Umbau zum Digitalkonzern

Siemens ohne Healthineers? Chancen für Medizintechnik-Abspaltung

10. Februar 2025, 14:43 Uhr | Ute Häußler
2018 war Siemens Healthineers an der deutschen Börse in Frankfurt gestartet und gilt aktuell als einer der stärksten Wert im DAX.
© Siemens Healthineers

Kommt eine Abspaltung vom Mutterkonzern noch 2025? Siemens erwägt, die Anteile an seiner erfolgreichen Medizintechniksparte zu verkaufen, zugunsten der digitalen Industrie. Eine Entscheidung wird für Dezember erwartet. Was sind die Hintergründe und was bedeutet der Schritt für Healthineers?

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Die Nachricht aus Erlangen schlug kurz vor dem Jahreswechsel hohe Wellen: »Wir bewerten die ökonomischen Möglichkeiten für die Siemens AG im Gesundheitswesen«, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas gegenüber dem Handelsblatt. Soll heißen: Der Konzern überprüft seine Healthineers-Beteiligung und stellt damit sein Engagement in der Medizintechnik infrage. 

Umbau zum Digitalkonzern mit maximaler Rendite

Aus Sicht eines breit aufgestellten Hightech-Unternehmens macht die Abspaltung der erfolgreichen Medizintechnik wenig Sinn – aus der Perspektive eines Shareholder-getriebenen Digital- und Industriekonzerns schon: Investoren hatten schon länger schlankere Konzernstrukturen und eine Fokussierung auf das Kerngeschäft gefordert. Derzeit ist Siemens mit knapp 75 Prozent an seiner Medtech-Tochter beteiligt. Das aus der Healthineers-Beteiligung freiwerdene Geld könnte Siemens gut für einen Ausbau seiner Kernsparten Digital Industries und Smart Infrastructure einsetzen – dort warten mit bis zu 20 Prozent perspektivisch noch höhere Umsatzrenditen. 

Die Überlegungen zur Abspaltung von Healthineers sind Teil einer größeren Umstrukturierung bei Siemens. Seit den radikalen Sanierungen und Verkäufen der »Fix, close or sell«-Ära unter Klaus Kleinfeld und der Abspaltung des Handygeschäfts von Siemens Mobile wird im Konzern Portfolio-Management im amerikanischen Stil betrieben: Fokus aufs Kerngeschäft und höchstmögliche Umsatzrendite. Zuletzt wurde 2020 das Kraftwerksgeschäft von Siemens Energy ausgeliedert.

Ist Heatlhineers also die nächste Ex-Tochter? Ralf Thomas argumentierte im Handelsblatt, dass die Synergien zwischen der Medizintechnik und den übrigen Geschäftsbereichen möglicherweise nicht ausreichen, um die Kapitalalbindung von rund 45 Milliarden Euro zu rechtfertigen. Zudem sieht das Unternehmen – neben den optimierten Renditen – die Chance, sich durch diesen Schritt stärker als Technologie- und Digitalkonzern zu positionieren.

Gute Chancen für unabhängiges Healthineers

Healthineers selbst scheint dagegen für eine mögliche Unabhängigkeit gut gerüstet. Das weltweit agierende Medtech-Unternehmen ist operativ vor allem in der medizinischen Bildgebung stark und gehört zu den führenden Herstellern. Zum Hauptgeschäft zählen Computertomographen, MRT- und Ultraschallgeräte sowie auch deren Software. Die Bildgebung wie auch die Medizintechnik generell gelten als stabile, globale Wachstumsmärkte mit besten Prognosen. 

Auch aktuell läuft es bei Healthineers sehr gut: Im Geschäftsjahr 2023/24 verzeichnete die Noch-Siemens-Tochter ein Umsatzwachstum von knapp fünf Prozent auf 22,4 Milliarden Euro. Die operative Marge lag bei 15,7 Prozent. Mit einer Umsatzrendite von 8,68 Prozent lag Healthineers im oberen Mittelfeld der Branche, für 2025 werden zweistellige Werte deutlich oberhalb der Wirtschaftsrichtwerte in Aussicht gestellt. Und die Chancen stehen gut: Zwar ist das wichtige China-Geschäft wegen neuer lokaler Vergaberegeln unter Druck, im ersten Quartal 2024/2025 konnte der Radiologieriese aber dank eines exzellenten USA-Geschäfts seine Prognosen sogar übertreffen.

Laut Healthineers-CEO Bernd Montag agiert seine Medizintechniksparte bereits heute weitgehend unabhängig und trotz der finanziellen Verflechtungen eigenständig. Statt der Siemens-Beteiligung sieht er für den im DAX gelisteten Konzern gute Chancen in einem größeren Streubesitz am Aktienmarkt.

Siemens entscheidet über Healthineers bis Dezember

Die Abspaltung der Heathineers-Sparte ist für Siemens nicht ohne Risiko und sollte gut überlegt sein, zumal der finanzstarke Mutterkonzern die Abspaltung von seiner erfolgreichen Tochter eigentlich gar nicht nötig hätte. Strategisch erfolgreich kann ein Verkauf nur dann sein, wenn klar ist, wohin die Milliarden fließen sollen, um die beiden verbleibenden Kernsparten wirklich profitabler zu machen. 

Eine Entscheidung über die Zukunft von Healthineers soll bis Dezember diesen Jahres fallen. Auf dem Kapitalmarkttag wird dann bekannt gegeben, ob es für die Medizintechniker mit oder ohne Siemens weiter geht - die Aussichten dürften in beiden Fällen sehr positiv bleiben.

Die Rendite-Spirale könnte bei Healthineers sogar selbst eine weitere Abspaltung in Gang setzen. Der Bereich Diagnostics läuft derzeit eher »herausfordernd« und besitzt nur wenige Überschneidungen zum renditestärkeren Rest des Healthineers-Geschäfts. (uh)

 

Quellen: Handelsblatt, Jahresbericht Siemens Healthineers, Manager Magazin, Eigenrecherche


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