Die elektrische Antriebstechnik kann einen großen Beitrag zu einer effizienten und nachhaltigen Produktion leisten. Doch welche Funktionen und Systemkomponenten von Variable Speed Drives (VSDs) sind auf welche Weise dafür verantwortlich – gerade auch bei der Inbetriebnahme?
Agile Prozesse sind ein Markenzeichen von Fabriken und Logistikbetrieben im Sinne von Industrie 4.0. Es gibt dort eine Vielzahl von Anwendungen, die Motoren und Antriebe mit variabler Geschwindigkeit (Variable-Speed-Drives, VSDs) mit einer Nennleistung von 0,12 kW bis 30 kW (0,16 PS bis 40 PS) erfordern.
Die VSDs für diese Anwendungen müssen einfach zu installieren und für den Betrieb von –10 °C bis +60 °C ausgelegt sein. Größere Antriebe sollten über integrierte Brems-Chopper verfügen, und einige Anwendungen erfordern eine EMV-Konformität der Kategorie C1 gemäß der Norm EN 61800-3. Die VSDs müssen leicht zu verwenden sein, in weiten Bereichen der Netzspannung arbeiten und sich automatisch an instabile Netzspannungen anpassen, um einen unterbrechungsfreien Betrieb sicherzustellen.
Viele Anwendungen automatisieren einfache Bewegungsabläufe und benötigen keine speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPSen), sondern lassen sich mit vorprogrammierten Makros oder einfachen Geräten wie Parameterladern, einfachen Bedien-Panels (BOPs) oder intelligenten Zugangsmodulen in Betrieb nehmen.
Darüber hinaus müssen die VSDs wirtschaftlich zu betreiben sein und integrierte energiesparende Funktionen wie die automatische Reduzierung des Motorbetriebs unter vorgegebenen Betriebsbedingungen sowie die Möglichkeit zur Überwachung und Anzeige des Energieverbrauchs in Echtzeit bieten.
Doch wie können nun VSDs wie die der Familie »Sinamics V20« von Siemens für Nachhaltigkeit und Produktivität sorgen? Welche Funktionen ermöglichen dies? Und wie können vorprogrammierte Makros und Komponenten wie Parameterlader, BOPs oder intelligente Zugangsmodule eine schnelle Inbetriebnahme, einen effizienten Betrieb und die laufende Wartung unterstützen?
Die Steuerungselemente der Serie Sinamics V20 sind ohne zusätzliche Module oder externe Steuerungen sofort einsatzbereit. Das integrierte BOP unterstützt ihre Inbetriebnahme vor Ort. Außerdem lassen sie sich über eine universelle serielle Schnittstelle mit den SPSen von Siemens für komplexe Vorgänge vernetzen. Die Modbus-Schnittstelle dient der Vernetzung mit Drittanbieter-SPSen und anderen Komponenten.
Bei Einheiten mit einer Nennleistung von mehr als 10 PS kann ein Bremswiderstand direkt an den Brems-Chopper angeschlossen werden, und einige Modelle entsprechen der EMV-Kategorie C1 der Norm EN 61800-3. Die Sinamics-V20-Steuerungen sind für den Betrieb von –10 °C bis +60 °C spezifiziert und mit Nennleistungen von 0,12 kW bis 30 kW erhältlich. Beispiele hierfür (Bild 1):
Zu den integrierten Modi der Sinamics-Steuerungseinheiten gehören skalare Volt pro Hertz (U/f), programmierbare U/f-Mehrfachmodi, U²/f für die automatische Anpassung des Motorbetriebs zur Energieeinsparung und die Motorbetriebsstromregelung (FCC), die den Ausgang der Steuereinheit automatisch an die Last anpasst.
Der Modus »Keep Running« passt sich automatisch an, um eine instabile Netzversorgung zu kompensieren (Bild 2). In diesem Modus werden Schwankungen der Netzspannung intern kompensiert, die Geschwindigkeit des Motors wird automatisch reduziert, um eine ungeplante Abschaltung zu verhindern, und bei Bedarf wird eine Fehlermeldung gesendet. Dies kann besonders bei Anwendungen der Gebäudeautomation wie etwa Pumpen und Ventilatoren in Wasser- oder Abwasseraufbereitungsanlagen sowie HLK-Systemen (Heizung, Lüftung, Klima) von Nutzen sein.
Je nach Anwendung lässt sich der Wirkungsgrad erhöhen, indem die Geschwindigkeit des Motors an den aktuellen Prozess angepasst wird. Bei Turbomaschinen wie etwa Pumpen kann der Betrieb mit variabler Geschwindigkeit bis zu 60 Prozent der Energie im Vergleich zum Betrieb mit fester Geschwindigkeit einsparen.
Die Sinamics-V20-Steuerungseinheiten verfügen über einen integrierten energieoptimierten Modus (ECO) zur Steigerung des Wirkungsgrads. Im ECO-Modus wird der Motorbetrieb automatisch an den optimalen Arbeitspunkt angepasst.
Die Steuerungseinheiten lassen sich in den Ruhemodus »Hibernation« versetzen, der den Motor herunterfährt, während der aktuelle Zustand der Steuerungseinheit beibehalten wird. Der Modus Hibernation reduziert den Energieverbrauch erheblich und hält die Steuerungseinheit in einem Zustand der Bereitschaft, bei Bedarf sofort wieder zu starten.
Die integrierten Funktionen zur Kaskadierung und zum Ausgleich der Energie können den Wirkungsgrad weiter erhöhen: Die Kaskadierung lässt sich in Hochleistungs-Pumpen-, Lüfter- und Kompressor-Anwendungen nutzen, die mehrere Motoren verwenden. Die Zu- und Abschaltung von Phasen unter Verwendung von teilweise oder vollständig gesteuerten Leistungskaskaden kann die Gesamteffizienz des Systems ohne Leistungsverlust erhöhen. Der Energieausgleich durch gekoppelte Steuerungseinheiten ermöglicht den Austausch von Energie über den gemeinsamen DC-Zwischenkreis. Durch den direkten Energieaustausch zwischen Invertern lassen sich die Leistungsverluste des Gesamtsystems minimieren und der Wirkungsgrad verbessern.
Das BOP der Sinamics-Steuerungseinheit kann den Energieverbrauch in Echtzeit anzeigen. Ein Zähler kann den Energieverbrauch während des Maschinenbetriebs im Vergleich zu einem Betrieb mit fester Geschwindigkeit berechnen, was den Bedienern eine Feinabstimmung der Prozesse und eine weitere Verbesserung der Einsparungen und der Nachhaltigkeit ermöglicht.
Siemens hat die Environmental Product-Declaration (EPD) für die Sinamics V20 veröffentlicht, einschließlich einer Ökobilanz (LCIA, Life-Cycle-Impact-Assessment) auf Basis der Norm ISO 14021, Umweltetiketten und -deklarationen – Selbsterklärte Umweltansprüche – Umweltkennzeichnung Typ II.
Die LCIA beruht auf dem Modell 6SL3210-5BE21-5UV0 mit einer Nennleistung von 1,5 kW und einer dreiphasigen Netzspannung von 380 V AC bis 480 V AC. Sie berücksichtigt die Auswirkungen der Herstellung, der Verteilung, des Betriebs, der Außerbetriebnahme am Ende der Lebensdauer sowie der Entsorgung und des Recyclings der Sinamics-V20-Einheiten. Die größte Auswirkung hat der Betrieb über die geschätzte Lebensdauer der Steuerungseinheiten von 15 Jahren. Die Analyse beruhte auf 5000 Betriebsstunden pro Jahr und drei Betriebspunkten (OP):
Der Betrieb der Steuerungseinheit verursacht über 15 Jahre schätzungsweise 1060 kg CO2-Äquivalent, während die Herstellung nur 40,6 kg CO2-Äquivalent verursacht und durch Stilllegung, Entsorgung und Wiederverwertbarkeit ein Teil der Treibhausgasemissionen in Höhe von 3,6 kg CO2-Äquivalent aufgefangen werden.
In Industrie-4.0-Betrieben kann eine schnelle und flexible Inbetriebnahme ein wichtiger Aspekt sein, um Energieeinsparungen und Nachhaltigkeit zu maximieren. Zur Beschleunigung der Inbetriebnahme von Sinamics-V20-Einheiten stehen den Anwendern mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, um schnelle Umstellungen zu unterstützen.
Die Schnellinbetriebnahme-Funktion ändert vier Parametersätze gleichzeitig, darunter Motordaten, Verbindungsmakros, Anwendungsmakros und wichtige Parameter. Die Motordaten beginnen mit der Auswahl europäischer oder nordamerikanischer Parameter (d. h. kW vs. PS) sowie unter anderem Nennspannung, Strom, Leistung, Frequenz und Wirkungsgrad.
Die Anbindung und die Anwendungsmakros sind besonders wichtige Aspekte der agilen Inbetriebnahme.
Zu den Verbindungsmakros gehören die Identifizierung des BOP als einzige Steuerungsquelle oder die Freigabe der Steuerung über PNP/NPN-Klemmen, Festdrehzahlen, Analogeingang, Festfrequenz, externe Drucktastensteuerung, externe Drucktaste mit analogem Sollwert, PID-Steuerung mit analogem Eingangssollwert, PID-Steuerung mit Festwertsollwert, USS-Steuerung und Modbus-RTU-Steuerung.
Als Anwendungsmakro stehen eine einfache Pumpe, ein Lüfter, ein Kompressor und ein Förderband zur Verfügung. Zu den Parametern des einfachen Pumpen-Makros gehören beispielsweise die Mindestfrequenz, der Modus der Steuerung, der Sollwert für die Sperrfrequenz, der automatische Wiederanlauf und die Zeit für die Rampe.
Individuelle Parameter wie Frequenz-Sollwert, minimale und maximale Frequenzen sowie Rampenzeiten lassen sich während der Schnellinbetriebnahme anpassen. Die integrierte Funktion zur Schnellinbetriebnahme kann nicht nur die Inbetriebnahme beschleunigen, sondern auch Fehler durch falsche Parametereinstellungen ausschließen und so die Bereitstellungszeiten weiter verkürzen.
Sobald die Parametersätze komplett sind, kann ein Parameterlader Parametersätze von der V20 auf eine SD-Karte schreiben oder von der SD-Karte in die V20 lesen. Der Parameterlader und die SD-Karte können zum Klonen von Parametersätzen über mehrere Steuereinheiten hinweg verwendet werden. Die Parameter lassen sich in die Steuereinheiten herunterladen, noch bevor diese in die Fabrikhalle geliefert werden, was den gesamten Inbetriebnahmeprozess weiter beschleunigt und den Bedarf an technischer Unterstützung reduziert.
Zusätzlich zum Steckplatz für SD-Karten verfügt der V20-Parameterlader über einen Platz für zwei primäre Batterien der Größe AA, die die Steuerungseinheit während des Herunterladens von Parametern mit Strom versorgen können, ohne an eine Netzstromquelle angeschlossen zu sein. Der V20-Parameterlader verfügt außerdem über eine Micro-USB-Schnittstelle, die sich mit einer externen 5-V-DC-Spannungsversorgung vernetzen lässt, sodass die primären Batterien nicht mehr benötigt werden (Bild 3).
Ein optionales externes BOP lässt sich für die Fernbedienung von V20-Steuerungseinheiten verwenden. Das externe BOP ist für die Befestigung an der Außenseite des Schaltschranks und die Verbindung mit einem an der Steuerungseinheit angebrachten Schnittstellenmodul vorgesehen. Das externe BOP und das Schnittstellenmodul unterstützen die Anbindung an RS-232 und lassen sich mit einem bis zu 3 m langen Kabel verbinden.
Bei ordnungsgemäßer Befestigung kann das externe BOP die Einstufungen IP54 und UL/cUL Typ 1 erfüllen und bietet somit Schutz für das Personal vor dem Zugriff auf gefährliche Spannungen und Schutz der V20 vor festen Fremdkörpern wie Schmutz und Staub. Das externe BOP dupliziert die integrierte BOP-Schnittstelle des V20 (Bild 4).
Um die größtmögliche Flexibilität bei der Inbetriebnahme zu erreichen, können Anwender auf das Modul »Sinamics V20 Smart Access« zurückgreifen (Bild 5). Das intelligente Zugangsmodul »Smart Access« wird direkt an der Vorderseite des V20 angeschlossen und ist ein Webserver-Modul mit integrierter WiFi-Vernetzung. Es unterstützt die webbasierte Inbetriebnahme und Überwachung von V20-Einheiten über Computer wie etwa Laptops mit drahtlosem Netzwerkadapter, Tablets oder Smartphones. Verwendbar ist es mit jedem Betriebssystem und jedem HTML5-fähigen Webbrowser wie Chrome, Internet Explorer (IE) und Safari.
Sinamics V20 Smart Access ermöglicht einen einfachen Zugriff auf die Steuerungseinheit, auch in schwer zugänglichen Bereichen. Die intuitive grafische Benutzeroberfläche (GUI) und der Inbetriebnahme-Assistent sorgen für eine einfache Bedienung. »Smart Access« unterstützt den gleichen Einrichtungsassistenten wie das BOP für eine schnelle und einfache Inbetriebnahme, einschließlich
»Smart Access« ist so konfigurierbar, dass Fehlercodes direkt per E-Mail für die Fernüberwachung übermittelt werden, und es enthält zahlreiche Funktionen zur Kontrolle des Zugriffs auf die Daten und Steuerungsfunktionen. Smart Access bietet umfassende drahtlose, webbasierte Funktionen, darunter
Im Fokus der Sinamics-V20-Steuerungseinheiten von Siemens stehen Nachhaltigkeit und Flexibilität. Mit mehreren Betriebsmodi und energiesparenden Funktionen können die Steuerungseinheiten den Wirkungsgrad in einem breiten Bereich einfacher Motoranwendungen von 0,12 kW bis 30 kW maximieren. Der Keep-Running-Modus gewährleistet den kontinuierlichen Betrieb kritischer Infrastrukturen wie Abwasser- und Wasseraufbereitung sowie von HLK-Systemen in der Gebäudeautomation. Die Flexibilität wird durch die zahlreichen Möglichkeiten der Schnellinbetriebnahme mit dem integrierten BOP, einem ferngesteuerten BOP, der drahtlosen Verbindung mit einem intelligenten Zugangsmodul sowie vorprogrammierten Anwendungsmakros und anderen Werkzeugen unterstützt.