Wettrennen um Gunst der IIoT-Anwender

Industrial 5G versus WiFi 6

10. November 2020, 13:24 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

5G und WiFi 6 parallel einsetzen...

Sander Rotmensen, Siemens: Es ist möglich, 5G und WiFi 6 parallel einzusetzen und ihre jeweiligen Vorteile zu nutzen. Beispielsweise könnte die Kommunikation für betriebskritische Anwendungen in einer Fabrik über eine private 5G-Frequenz laufen, während alle anderen Applikationen über WLAN angebunden sind. Bei einer breiten installierten Basis von WLAN-Bestandsgeräten ist der Einsatz von WiFi 6 finanziell momentan noch vorteilhafter. Mittelfristig werden die Kosten für private 5G-Infrastrukturen jedoch sinken, weil sich die Technologie auch in vielen anderen, preissensitiveren Bereichen (Autos, Landmaschinen, Smartphones) durchsetzen wird. Im Endeffekt wird der Anwender die Technologie abhängig davon wählen, welche Anforderungen sich aus seinen Applikationen ergeben.

Klaus-Dieter Walter, SSV Software Systems: Beide Technologien ergänzen sich aus meiner Sicht hervorragend – mindestens genauso gut, wie sich derzeit WiFi 5 und 4G ergänzen. Man darf schließlich nicht außer Acht lassen, dass WiFi für lokale Netzwerke und 4G/5G für flächendeckende Mobilfunknetze gedacht sind. WiFi braucht 4G/5G für mobile Geräte, um den Gerätenutzern stets auch aus ökonomischer Sicht die bestmögliche Verbindung zur Verfügung zu stellen. Für WiFi 6 und 5G erwarte ich sogar ein sehr schnelles Seamless Roaming. Schließlich soll der Mainstream-Kunde mit seinem High-End-Smartphone nicht merken, dass er beim Streamen eines 8K-Videos aus der WiFi-6-Funkzelle in die 5G-Funkzelle wechselt und umgekehrt. In Bezug auf industrielle Anwendungen kann ich mir in den Fabrikhallen und im Freigelände auch Campusnetzwerk-Anwendungen vorstellen, die beide Funktechnologien integrieren und sich gegenseitig ergänzen. Letztendlich dürfte WiFi 6 klare Kostenvorteile in Bezug auf den Access Point aufweisen, 5G dagegen sicherlich das bessere Echtzeitverhalten.

Welche drahtlosen und drahtgebundenen Industriekommunikations-Standards könnte WiFi 6 möglicherweise ersetzen?

Michael Demel, Atlantik Elektronik: Alle bisherigen WiFi-Standards; WiFi 6 gilt als Nachfolger von WiFi 5.
Der WiFi-6-Standard IEEE 802.11ax wird jetzt durch das Zertifizierungsprogramm (herausgegeben von der Wi-Fi Alliance; wichtig, weil es die Interoperabilität von Geräten sicherstellt) ergänzt, und WiFi-fähige Geräte werden zunehmend auf dem Markt angeboten – iPhone 11 und Galaxy S10 verfügen über WiFi 6. Am wichtigsten ist, dass die neuen Geräte, die in den nächsten sechs Monaten auf den Markt kommen, WiFi 6 anbieten. Angesichts der relativ kurzen Lebensdauer elektronischer Geräte für dem Massenmarkt ist eine rasche Verbreitung von WiFi 6 zu erwarten.

WiFi 6 ist ideal positioniert, um Connectivity in „gerätedichten“ Umgebungen wie Flughäfen, Bahnhöfen, Einkaufszentren und Stadien bereitzustellen. Es verwendet eine 1024-QAM-Modulation; derzeit wird 5G mit 256-QAM bereitgestellt, wird aber schließlich auf 1024-QAM umsteigen. Was WiFi 6 vermisst, ist ... das Netzwerk. Einen Teilschritt in diese Richtung macht der NGH – Next Generation Hotspot – Passpoint. Eine einzelne Authentifizierung an einem Hotspot reicht aus, um eine Verbindung zu einem beliebigen Hotspot (der am Netzwerk teilnimmt) herzustellen. Dies stellt eindeutig kein globales Netzwerk bereit, weil keine globale WiFi-Abdeckung besteht.

Für die globale Abdeckung ist weiterhin ein vom Betreiber gesteuertes drahtloses Netzwerk erforderlich. In kleineren Gebieten kann WiFi 6 jedoch die Connectivity und das „Erlebnis“ eines vollwertigen drahtlosen Netzwerks bieten. Dies war mit den bisherigen WiFi-Standards nicht möglich.
Bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts werden die WiFi-6- und die 5G-Abdeckung aus Sicht des Endbenutzers (und des Terminals) nahtlos funktionieren. Das Sitzungsmanagement wechselt vom Netzwerk (und vom Telekommunikationsbetreiber) zum Gerät. Letzteres wählt dynamisch das für Kosten, Leistung, Stromverbrauch am besten geeignete Gateway aus.

Sander Rotmensen, Siemens: WiFi 6 wird vor allem bereits existierende WLAN-Lösungen ersetzen bzw. upgraden. Zudem werden vermutlich proprietär entwickelte drahtlose Kommunikationslösungen mit der Zeit durch standardisierte Lösungen ersetzt werden.

Klaus-Dieter Walter, SSV Software Systems: Also zunächst einmal ersetzt WiFi 6 den jeweiligen Vorgänger, also WiFi 5. WiFi ist nun einmal die Funktechnologie mit der mit Abstand größten Device-Anzahl und einem dem Stand der Technik entsprechenden Bandbreitenangebot. WiFi 6 wird in erster Linie dafür sorgen, dass diese führende Position auch in Zukunft erhalten bleibt. Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass vielleicht in der einen oder anderen Marktnische, beispielsweise im Bereich der UWB-basierten Indoor Location Services für die Echtzeitortung von Gegenständen, sich in Zukunft WiFi 6 als Technologienachfolger etabliert.


  1. Industrial 5G versus WiFi 6
  2. Industrietauglichkeit der Produkte...
  3. Für harte Echtzeitanwendungen
  4. ...großer Unterschied ist das Spektrum
  5. 5G und WiFi 6 parallel einsetzen...

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