Das Start-up PsiQuantum sammelt in einer Investorenrunde gerade 750 Mio. Dollar ein und wird mit 6 Mrd. Dollar bewertet. Nvidia will jetzt investieren – Gespräche dazu laufen.
Erst im März hatte Jensen Huang, CEO von Nvidia, den Bau eines neuen Forschungslabors in Boston angekündigt, das mit Wissenschaftlern von Harvard und dem MIT zusammenarbeitet. Schon damals schien sich ein Strategiewechsel anzukündigen. Denn noch Anfang Januar hatte Huang sich eher skeptisch zu den Aussichten des Quantencomputing geäußert: Bis Quantencomputer in der Praxis eingesetzt werden könnten, würde es mindestens noch 20 Jahre dauern.
PsiQuantum scheint für Nvidia besonders attraktiv zu sein, weil das Unternehmen auf Fertigungsmethoden setzt, die aus der Halbeiterfertigung bekannt sind. Hier kennt Nvidia sich bestens aus. Die so hergestellten Quantenprozessoren (QPUs) könnten in bestimmten Bereichen die Leistungsfähigkeit der konventionellen CPUs und GPUs von Nvidia bei weitem übertreffen. Im Moment sieht es so aus, als bestehe der beste Weg darin, die traditionelle mit der neuen Quantentechnologie zusammen zu führen, um hybride Systeme zu bauen, die die Vorteile beider Welten kombinieren. So könne Nvidia auch im Quantenzeitalter an der Spitze der Prozessorhersteller bleiben.
PsiQuantum plant, sowohl in Chicago als auch in Brisbane/Australien Quantencomputer aufzubauen, die jeweils die Größe eines Rechenzentrums erreichen werden. Die Grundsteinlegung für beide Projekte, die die Regierungen der USA und Australiens unterstützen, soll noch in diesem Jahr erfolgen.
PsiQuantum hat eine Plattform für die Fertigung von photonischen Chips entwickelt, in denen Photonen statt Elektronen wie in konventionellen Chips fließen, um QPUs realisieren zu können, die bei Temperaturen von 4 K arbeiten können. Gegenüber den Tiefsttemperaturen im Bereich von Mill-Kelvin über dem absoluten Nullpunkt, auf die beispielsweise supraleitende QPUs gekühlt werden müssen, gilt der Umgang mit diesen vergleichsweise warmen Temperaturen als deutlich einfacher.
»Unsere QPUs können bei Temperaturen arbeiten, die um den Faktor 100 über denen der QPUs liegen, die auf tiefste Temperaturen gekühlt werden müssen«, sagt Prof. Jeremy O´Brien, CEO und Mitgründer von PsiQuantum. Deshalb genügen den photonischen QPUs konventionelle Kühlsysteme, wie sie auf dem Markt erhältlich sind. So hatte PsiQuantum erst kürzlich eine Partnerschaft mit Linde geschlossen, um das Kühlsystem für den im Bau befindlichen Quantencomputer in Brisbane zu erstellen. Linde hat weltweit mehr als 500 Tieftemperaturanlagen für kritische Anwendungen in der Halbleiterindustrie, der Fusionsforschung und der Teilchenphysik installiert. Dass für den Quantencomputer von PsiQuantum solche konventionellen Kühlsysteme ausreichen, sieht O´Brien als einen wesentlichen Faktor dafür an, einen fehlertoleranten Quantencomputer mit in absehbarer Zeit sogar Millionen von Qubits realisieren zu können.
Ende Februar hatte PsiQuantum seine photonischen QPUs vom Typ »Omega« in einem Artikel in Nature vorgestellt. Der Chipsatz enthält laut dem Unternehmen alle erforderlichen Komponenten, die für den Bau von Quantencomputern im Millionen-Qubit-Maßstab erforderlich sind. Damit will O´Brien das Versprechen der Technologie einlösen, die Welt zu verändern.
Das Papier zeigt, dass »Omega« Qubit-Operationen zuverlässig ausführen kann und dass einfache aber über relativ lange Distanzen laufende Chip-zu-Chip-Verbindungen realisiert werden konnten – dank zahlreicher integrierter, sehr leistungsfähiger photonischer Komponenten. Das sind die wesentlichen Voraussetzungen für hochgradig skalierbare Systeme – die für alternative Technologen eine Herausforderung darstellen. Gefertigt werden die Chips nicht etwa in einem Labor, sondern in einer gewöhnlichen Fab, die für die Produktion in hohen Volumen ausgelegt ist.
»Mit "Omega" gehen wir über ein wissenschaftliches Projekt weit hinaus«, sagt Pete Shadbolt, Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter von PsiQuantum. »Bevor wir PsiQuantum gegründet haben, haben wir mit ein paar Qubits herumgespielt und wir waren uns bewusst, dass die Plattformen, auf denen wir das taten, sehr begrenzt waren. Wir wussten aber auch, dass wir Millionen von Qubits brauchen, dass wir in einer mit bekannten Fertigungsverfahren arbeitenden Fab produzieren müssen – obwohl ganz verschiedene photonische und elektronische Komponenten integriert werden müssen, um die anvisierte Leistungsfähigkeit erreichen zu können. Das Team konnte diese Pläne innerhalb von zehn Jahren umsetzen – jetzt bauen wir die ersten kommerziell nutzbaren Systeme!«