Infineon setzt auf die Laser-Beam-Scanner (LBS) für die Projektion in Autos. »Jetzt ist die Technik reif, sie wird in die Autos der nächsten Generation Einzug halten«, sagt Emanuele Bruno Bodini von Infineon im Gespräch mit Markt&Technik.
Kürzlich hat Infineon in Zusammenarbeit mit Marelli auf Basis der LBS-Technik von Infineon ein Projektor-Modul für den Einsatz in Autos entwickelt, das Marelli auf einer Messe in Shanghai gezeigt hat. Infineon hatte 2021 bereits bekannt gegeben, eigene MEMS-Mikrospiegel sowie die zugehörigen Treiber und Video-Controller zu entwickeln und auf diesem Gebiet mit TriLite, einem auf LBS-Scanner spezialisierten Start-up mit Sitz in Wien, zusammenzuarbeiten.
»Seit 2021 hat sich bei Infineon auf diesem Gebiet allerdings viel getan. Wir setzen auf die LBS-Technik und investieren kräftig. Wir haben sie beharrlich weiterentwickelt und sind gut vorangekommen – wie die jetzige Ankündigung mit Marelli zeigt«, sagt Emanuele Bruno Bodini, Senior Director Business Development and Innovation von Infineon. Damit sei Infineon in die Phase eingetreten, in der die Technik in die Produktionsreife vorgedrungen sei: »In den nächsten Monaten werden weitere Ankündigungen folgen.«
Im Rahmen der LBS-Technik konzentriert sich Infineon auf zwei Elemente: Erstens auf die MEMS-Mikrospiegel. Hier kann Infineon auf umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der MEMS-Sensoren zurückgreifen. »Wir sind Marktführer im Bereich der Sensoren und Systeme für die Messung des Reifendrucks und stellen mehrere Hundert Millionen dieser MEMS-Sensoren pro Jahr her«, sagt Bodini. Zwar unterscheiden sich die Drucksensoren in ihrem Aufbau und ihrer Funktion deutlich von den MEMS-Spiegeln, doch in der Prozesstechnik für ihre Fertigung gibt es viele Parallelen. Das betrifft die Prozesse für das Ätzen der MEMS-Strukturen, vor allem aber die besondere Technik, die dazu erforderlich ist, verschiedene Wafer zu bonden, so dass die auf den Wafern entstehenden Spiegel zum Schluss in hermetisch dichten Gehäusen sitzen und als Chipscale-Packages vereinzelt werden können. Dass sie hermetisch dicht sind, ist wesentlich für die Qualität und Langlebigkeit der MEMS-Spiegel.
Das zweite Element bilden die Treiber und die Video-Controller, vor allem die zugehörige Software. »Das ist unsere Differenzierung, die zugehörige IP hat in dieser Form kein anderes Unternehmen«, sagt Bodini. Besonders auf das sogenannte »Laser-Shooting« käme es an: Der Laser-Strahl muss mit der richtigen Frequenz, Timing und Amplitude genau die richtige MEMS-Spiegel-Position treffen. Er muss also zum exakt richtigen Zeitpunkt »abgeschossen« werden. Dazu entwickelt Infineon die Algorithmen und hat die entsprechenden Controller im Programm, auf denen sie laufen können.
Allerdings will Infineon sich genau darauf konzentrieren: auf die MEMS-Spiegel, die Treiber und die Video-Controller plus der zugehörigen Software. »Die LBS-Module fertigen wir nicht, die Modulhersteller sind unsere Kunden, wie die Ankündigung mit Marelli gerade gezeigt hat, und wir sind für alle offen«, sagt Bodini.
Deshalb arbeitet Infineon mit weiteren Partnern aus der Lieferkette zusammen, wie etwa mit der bereits oben erwähnten TriLite. Das Unternehmen entwickelt die LBS-Module, stellt aber die Hardware wie MEMS-Spiegel nicht selber her.
Damit ist TriLite kein Wettbewerber zu Infineon, sondern passt ins Partnernetzwerk: Erstens setzt TriLite die MEMS-Spiegel und Video-Controller von Infineon ein, zweitens profitiert Infineon im Rahmen der Partnerschaft vom Know-how von TriLite. So hat TriLite eine ganz besondere Software entwickelt. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass die Laser-Dioden und der MEMS-Spiegel während der Montage höchst präzise aufeinander ausgerichtet werden müssen. Die Toleranzen sind sehr gering. Das macht die Assemblierung aufwändig und teuer. TriLite hat deshalb eine eigene Software entwickelt, die die Fehler in der physischen Positionierung herausrechnen und kompensieren kann, so dass bei der Montage größere Toleranzen erlaubt sind.
Grundsätzlich sei im Automotive-Markt – den Infineon derzeit vor allem anvisiert – ein funktionierendes Ökosystem sehr wichtig. Hier sieht Infineon neben den Head Up Displays zwei weitere Sektoren für den Einsatz von LBS-Projektoren.
Erstens für die Projektionen von »Lichtteppichen«: Nähert sich der Fahrer dem Auto, projiziert es Bilder auf die Straße, sogenannte Welcome-Carpets. Was heute vielleicht noch wie eine Spielerei aussieht, ließe sich künftig zu Systemen entwickeln, die zur Verkehrssicherheit beitragen: So könnten sie Fußgänger auf drohende Gefahren aufmerksam machen, Vehicle-to-Pedestrian-Communication lautet das Stichwort. Denn die Projektionen können dynamisch und farbig gestaltet werden. So könnte das Auto im Parkhaus den Weg projizieren, den es aus beim Ausparken einschlagen wird. Fußgänger, die in der Nähe unterwegs sind, sehen den projizierten Weg und können entsprechend ausweichen.
Eine weitere Anwendung wären farbige und dynamische Innenraumbeleuchtungen. »All diese verschiedenen Einsatzmöglichkeiten für LSB-Projektoren im Auto stellen unterschiedliche Anforderungen, und hier arbeiten wir mit den jeweiligen Partnern im Ökosystem zusammen, die dann die dafür jeweils erforderlichen Module anbieten können«, erklärt Bodini. Deshalb käme es im Automotive-Umfeld entscheidend darauf an, dass das Ökosystem rund um die LBS-Technik funktioniert.
Das sehe im Consumer-Markt etwas anders aus, so Bodini weiter. Hier gehe es um AR-Brillen, da haben die großen Hersteller die gesamte Lieferkette unter Kontrolle.
Während es noch vor wenigen Jahren so aussah, als würde es nicht mehr lange dauern, bis die ersten AR-Brillen auf den Markt kommen, die ihren Namen verdienen, ist der Hype über die vergangenen zwei Jahre doch merklich abgekühlt. Was bisher auf den Markt gekommen ist, hatte mit wirklichen AR-Brillen noch nicht viel zu tun.
Denn noch ist die Technik nicht so weit, dass alle Elemente, die für den Aufbau einer AR-Brille erforderlich sind, zu entsprechend niedrigen Kosten in einer bequem zu tragenden AR-Brille kombiniert werden können. Doch aufgegeben hätten die großen Hersteller laut Bodini keineswegs, es werde weiter mit Hochdruck daran gearbeitet, sowohl bei den Großen als auch bei kleineren und Start-up-Unternehmen, besonders in China: »Ich rechne damit, dass schon nächstes Jahr Produkte chinesischer Hersteller auf den Markt kommen werden.«
Einen Schwachpunkt bilden in den AR-Brillen immer noch die Bildschirme. LCOS-Bildschirme können jetzt zwar Einsatz finden und werden sicherlich in einigen AR-Brillen arbeiten, die demnächst auf den Markt kommen. Aber sie haben, laut Bodini, entscheidende Schwachpunkte: »Längerfristig werden sie sich nicht halten können.«
Auch die microLEDs hätten seiner Ansicht nach mit großen technischen Problemen zu kämpfen, besonders die roten Pixel würden eine viel zu geringe Helligkeit erreichen. Zudem wären die Fertigungskosten immer noch sehr hoch. Das wiederum hat der lange anhaltenden microLED-Euphorie einen deutlichen Dämpfer gegeben. Dennoch wird auch auf diesem Gebiet weiter entwickelt, die Befürworter geben sich noch lange nicht geschlagen.
Dass Bodini die LBS-Projektion als die geeigneten Kandidaten für den Einsatz in AR-Brillen hält, dürfte kaum verwunderlich sein.
Insgesamt sieht er Infineon jetzt und für die Zukunft gut aufgestellt. Grundlage bildet die langjährige Erfahrung, auf die Infineon mittlerweile auf dem Gebiet der LBS-Technik zurückblicken kann. Gestartet waren die Aktivitäten 2016 – allerdings mit einem damals etwas anderem Ziel: Infineon wollte in den LiDAR-Markt vorstoßen und hatte dazu die niederländische Innoluce gekauft.
Drei Jahre später sah Infineon den LiDAR-Markt allerdings nicht mehr als so vielversprechend an, wie ursprünglich erwartet und setzte einen neuen Schwerpunkt. »Über vier Jahre haben wir die LBS-Technik entwickelt, um in Richtung Displays auf LBS-Basis vorzustoßen, die für den Einsatz in Autos, in der Industrie und im Consumer-Markt gedacht sind«, freut sich Bodini. »Jetzt erfolgen die Design-ins, in eineinhalb Jahren werden wir die Stückzahlproduktion der für die LBS-Projektoren erforderlichen Komponenten aufnehmen, die in HUDs Automotive und AR-Brillen Einsatz finden.«