Vom Nachahmer zum Innovator: China kann in Anwendungsfeldern wie erneuerbare Energien, smarte Autos, große KI-Modelle und generative KI auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern auf dem Weltmarkt konkurrieren.
Bisher hatte China die ausländischen Branchenführer studiert und ihnen nachgeeifert. Durch die Fortschritte in Wissenschaft und Anwendung ist das Land nun in ein neues Zeitalter eingetreten: Es kann sich mit den weltweiten Wettbewerbern auf Augenhöhe messen. Die Branche hat sich außerdem weiterentwickelt: vom Auftragslieferanten für Hardware und Anwendungssoftware zum Innovator von Prozessorkernen und Systemsoftware. Derzeit gibt es drei bemerkenswerte Trends in der Branche.
In IoT-Geräte lässt sich KI inzwischen einfach integrieren. Ein KI-fähiges IoT-Gerät kann ein AIoT-Terminal (Artificial Intelligence of Things) oder ein Edge-Gateway/-Server sein. Die Integration von KI und IoT eröffnet eine breite Palette neuer Anwendungen, z. B. intelligente Reinigungsroboter und vorausschauende Wartung von Industrieanlagen. Marktforschern zufolge werden AIoT-Geräte weit verbreitet sein. Die Gesamtnachfrage nach Chips wird deutlich auf mehrere Billionen Stück ansteigen.
Das Zeitalter der KI »light« boomt dank der Verlagerung der KI auf die Geräteseite. Mikroprozessoren wie der Cortex-A auf Geräten werden durch Mikrocontroller mit Cortex-M- oder RISC-V-Kernen ersetzt. Linux, das häufig auf Mikroprozessoren eingesetzt wird, weicht Echtzeit-Betriebssystemen. Laut einer Untersuchung des Key Laboratory for Embedded and Network Computing der Universität Hunan benötigt das quelloffene Zephyr RTOS 0,13 Sekunden für die Ausführung der Baidu Paddle Lite Bildkategorisierungsbeispiele auf der Rockchip RK3568-Plattform, während Linux 0,42 Sekunden benötigt.
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Die embedded world China findet vom 12.–14. Juni 2024 in Shanghai statt. Reichen Sie jetzt einen Vortrag für die Konferenz ein. Der Call for Papers ist aktiv und die letzte Frist für Einreichungen ist der 10. März 2024.
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Eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung von KI auf Endgeräten ist der Mangel an KI-Experten. Ein Entwicklungsteam braucht einen KI-Experten, um Daten vernünftig aufzubereiten und Modelle trainieren zu können. Daher hat sich die Tool-gestützte Entwicklung durchgesetzt. Entwickler können dazu z. B. die Tools von Anbietern wie Edge Impulse, SensiML und Sensory AI nutzen, um intelligente Gerätemodelle zu konfi- gurieren und den Algorithmus zu erstellen. Diese Tools lösen das Problem fehlender KI-Experten und helfen den Teams, sich auf die Entwicklung von Produkt-Features und KI-Funktionen zu konzentrieren. Das ist wichtig, um die Markteinführungszeit von AIoT-Produkten zu verkürzen. Solche Tools müssen zwei Hauptziele erreichen: die Anpassungsfähigkeit der Modelle verbessern und die Datenerfassung und -optimierung vereinfachen. Globale Unternehmen für eingebettete Systeme wie ST, Silicon Labs und Renesas sind in Bezug auf diese Tools führend, während Unternehmen in China erst am Anfang stehen. Chinesische Unternehmen wie Canaan, ChipIntelli und SigmaStar haben Fortschritte bei der intelligenten Bildverarbeitung und dem Voice-wake-up gemacht. Hier gibt es noch viel Raum für Wachstum.
RISC-V ist eine Open-Source-Befehlssatzarchitektur (ISA), die 2010 an der University of California Berkley entwickelt wurde. Im Jahr 2022 wurden weltweit mehr als zehn Milliarden RISC-V-Chips produziert. Die Hälfte dieser Chips stammte aus China, insbesondere eingebettet als Mikrocontroller-Kerne. Der RISC-V-TWS-Kopfhörerchip von BlueTrum beispielsweise wurde bereits eine Milliarde Mal produziert.
Auf dem RISC-V Summit 2023 in Shanghai gab der Organisator bekannt, dass mehrere RISC-V-Produkte wichtige Produktionsmeilensteine erreicht haben: zehn Millionen KI-Sprachchips von ChipIntelli, eine Million Low-Power-RISC-V-MCUs von XinSheng Technology (China Mobile), zwei Millionen Chips der Canaan-K210-Serie sowie der IoT-Chip von Boufallo Lab und eine Super-Hochleistungs-MCU von HPMicro. Nach Angaben von Marktforschungsunternehmen werden Mikrocontroller, Wireless und Automotive die drei wichtigsten Märkte für RISC-V sein.
RISC-V-IP (Intellectual Property) hat in China ein schnelles Wachstum erfahren. In den vier Jahren seit seiner Gründung hat Nuclei mehr als 150 lizenzierte Kunden gewonnen. Von den CPUs der Ali T-Head XuanTie-Serie wurden mehr als 2,5 Milliarden Einheiten produziert. Sie werden in smarten Lautsprechern, Dashcams, Druckern und Sicherheitskameras eingesetzt.
Die Entwicklung eines Softwareökosystems ist ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung von RISC-V-Prozessoren. Dank der Open-Source-Gemeinschaft wurden im Softwareökosystem von RISC-V erhebliche Fortschritte erzielt. Im Jahr 2023 kündigte Google die Unterstützung von RISC-V in Android an, was bedeutet, dass die meisten Mainstream-Betriebssysteme nun RISC-V unterstützen, da- runter Debian, Fedora, Ubuntu, Anolis OS, UOS, openKylin, Coolita OS, FreeRTOS, RT-Thread usw. Die Anwendungssoftware auf diesen Betriebssystemen beginnt ebenfalls, RISC-V zu unterstützen. Die Open-Source-Gemeinschaft der Debian-Linux-Distribution begann beispielsweise 2019 mit der Unterstützung von RISC-V. Bis 2022 wurden 95 % der verfügbaren Debian-Softwarepakete auf RISC-V portiert, was RISC-V zu einer Tier-1-Architektur in Debian macht.
RISC-V ist für große Unternehmen so interessant, dass sie mehr in Forschung und Entwicklung investieren. Im Jahr 2023 gründeten Qualcomm und vier führende Unternehmen der Halbleiterindustrie ein Joint Venture, das sich mit RISC-V befasst. SiFive prognostizierte auf seinem China Summit 2023, dass die Gesamtzahl der RISC-V-Chips bis 2025 rund 80 Milliarden erreichen wird.
Eingebettete Systeme profitieren von den raschen Fortschritten der IC-Herstellung und gewinnen durch effizientere Halbleiterprozesse immer mehr Hardwarefähigkeiten: schnellere Single-Core-Geschwindigkeit, Transformation zu Multi-Core-Systemen, heterogene Porzessorkerne, Virtualisierung und Trusted Execution Environment (TEE). Diese Technologien bilden eine solide Grundlage für die Ausführung mehrerer Betriebssysteme auf demselben SoC.
Gleichzeitig stellen IoT, intelligente Systeme, funktionale Sicherheit und Security Anforderungen, die für ein einziges Betriebssystem kaum alle auf einmal zu erfüllen sind. Eine Lösung besteht darin, mehrere Betriebssysteme für verschiedene Bereiche zu nutzen. Zum Beispiel Windows für die Benutzeroberfläche, Linux für die Netzwerk- und Kommunikationsstacks und ein RTOS für Echtzeitleistung und Zuverlässigkeit. Die Anordnung muss außerdem einfach zu entwickeln, einzusetzen und zu erweitern sein; Container und Virtualisierung sind Schlüsseltechnologien, um dieses Ziel zu erreichen.
OpenEuler ist eine kostenlose Open-Source-Linux-Distribution, die von der OpenAtom Foundation in China gepflegt wird. Eine offene Gemeinschaft ist für die Entwicklung des Betriebssystems und des dazugehörigen Ökosystems verantwortlich. Von OpenEuler gibt es mit OpenEuler Embedded eine spezielle Version für eingebettete Systeme. In der neuesten Version von OpenEuler Embedded ist die Unterstützung für OpenAMP integriert. Durch eine aktive Zusammenarbeit haben OpenEuler und Zephyr einen hybriden Einsatz realisiert. OpenEuler Embedded plant die Unterstützung weiterer RTOS wie UniProton, RT-Thread, Jailhouse (ein partitionierender Hypervisor auf Linux-Basis) und ZVM (ein Open-Source-Virtualisierungsprojekt der Universität Hunan auf Basis von Zephyr OS).
Embedded-Betriebssysteme florieren in China. Open-Source-Betriebssysteme wie RT-Thread, SylixOS, Intewell und OneOS werden in vielen Bereichen erfolgreich eingesetzt – darunter Unterhaltungselektronik, IoT, Industrie und Automobil.
Eingebettete Systeme sind ein Konvergenzpunkt mehrerer akademischer und professioneller Disziplinen, darunter Informatik, Elektronik und Informationstechnologie, Chipdesign, IoT und KI. In China schließen sich die Institutionen zusammen, um die technischen Herausforderungen im Bereich der eingebetteten Systeme anzugehen und das Zeitalter der intelligenten Konnektivität zu gestalten.