»Intelligent Motion ist das Ziel«

Siemens strukturiert sein Antriebstechnik-Portfolio um

24. Juni 2024, 15:00 Uhr | Andreas Knoll
Achim Peltz, Siemens: »Der Fokus der geplanten Akquisition liegt auf intelligenten, mechatronischen Antriebssystemen.«
© Siemens

In den vergangenen Jahren hat Siemens sein Antriebstechnik-Portfolio komplett umgebaut. Welche Strategie dahintersteckt, war dabei nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Achim Peltz, CEO der Business Unit Motion Control bei Siemens Digital Industries, erläutert nun die Hintergründe.

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Markt&Technik: Siemens hat im März 2021 Flender mit Winergy an die Private-Equity-Gesellschaft The Carlyle Group verkauft, Mitte 2023 Innomotics als rechtlich eigenständiges »Siemens-Business« zusammengefasst, im März 2024 den Erwerb des Geschäftsbereichs Industrial Drive Technology (IDT) von ebm-papst vereinbart und im Mai 2024 den Verkauf von Innomotics an das Private-Equity-Unternehmen KPS Capital Partners festgezurrt. Welche Antriebstechnik-Strategie steckt dahinter?

Achim Peltz: Siemens verfolgt das Ziel, sich auf intelligente Antriebstechnik, vernetzt mit weiteren digitalen Angeboten, in einem durchgängigen Ecosystem zu konzentrieren. Das Geschäft für industrielle Antriebstechnik (IDT), das wir von ebm-papst übernehmen wollen, ist eine hervorragende Ergänzung zum Motion-Control-Geschäft von Siemens. Der Fokus der geplanten Akquisition liegt auf intelligenten, mechatronischen Antriebssystemen; sie werden in ein Umfeld integriert, das für die Zukunft von Siemens Digital Industries von strategischer Bedeutung ist und das zum Markenkern von Siemens gehört. Das IDT-Geschäft von ebm-papst ist im Bereich der Schutzkleinspannung von 24 bis 48 V angesiedelt; es bedient somit komplett andere Anwendungsfälle und Endmärkte als das von Flender und Innomotics.

Die Getriebe der IDT von ebm-papst sind Planeten- und Winkelgetriebe, wie sie in den Zielapplikationen der Business-Unit Motion Control bei Siemens Digital Industries weit verbreitet sind und in den Fokusbranchen von Servoantriebssystemen wie etwa der Intralogistik benötigt werden. Das IDT-Getriebeportfolio passt daher bestens zur Strategie von Siemens, sich auf Lösungen zur intelligenten und performanten Bewegungsführung zu fokussieren.

Siemens plant, das neue Geschäft durch seine globale Präsenz und führende Position in vielen Märkten entscheidend weiterzuentwickeln. Die intelligente Mechatronik der IDT-Produkte ergänzt das Siemens-Motion-Control-Portfolio der Antriebstechnik optimal und untermauert unsere Strategie hin zu einem durchgängig intelligenten Systemportfolio, das über die Ecosystems Totally Integrated Automation (TIA) und Siemens Xcelerator zusätzlichen Kundennutzen schafft.

Welche Rolle soll die Antriebstechnik künftig im Siemens-Portfolio spielen? Welche Anwendungen soll sie abdecken, welche Aufgaben soll sie erfüllen?

Die Antriebstechnik ist ein integraler Teil des Siemens-Angebots für Automatisierung und Digitalisierung für die Industrie. Wenn man so will, ist sie Teil des Markenkerns von Siemens Digital Industries. Dabei spielt das Thema Digitalisierung und Software auch bei der Antriebstechnik eine immer wichtigere Rolle. Wir entwickeln daher unter dem Begriff Intelligent Motion das Angebot für unsere Kunden kontinuierlich weiter. Die geplante Akquisition der industriellen Antriebstechnik von ebm-papst ist dazu ein wichtiger Schritt.

Welche Produktarten verbleiben nach dem Verkauf von Flender und Innomotics bei Siemens?

In der Business-Unit Motion Control verbleiben im Bereich der Antriebstechnik die (Servo-)Antriebssysteme für Motion-Control-Applikationen und die Frequenzumrichter. Hinzu kommt ein weitreichendes Portfolio für den digitalen Antriebsstrang, bestehend aus Software und dazugehöriger Hardware.

Wo sind die Marken »Simotion« und »Simotics« angesiedelt?

Das Simotics-Elektromotoren-Portfolio umfasst künftig nur noch das Portfolio für Siemens-Motion-Control-Motoren, vor allem Servo- und Hauptmotoren. Die Niederspannungs- und Hochspannungsmotoren sind bei Innomotics unter einem Dach zusammengefasst und müssen nach dem Verkauf unter einem anderen Markennamen vertrieben werden. Simotion ist eine Siemens-Produktmarke und wird daher auch dort verbleiben.

Wie wird das bisher zu ebm-papst gehörige Antriebsportfolio organisatorisch und markentechnisch eingegliedert?

Der Eigentumsübergang mit dem sogenannten Closing ist nach rund 15 Monaten geplant, also im Sommer 2025. Das IDT-Portfolio von ebm-papst besteht aus Motoren und Antriebsprodukten. Es ist geplant, diese in das Antriebs-Portfolio in der Business-Unit Motion Control bei Siemens Digital Industries zu integrieren.

Inwieweit wird das bisher zu ebm-papst gehörige Antriebsportfolio in das TIA-Portal (Totally Integrated Automation) integriert?

Zuerst wird der Fokus darauf liegen, das IDT-Portfolio von ebm-papst in das klassische TIA-Ecosystem zu integrieren – beginnend mit der Integration in das TIA Selection Tool, den Siemens Product Configurator (SPC) und das TIA-Portal. Damit erschließt das IDT-Portfolio neue Kunden, die das digitale TIA-Angebot in Kombination mit integrierten mechatronischen Lösungen einsetzen wollen.

Die Fragen stellte Andreas Knoll.

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