haben sehr stark angezogen. Die Flexibilität der Flying Prober bringt große Vorteile bei der Handhabung von großer Produktvarianz. Für den zunehmenden Einsatz für große Stückzahlen ist aber auch eine hohe Testgeschwindigkeit gefragt. Auch die Testkosten rücken in letzter Zeit stärker in den Fokus. Dabei wiederum spielt auch die Zuverlässigkeit der Anlagen eine sehr große Rolle. Spea war immer bereit, auf unsere Wünsche und Anregungen einzugehen. Es gibt eine seit vielen Jahren erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen.
Warum haben Sie vom Nadelbetttester zum Flying Prober gewechselt?
Flying-Probe-Tester ermöglichen uns durch die sehr kurze Erstellungszeit von Prüfprogrammen schon umfangreichstes Testen im sehr frühen Stadium der Baugruppenentwicklung. Schon die allerersten Baugruppen-Prototypen werden tiefgehend getestet, und so sind wertvolle Feedbacks für die Verbesserung möglich. Wir erreichen heute etwa in der Hälfte der Zeit als noch vor zehn Jahren eine sichere Produzierbarkeit der Baugruppen mit hoher Qualität. Wir sparen mindestens einen Prototypendurchlauf ein, und auch die noch durchgeführten Prototypenläufe sind wesentlich schneller. Unsere Time to Market für neue Produkte hat sich seitdem enorm verkürzt.
Wie sieht Ihre Teststrategie für die Zukunft aus?
In Zukunft werden wir noch stärker optische Prüftechnologien wie etwa 3D AI oder AXI einsetzen, um unsere Qualität noch weiter zu erhöhen und unsere Durchlaufzeiten weiter zu verringern. Wichtig werden auch automatische Verfahren zum Statistik-basierten Stichprobenbetrieb beim Testen, beispielsweise die statistik-basierte dynamische Reduzierung der ICT-Testtiefe.
Das Interview führte Nicole Wörner.