Waveguides

So funktionieren AR-Brillengläser

11. April 2023, 10:58 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Hersteller kooperieren eng miteinander

Die Hersteller der Materialien wiederum kooperieren eng mit den Herstellern der Maschinen, die erforderlich sind, um die Waveguides zu strukturieren.
Zu den Unternehmen, die Maschinen entwickeln, die für die Fertigung von Waveguides geeignet sind, gehören die österreichische EV Group sowie Süss MicroTec in Garching bei München. Dr. Vijay Ramya Kolli, Program Manager Imprint Technologies von Süss MicroTec, sieht das Surface-Relief-Grating (SRG) als vielversprechend an, nicht nur für die Strukturierung von Waveguides, sondern auch von weiteren diffraktiven optischen Elementen, von denen es in einer AR-Brille mindestens zwölf gibt.

SRGs bestehen aus Vertiefungen und Erhebungen im Bereich von Nanometern. Mit diesen Nanostrukturen werden die Polymere versehen, die zuvor auf Glaswafern abgeschieden wurden. Auf diesen Glaswafern mit einem Durchmesser bis 300 mm entstehen die Brillengläser. Die einfachste Methode, die Polymere aufzubringen, ist das Spin-Coating. Die komplexe optische Struktur von Waveguides erfordert es allerdings, dass die Polymere in verschiedenen Bereichen in unterschiedlicher Dicke aufgebracht werden müssen.

Deshalb ist es oft vorteilhafter, die Polymere über Ink-Jet-Prozesse selektiv aufzubringen. So kann die Polymerschicht exakt die richtige Dicke über der gesamten Fläche eines Wafers einhalten. Das ist wichtig, weil Abweichungen in der Schichtdicke zu optischen Verlusten führen, die so gering wie möglich sein sollten, um ein helles Bild und ein weites Sichtfeld zu ermöglichen. »Daher werden wir künftig sowohl die Ink-Jet-Technik als auch die Nanoimprint-Lithografie auf einer Plattform kombinieren«, sagt Vijay Ramya Kolli. »Das ist einzigartig.«

Süss MicroTec bietet beispielsweise den Tintenstrahldrucker LP50 im Desktop-Format an, der speziell für Forschung und Entwicklung von Tintenstrahlprozessen konzipiert wurde. »Sehr viele Unternehmen, die in die Fertigung von Waveguides und anderen diffraktiven optischen Elementen einsteigen wollen, entwickeln Prozesse mithilfe dieses Desktop-Tintenstrahldruckers«, sagt Kolli. »Für die Ink-Jet- wie für die Nanoimprint-Technik gilt: Wer die Prozesse entwickelt hat und in die Stückzahlfertigung einsteigen will, kann ohne Schwierigkeiten auf unsere Hochvolumen-Maschinen wechseln, weil sie modular und skalierbar sind.«

Dabei kommt es darauf an, sehr eng sowohl mit den Herstellern der Polymere und Glassubstrate als auch mit den Kunden zusammenzuarbeiten, die die Waveguides fertigen. Denn die Maschinen, die Materialien und die Prozesse müssen genau auf die Waveguide-Typen und die Projektionstechniken zugeschnitten sein, die die jeweiligen Kunden einsetzen wollen. »Wir sehen uns hier nicht mehr einfach als Lieferant von Maschinen für die Fertigung, wir stellen das gesamte Ökosystem für die jeweiligen Produktionsumgebungen zur Verfügung«, erklärt Kolli.

Ganz vorne auf diesem Weg sieht Andrea Kneidinger die EV Group (EVG), deren Business Development Manager sie ist, mit der »Nanoimprint Lithography« (NIL): »Schon 2014 haben wir das »NIL Photonics Competence Center« ins Leben gerufen. Auf über 1300 m2 können EVG und die Kunden hier mit den NIL-Maschinen, speziellen Metrology-Tools, Materialien, Substraten die entsprechenden Prozesse auf Wunsch der Kunden aufsetzen, optimieren und bis Hochvolumen hochskalieren. Somit erhält der Kunde einen auf Serienfertigung optimierten Prozess Hand in Hand mit dem Equipment, womit EVG eine einzigartige, schnelle und auf den Kunden und die Applikation abgestimmte Produktionsumgebung liefere.

Auch Kneidinger ist der Meinung, dass es darauf ankommt, mit den Herstellern der Resists – beispielsweise Delo und Inkron –, mit den Herstellern von Glassubstraten wie Schott und Corning sowie den Anwendern, die die Waveguides schlussendlich fertigen wollen, in enger Kooperation zusammenzuarbeiten, »das NIL Photonics Competence Center ist dabei Gold wert«. In einer solchen Kooperation hat EVG einen Prozess zusammen mit der damaligen Startup-Firma WaveOptics sowie Schott und Inkron entwickelt. Im Fokus der Entwicklung standen Gratings für die AR-Gläser. Im Mai 2021 hatte Snap WaveOptics für 500 Mio. Dollar übernommen. »Von einem Startup zum großen Unternehmen – das ist eine herausragende NIL-Success-Story für uns«, freut sich Kneidinger.

Wie Vijay Ramya Kolli sieht auch Andrea Kneidinger Coating und die Nanoimprint-Lithografie als die wesentlichen Prozesstechniken an, die für die Strukturierung von Waveguides herangezogen werden müssen. Das Hochvolumen-Tool »Hercules NIL« sei dazu sehr fexibel einsetzbar, weil es sich um ein modulares System handelt, das Wafergrößen bis 300 mm und sogar Panels verarbeiten kann.

Als besonders interessant für die Zukunft sieht sie Metalinsen, weil sich damit die optischen Elemente und Module weiter miniaturisieren lassen. Hier ist NIL die perfekte Technologie zur Herstellung der Metalinsen; selbst komplexe Strukturen kombiniert mit hoher Auflösung lassen sich mittels NIL in einem einzigen Schritt herstellen. Dasselbe gilt für die microLEDs in den AR-Brillen, sodass diese künftig noch platzsparender und leichter aufgebaut werden können.

Eine bestimmte optimale Projektionstechnik oder ein bestimmter Waveguide-Typ für AR-Brillen hat sich nach der Beobachtung von Andrea Keidinger und Vijay Ramya Kolli bisher noch nicht herauskristallisiert: »Jede Technik hat ihre Vor- und Nachteile, bisher suchen alle nach der optimalen Kombination«, so Kolli. Das Schöne für Süss MicroTec: Unabhängig davon, welche Prozesse und Techniken sich durchsetzen werden, das Unternehmen könne mit den eigenen Maschinen und den darauf basierenden Ökosystemen immer dabei sein.

So sieht es auch Andrea Kneidinger: »Unsere Techniken für die Strukturierung der Waveguides werden unabhängig davon benötigt, welche Projektionstechniken und Waveguide-Designs gewählt werden. Die NIL-Technologie und unsere Anlagen sind flexibel und werden je nach Kundenwunsch angepasst, quasi kein Equipment aus dem Katalog. Es kommt darauf an, dass wir mit den beteiligten Material- und Substrat-Herstellern die Maschinen und Prozesse auf die jeweiligen Anforderungen der Kunden zuschneiden, was wir in unserem NIL Photonics Competence Center tun. Wir sehen uns als technologischer Enabler. Die Form der Zusammenarbeit wählt der Kunde und wir können von Demos bis hin zu Co-Entwicklung mit den Kunden in gemeinsamen Entwicklungslaboren bei EVG jede Form der Zusammenarbeit realisieren. Wir sind hier ein Inkubator für neue, innovative Lösungen. Im Vordergrund steht jedoch immer die Entwicklung und Umsetzung der Prozesse bis hin zu Hochvolumentauglichkeit. Die eigentliche Volumenfertigung findet dann beim Kunden statt.«


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