Automotive-Anwendungen

Neuigkeiten aus der Halbleiterwelt

9. Februar 2024, 11:23 Uhr | Iris Stroh
Intel Core Ultra auf dem Sphere in Las Vegas
© Intel/Sphere Vegas

Die CES 2024 ist eine Messe, die sich Halbleiterhersteller, die im Automotive-Segment tätig sind, nicht entgehen lassen können. Dementsprechend vielfältig waren die Ankündigungen aus der Halbleiterindustrie.

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Einer, der mittlerweile häufiger im Automotive-Bereich auftritt, ist Intel. So hatte Pat Gelsinger, CEO von Intel, bereits die IAA 2021 genutzt, um seine Ambitionen in diesem Segment deutlich zu machen. Der Grund ist einfach: Gelsinger ist überzeugt, dass die Kosten für Halbleiter 2030 über 20 Prozent der Gesamtkosten bei Premium-Fahrzeugen ausmachen werden. Er prognostizierte auf der IAA, dass sich der TAM (Total Addressable Market) für Automobil-Halbleiter bis 2023 auf 115 Mrd. Dollar mehr als verdoppeln wird, was dann rund 11 Prozent des gesamten Halbleiterumsatzes ausmachen würde. Damals machte Gelsinger deutlich, dass Intel auch jenseits von Mobileye an diesem Markt interessiert ist. So hatte er damals schon darauf hingewiesen, dass das Unternehmen den Bau neuer Chip-Fabriken in Europa plane und feste Foundry-Kapazitäten am Standort in Irland vorhalte. Damals stellte er auch das »Intel Foundry Services Accelerator«-Programm vor, mit dem das Unternehmen seinen Foundry-Kunden helfen wollte, Automotive-Designs auf fortschrittlichere Nodes umzustellen.

Gelsinger ließ auch die diesjährige CES nicht ungenutzt verstreichen und unterstrich abermals die Intel-Ambitionen im Automotive-Segment. So kündigte das Unternehmen die Übernahme von Silicon Mobility an, vorausgesetzt, dass die erforderlichen Genehmigungen erteilt werden. Silicon Mobility ist ein Fabless-Unternehmen, das Hardware und Software entwickelt, mit der elektronische Motoren, Batterien und Energiemanagementsysteme von hybriden und elektrischen Fahrzeugen angesteuert werden, um deren Effizienz zu verbessern und um Größe, Gewicht und Kosten elektrischer Motoren zu reduzieren, was sich schlussendlich natürlich positiv auf die Reichweite von EVs auswirkt. Intel erklärt hierzu offiziell: »Intel übernimmt Silicon Mobility SAS, um mithilfe von KI die Effizienz im Energiemanagement von Elektrofahrzeugen zu steigern. Die SoCs von Silicon Mobility verfügen über marktführende Beschleuniger, die speziell für die Energieversorgung konstruiert und mit hochentwickelten Software-Algorithmen kombiniert werden, um die Energieeffizienz von Fahrzeugen deutlich zu verbessern.«

Intel
So stellt sich Intel die Weiterentwicklung der E/E-Architekturen in Fahrzeugen vor.
© Intel

Mit der Übernahme von Silicon Mobility will Intel seine »AI everywhere«-Strategie auf das Automotive-Segment ausweiten. Dazu kündigte Intel eine neue Familie von KI-gestützten SoCs für Software-definierte Fahrzeuge (SDV) an, die unter dem Begriff »AI-enhanced SDV SoCs« fungieren. Gelsinger konnte auch gleichzeitig den ersten OEM vorstellen, der diese SoCs einsetzen will: Zeekr – das Unternehmen will die neuen Intel-SoCs in zukünftigen Modellen einsetzen, und zwar für ein »Entertainment der Extraklasse auf Basis generativer KI im Auto«, so die offizielle Verlautbarung.

Darüber hinaus gab Intel bekannt, dass das Unternehmen den Vorsitz einer neuen SAE-Arbeitsgruppe für das Energiemanagement in Kraftfahrzeugen übernimmt. Die Arbeitsgruppe soll einen schnelleren und reibungsloseren Übergang zu Elektrofahrzeugen und nachhaltigen SDVs ermöglichen. Folglich sollen Automobilstandards für das Energiemanagement von Fahrzeugplattformen (J3311) entwickelt werden. Der Arbeitsgruppe gehören auch Stellantis, Here und Monolithic Power Solutions (MPS) an, wobei es natürlich heißt, dass weitere Mitglieder stets willkommen sind. Der erste Entwurf des Standards soll innerhalb von 12 bis 18 Monaten vorliegen.

Und Intel adressierte noch ein weiteres Thema: Chiplets, eine Technologie, die im Automotive-Segment heiß diskutiert wird und von der sich viele die Lösung aller Probleme im Automotive-Segment versprechen. Intel hat dieses Thema bei der CES also auch aufgegriffen und stellt laut eigener Aussage die branchenweit erste offene UCIe-basierte Automotive-Chiplet-Plattform bereit. Damit soll es möglich sein, dass Entwickler ihr eigenes Chiplet in ein Automotive-Produkt von Intel integrieren können. Intel will in diesem Bereich mit dem belgischen Forschungszentrum imec zusammenarbeiten, das bereits letztes Jahr das Thema im großen Stil adressiert hatte.

Das Forschungsinstitut hatte 2023 auf seinem ITF (Imec Technology Forum) eine neue Initiative gestartet, mit der alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette im Automotive-Segment zusammengebracht werden sollen, um ein Chiplet-Ecosystem auf die Beine zu stellen. Die Initiative hatte innerhalb kürzester Zeit diverse Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette dazu gebracht, sich der Initiative anzuschließen. Intel gehörte übrigens damals auch dazu; bei der jetzt angekündigten Zusammenarbeit heißt es vonseiten Intels: Man wolle sicherstellen, dass die Packaging-Technologien die strengen Qualitäts- und Zuverlässigkeitsanforderungen der Automobilindustrie erfüllen.

Radar für SDVs

NXP Semiconductors nutzte die CES, um eine Erweiterung seiner Radar- Familie auf Basis eines 28-nm-RFCMOS-Prozesses vorzustellen, die speziell auf die Anforderungen von SDVs zugeschnitten ist. Der neue SAF86xx basiert auf derselben Architektur wie der im letzten Jahr vorgestellte SAF85xx und wird ebenfalls mithilfe eines 28-nm-RFCMOS-Prozess gefertigt. Auf dem SAF86xx hat NXP vier Sender, vier Empfänger, A/D-Wandler, Phasendreher, einen VCO mit geringem Phasenrauschen, einen BBE32EP-DSP von Cadence, einen Cortex M7-Prozessorkern und SRAM integriert. Adressiert wird der gesamte Radarbereich, von Short Range bis Long Range. Die neuen Bausteine wurden gemäß ISO 26262 entwickelt und unterstützen Anforderungen bis ASIL B.

NXP hat seine Chips außerdem mit einem MACsec-Hardware-Beschleuniger (für eine sichere Datenkommunikation) und einem HSE (Hardware-Security-Engine) ausgestattet, um die neuesten Security-Anforderungen zu erfüllen. Der Radar-Chip arbeitet in einem Bereich von 76 bis 81 GHz, weist eine gesamte Bandbreite von 5 GHz auf, die effektive Bandbreite für Chirp-Impulse wird mit bis zu 4 GHz spezifiziert. Der integrierte Cortex-M7-Prozessorkern ist mit 320 MHz getaktet, der Vektor-DSP für die Vorverarbeitung der Radardaten läuft mit derselben Frequenz. An Speicher stehen 2 MB SRAM mit ECC-Funktionalität und Speicherschutz zur Verfügung. Die Komponenten verfügen außerdem über diverse Schnittstellen einschließlich Gigabit-Ethernet, CAN FD und CSI-2. Die durchschnittliche Leistungsaufnahme ist mit rund 2,35 W spezifiziert, die Reichweite liegt bei über 300 m.

NXP Semiconductors
Blockschaltbild des SAF86xx-Radar-SoCs von NXP Semiconductors
© NXP Semiconductors

Der neue Radar-One-Chip unterstützt NCAP-Sicherheitsfunktionen wie Notbremsung und Totwinkelerkennung, aber auch erweiterte Komfortfunktionen für die SAE-Stufen 2+ und 3 wie Stauassistent, Autobahnpilot und Einparkhilfe, Querverkehrswarnung vorne und hinten sowie Seiten- und Heckkollisionsvermeidung. Steffen Spannagel, Senior Vice President und General Manager für Fahrerassistenzsysteme bei NXP Semiconductors, erklärt: »Mit unserer neuen SAF86xx-Radar-One-Chip-Familie können OEMs ihre aktuellen Radarplattformen schnell und einfach auf neue Software-definierte Fahrzeugarchitekturen migrieren. Ein Netzwerk miteinander verbundener Radarsensoren in einer verteilten Architektur mit Software-definierten Funktionen auf einem dedizierten S32R-Radarprozessor kann die radarbasierte Wahrnehmung verbessern, um neue Entwicklungen beim autonomen Fahren zu unterstützen. Dazu gehören zum Beispiel 360-Grad-Rundumerfassung, leistungsstärkere KI-basierte Algorithmen sowie sicherere OTA-Software-Updates.«

NXP hat auch bereits den ersten Kunden für seinen neuen Radarsensor: Hella. Das Unternehmen will die SoC-Familie als Grundlage für sein Radarportfolio der 7. Generation nutzen. Derzeit ist die SAF86xx-Radar-SoC-Familie für Alpha-Kunden verfügbar. NXP bietet auch eine Variante an, die die LiP-Technik (Launcher in Package, ermöglicht einen direkten Anschluss der Antennen an das Gehäuse) nutzt und lediglich eine Fläche von 11,95 mm × 14,00 mm belegt.

Texas Instruments hat ebenfalls einen Radarsensor (76 bis 81 GHz, basiert auf einem 45-nm-RFCMOS-Prozess) mit vier Transmittern und vier Receivern vorgestellt. TI zielt damit auf sogenannte Satelliten-Radararchitekturen, bei denen die Radarsensoren partiell verarbeitete Daten an einen zentralen Prozessor weiterleiten, auf dem die Sensorfusions-Algorithmen für die Entscheidungen des Fahrassistenzsystems laufen. Satellitenarchitekturen gelten als machbare Variante, um die Bildgebung per Radar zu verbessern, ohne die Kosten für eine weitere Hardware-Entwicklung in schwindelnde Höhen zu treiben. Bei Satellitenarchitektur findet eine Trennung zwischen Software und Hardware statt, sodass auch »einfache Radarsensoren« dank leistungsfähigem Zentralrechner und fortschrittlichen Algorithmen genutzt werden können, um ein hochauflösendes Bild der Umgebung zu erzeugen. TI nutzt bei seinem AWR2544 ebenfalls die LiP-Technik, wobei es bei TI LoP (Launch on Package) heißt. TI ist überzeugt, dass dank dieses Konzepts die Sensorabmessungen um bis zu 30 Prozent reduziert werden können.

Das Unternehmen hat seinen Radarsensor mit PLLs, VCO, Mixer und Basisband-ADCs ausgestattet. Dazu kommt das RSS (Radio-Processor-Subsystem), das für die Radar-Front-End-Konfiguration, -Regelung und Kalibrierung zuständig ist. Innerhalb des Math-Subsystems (MSS) steht ein vom Anwender programmierbarer Cortex-R5F-Prozessorkern (unterstützt Lockstep-Betrieb) zur Verfügung, der mit 300 MHz läuft. Dazu kommt noch der HWA 1.5, eine in Hardware realisierte Beschleunigereinheit für Aufgaben wie FFTs, Skalierung oder Komprimierung. Dadurch wird der externe Prozessor entlastet. An Speicher stehen 2 MB RAM zur Verfügung. Die Bausteine erfüllen ASIL-B-Anforderungen und sind mit einem programmierbaren HSM (Hardware-Security-Modul nur für die sicheren Bausteinvarianten), der mit einem Cortex-M4-Prozessorkern ausgestattet ist. Außerdem ist ein Kryptografie-Beschleuniger implementiert. TI spezifiziert die Sendeleistung mit +12 dBm, die Rauschzahl von RX ist mit +13^dB spezifiziert.

Darüber hinaus hat TI noch zwei weitere Bausteine präsentiert:

  • Der für BMS-Applikationen und andere Antriebsstrangsysteme konzipierte »DRV3946-Q1«. Dabei handelt es sich um den laut Unternehmensangabe industrieweit ersten, vollständig integrierten Schütztreiber. Mit seinem eingebauten Peak-and-Hold-Stromregler soll er Automobilherstellern dabei helfen, die Energieeffizienz zu steigern. Außerdem verfügt er über Diagnosefunktionen, mit denen sich der Zustand des Schützes überwachen lässt.
  • Der vollintegrierte Zündertreiber »DRV3901-Q1« ermöglicht die Realisierung eines intelligenten Pyrosicherungs-Trennsystems mit eingebauten Schaltungen, die die Pyrosicherung überwachen und dem System-Mikrocontroller entsprechende Diagnoseinformationen zur Verfügung stellen. Dies verleiht Designern von Hybrid- und Elektrofahrzeugen die nötige Flexibilität, um traditionelle Schmelzsicherungssysteme durch Pyrosicherungen zu ersetzen und dabei die Designkomplexität zu minimieren.

  1. Neuigkeiten aus der Halbleiterwelt
  2. Künstliche Intelligenz von »klein bis ganz groß«

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